Der Wasserturm in Lüneburg ist
ein Beispiel früher Industriearchitektur. Der Turm befindet sich
mitten in der Innenstadt. 1906 wurde dieser auf Resten
mittelalterlicher Wallanlagen erbaut. Von der Aussichtsterrasse
in 56 m Höhe erleben Besucher im Rundgang den Ausblick auf die
Stadt und ihre Umgebung. Das denkmalgeschützte Gebäude steht am
Rande der historischen Innenstadt in unmittelbarer Nähe der St.
Johanniskirche und des zentralen Platzes Am Sande. Im Turm
selbst befindet sich ein Industriemuseum, das den Aufbau des
Wasserturms schematisch beschreibt und eine Antwort auf die
globale Bedeutung von Wasser und Zugang dazu haben, erklären
will.
Die Wasser-Wasserturm-Ausstellung wirft einen Blick auf den
historischen Ort der Lüneburger Wasserversorgung. Dort läuft
seit Januar 2012 eine Ausstellung.
Von der früheren Wasserversorgung in Lüneburg schlägt die
Ausstellung den Bogen über die aktuelle, weltweite Situation der
Wasserversorgung bis hin in den eigenen Haushalt. Besonderes
Highlight der Ausstellung ist das Wasserkunstmodell.
In Lüneburg genossen im Mittelalter vorwiegend Patrizier,
Sülfmeister und Brauer das Privileg fließenden Wassers.
Global
gesehen hat jeder siebte Mensch nicht genügend sauberes
Trinkwasser zur Verfügung, jeder dritte Mensch hat keinen
ausreichenden Zugang zu sanitären Anlagen. Im letzten Bereich
der Ausstellung kann bei einem großen Wasserquiz das Wissen
getestet werden. Wie viel Wasser trinken wir in unserem Leben?
Wie viel Wasser verbrauchen Sie täglich? Wie können Sie Wasser
und Geld sparen? Die Ausstellung gibt Antworten. Farblich
gestaltete Wände, Modelle, ein Film und interaktive
Multimedia-Stationen laden ein, sich mit dem Thema um das Wasser
der Zukunft zu beschäftigen.
Es gibt einen Treppenaufgang im Turm, Aufzugbenutzung war jedoch
Pflicht aufgrund von Umbauarbeiten ab der 3. Etage. Im
Sockelbereich des Turms im Parterre ist der Eingang zum Museum.
Es gibt dort neben Andenkenverkauf auch eine kleine Caféteria.
Die Ausstellung im Museum ist recht nüchtern gestaltet,
schließlich handelt es sich um ein frühes Industriedenkmal des
20. Jahrhunderts. Technischer Fortschritt von damals und die
Lösung ingenieurtechnischer Probleme stehen im Vordergrund beim
Durchgang. Wobei als bestes Anschauungsbeispiel für seine
Bedeutung als Industriedenkmal der hohe Wasserturm selbst dient.
Architektonischer Aufbau des Wasserturms
Der Turm gliedert sich in einen über 18 Meter hohen Sockel, auf
dem die Wasserfilter stehen und der nach außen hin durch die
umlaufende Galerie erkennbar wird. Über der Galerie strebt der
runde Mauerschaft des Turms, optisch durch 16 starke Pfeiler
gegliedert, bis zu einer Höhe von 39 Metern hinauf. Auf dem Rand
dieser Pfeiler liegen die Stehbleche auf, die den Hochbehälter
tragen. Von hier ab steigt der runde Körper des Turms, die
Ummauerung des Hochbehälters, nach einer Auskragung auf den
Außenseiten der Pfeiler bis zur vollen Höhe mit dem
Zinnenabschluss auf.
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Schematische Darstellung der Funktionen
im historischen Wasserspeicher |
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Der sternenförmige Grundriss des Wasserturms sollte mit seinen
16 massiven meterdicken, sternenförmig angeordneten
Strebepfeiler austretendes Wasser in herabstürzendes Stahlbassin
auffangen, um so die Statik des Turmbaus zu sichern.
Funktionsweise des Wasserturms: Druckerzeugung,
Enteisung und Filterung
Die Stadt benötigte zu Beginn des 20.
Jahrhunderts, wie viele andere Städte auch, eine moderne den
technischen und hygienischen Anforderungen entsprechende
Trinkwasserversorgung. Ab November 1907 bezog Lüneburg aus dem
500 Kubikmeter fassenden Stahlbehälter des neuen Wasserturms
Frischwasser. Dieses stammte aus Quellbrunnen der Ilmenau und
war sehr eisenhaltig. Der neue Wasserturm enthielt, nach einem
Entwurf des Hamburgischen Ingenieurs Georg Bollmann, einen
Hochbehälter, eine Filterung und eine Enteisungsanlage
übereinander.
Das Wasser der Tiefbrunnen wurde von den
Pumpen der Ratsmühle bis unter das Dach des Wasserturms
gefördert. Dort wurde das Wasser mit Sauerstoff angereichert,
indem es über verschiedene Rieselerflächen floss. Durch die
Berührung des Wassers mit Sauerstoff wurde das Eisen ausgefällt
und schlug sich flockenartig als Eisenoxydhydrat nieder.
Daraufhin lief das Wasser sehr langsam durch die reinigenden
Sandfilter und schließlich als sauberes Trinkwasser in den
Hochbehälter zurück. Von dort aus wurde es mit ausreichendem
Druck, auch in die Wasserleitungen der höhergelegenen
Stadtgebiete, eingespeist.
Die schnell anwachsende Stadtbevölkerung
und ein ständig steigender Wasserverbrauch erschöpften die
Kapazität des Reservoirs bereits um 1913: Im Laufe eines
Vormittags war das gespeicherte Wasser verbraucht.
Im Sommer 1985 hatte die Funktionsweise
des Wasserturms ausgedient. Elektropumpen lösten die Technik der
Druckbehälter ab. Nach der Stillegung wurde die gesamte
Wassertechnik verschrottet, nur der ehemalige Wasserspeicher
blieb erhalten. Er steht heute als Bestandteil des Wasserturms
unter Denkmalschutz.
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Blick vom Wasserturm auf die St.
Johanniskirche und St. Nicolai im Hintergrund
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Lüneburg wird im Jahr 956 erstmals urkundlich erwähnt, da
existieren Burg und das Kloster St. Michaelis auf dem Kalkberg
schon. Auch die Salz-Saline sind bereits vorhanden. Darum herum
entwickelt sich bis zur Mitte des 13. Jh. unter Einbeziehung des
Dorfes Modestorp mit der St. Johanniskirche die Stadt Lüneburg
unter der Herrschaft der Billunger und dann der Welfen. Die
Lüneburger Altstadt ist weitestgehend erhalten geblieben, so
dass viele der historischen Bauten die Geschichte der Stadt
erzählen.
Ein eigenes Erlebnis war der Besuch der St. Nikcolaikirche, die
in Backsteingotik erbaut wurde. Die Schifferkirche der Stadt
wurde im Stil der französischen Kathedralen in der Zeit von 1407
bis 1440 ohne Turm erbaut. Dieser wurde 1587 vollendet. St.
Nicolai ist damit die jüngste der ursprünglich vier Lüneburger
Innenstadt-Kirchen - St. Lamberti wurde 1861 abgerissen.
St. Nicolai unterscheidet sich im Baustil von den beiden anderen
Kirchen, denn St. Johannis und St. Michaelis sind sogenannte
Hallenkirchen, bei denen die Haupt- und Seitenschiffe gleichhoch
sind. Bei St. Nicolai ist das Hauptschiff 28,5 m hoch, während
die Seitenschiffe nur eine Höhe von 13,5 m haben. Deshalb
handelt es sich um die Bauform einer Basilika. Ein weiterer
Unterschied fällt beim Eintreten auf, indem das
Backstein-Mauerwerk durch ein Sterngewölbe gekrönt ist.
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St. Nicolai Innenansicht |
Sterngewölbe |
Der 12. Dezember war regnerisch, dennoch bekam ich während der
zweistündigen Stadtführung mehrere Sehenswürdigkeiten zu sehen,
wobei stets auf die historische Bedeutung hingewiesen wurde.
Lüneburg verfügt über eine seit dem Mittelalter beinahe
vollständig erhaltene Altstadt. Viele Gebäude sind aus
Backstein. Die Auch die Verschiedenartigkeit der Gebäude kommt dabei zur
Geltung. Angefangen vom Mehrfamilienwohnhaus bis über Kirchen,
Speicherhäusern und Industriedenkmäler bis hin zur großen Villa,
sind diese eben aus Backstein. Das gesamte Stadtbild ist geprägt
dadurch. Das heißt nicht, dass es nicht auch Gebäude in anderer
Bauweise gäbe. Fachwerkhäuser kommen ebenfalls häufig vor und
die moderne Holzbauweise liegt gerade im Trend. Auffällig sind
die genormten Parzellen im Innenstadtbereich. Größe und
Anordnung gehen meist auf eine seit dem Mittelalter bestehende
Parzellierung zurück.
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Blick vom Garten Rathaus Lüneburg auf die
St. Michaelis Kirche. Im Vordergrund eine interessierte
Reisegruppe, die an der zweistündigen Stadtführung am
12. Dezember teilnahm bei Wind und Wetter
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Lüneburg steht auf einem Salzstock. Der bauliche Reichtum der
Stadt rührt aus der Gewinnung des Salzes. Viele Orte in der
Stadt zeugen noch von der mittelalterlichen Technologie, die
damit verknüpft war. Geologische Veränderungen durch den Abbau
des Salzes zwangen die Stadt dazu, Überlegungen anzustellen, wie
das im Laufe der Jahrhunderte entstandene Problem der
Bodenabsenkung zu lösen sei. Kirchenhäuser mussten weichen, weil
Ihr Fundament nicht mehr sicher war. Die Statik der Häuser
veränderte sich, insbesondere in den Stadtteilen, welche direkt
auf dem Salzstock in der Nähe der Verhüttungsindustrie standen. Die Salzgewinnung kann hier
als ein frühes Beispiel der Industrialisierung gelten.
Lüneburg ist durchaus eine moderne Stadt. Schmucke Läden,
unzählige Cafés, Restaurants und Hotels versprechen einen
Aufenthalt mit Erlebnissen. Viele Leute, jung und alt, zeigen
sich auf den Straßen und in den Fußgängerzonen der Lüneburger
Innenstadt. Auf den Märkten werden Waren feilgeboten.
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