Die nachhaltige Bauweise ist ein wesentliches
Merkmal des neuen Zentralgebäudes. Nutzungskonzept,
Energieeffizienz, Naturschutz und Ressourcenverwendung sind die
Themen in denen vorrangig gearbeitet wurde. Das Energiekonzept
des Gebäudes gewann im Jahr 2009 den Preis „Architektur mit
Energie“ des Bundesministeriums für Wirtschaft und wurde zu
einem Demonstrationsgebäude im Rahmen des Forschungsprogrammes
EnOB – energieoptimiertes Bauen.
Im
November 2010 erhielt die Leuphana vom Bundesministerium für
Wirtschaft eine Förderzusage über 3,4 Mio. Euro zur Realisierung
eines Gebäude- und Energiekonzeptes für eine klimaneutrale
Energieversorgung des Campus und des angrenzenden Stadtgebietes
Lüneburg-Bockelsberg.
Ziel war ein Energiesystem, welches integral mit der Sanierung
der Bestandsgebäude in einem Prozess hinsichtlich
Wärmespeicherung im Untergrund entwickelt wurde. Das Projekt
begleitet die Entwicklung eines „intelligenten“
Steuerungssystems für Zentralgebäude und Wärmenetz
wissenschaftlich.
Ein bedeutender Forschungsaspekt ist die Untersuchung und
Planung einer optimierten Einbindung eines
Hochtemperatur-Aquiferwärmespeichers durch geringe
Rücklauftemperaturen, die eine hohe Effizienz bei der
Speicherentladung gewährleisten. Die aus dem Speicher
zurückgewonnene Wärme wird in den Mittel- und
Niedrigtemperatur-Heizkreisen des Zentralgebäudes direkt genutzt
und bis auf 25 °C ausgekühlt. So wird die gesamte im warmen
Wasser enthaltene Energie genutzt und Netzverluste werden
niedrig gehalten.
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Mehrere der Bestandsbauten aus Backstein wurden auf den
Dächern mit Solar-Anlagen zur Stromerzeugung bestückt.
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Der
„Klimaneutrale Campus Leuphana Universität Lüneburg“ versorgt
nicht nur die Universität selbst, sondern auch das angrenzende
Wohngebiet vollständig mit Strom und Wärme aus erneuerbaren
Energieträgern. Eine Besonderheit des Ansatzes ist die
erfolgreiche Speicherung von Wärme aus dem Sommer für den Winter
mittels eines untertägigen Aquifers.
In studentischen Seminaren entstand die
optimierte Fassadengestaltung und Gebäudekubatur mit einem
hervorragenden Außenfläche-zu-Volumen-Verhältnis von 0,2 m..
Zusammen mit der starken Dämmung und der Argon-gefüllten
Dreischeibenverglasung führt dies zu einem sehr geringen
Energiebedarf. Die Verwendung einer Cobiax-Deckenkonstruktion
ermöglichte, Beton und Stahl einzusparen.
Daniel Libeskind lehrte in der Stadt bis
2016 und bot eine Reihe an interdisziplinären Seminaren. Da
Architektur in Lüneburg selbst nicht mit eigenem Fachbereich
vorhanden ist, sammelte der Architekt Eindrücke aus
unterschiedlichen Disziplinen zusammen, die sich mit dem Thema
umweltbewusst, nachhaltig und energieeffizient Bauen befassten.
Für seine Arbeit suchte er den intensiven Austausch mit
Studierenden, ließ Wünsche und Vorstellungen der wichtigsten
Nutzergruppe in die Entwicklung einfließen. Bei der Eröffnung
sagte Libeskind: „Für das neue Zentralgebäude der Leuphana habe
ich mich vom Geist dieser Universität inspirieren lassen. Die
Leuphana erlebe ich als einen Brutkasten für neue Ideen,
Innovation, Forschung und Entdeckung. Von diesen Elementen ist
auch das neue Haus durchdrungen.“
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Fensterglas verfärbt sich je nach
Intensität des Lichteinflusses |
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Eine Besonderheit stellt die
selbstverschattende Fassade im Bereich des Forschungszentrums
dar. Zusammen mit einer schaltbaren Verglasung verringert sie
den Bedarf an Kühlung im Sommer, aber auch den Wärmebedarf im
Winter. Letzteres bedeutet, die Tönung der Fensterscheiben
verändert sich nach Außentemperatur und Lichteinfluss. Der
verbleibende Kältebedarf wird effizient mit einem hohen Anteil
an freier Kühlung gedeckt und über die Nutzung von Kühldecken
mit Phasenwechselmaterialien weiter optimiert. Der Wärmebedarf
wird auf einem geringen Temperaturniveau gedeckt. Das ermöglicht
die Nutzung des Heizungsrücklaufs aus dem Campusnetz und
verbessert Kapazität und Effizienz der in das System
eingebundenen Speicher.
Das
Lüftungskonzept ist ebenso wie die Präsenz- und
tageslichtgesteuerte LED-Beleuchtung auf niedrigen Strombedarf
ausgelegt. Die Zufriedenheit der Nutzer stand bei der Planung im
Mittelpunkt. Das Gebäude überregelt den Nutzer nicht, sondern
unterstützt ihn durch CO2-Sensoren und Kontakte an
den Fenstern, die sich individuell öffnen lassen. Die
Energieeffizienz wird durch ein wissenschaftliches Monitoring
und Optimierungen während der Inbetriebnahme abgesichert. Die
Energieversorgung erfolgt im Campusverbund klimaneutral.
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Pflanzen-Biotop auf dem Campusareal im
Freien |
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Eine Dachbegrünung, die sich auch mit Blick
zum Schutz der Haubenlerche in das Campusensemble einbindet. Die
Nutzung von Regenwasser für die Toilettenspülung ist ein
weiterer Schritt zur Energieeinsparung.
Im Außenbereich auf dem Campusgelände
befindet sich ein Biotopgarten mit experimentell angepflanzten
Gräsern. Das Gelände wurde von einer anliegenden Firma
gestaltet, die damit den zur Verfügung gestellten
Freiflächenraum, den sie mit ihrem eigenen Gebäude nicht
erfüllen konnten, nach Genehmigung durch Beteiligung an den
Aufbaukosten des Biotops kompensierten. Vorher lagerten auf dem
Gelände Panzerabwehrsperren, die nur mühsam beseitigt werden
konnten.
Fakten zum
Neubau des Zentralgebäudes
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Treppenaufgang im EG mit
Seitenwand in Sichtbeton
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Das achtgeschossige Zentralgebäude hat eine
Gesamtnutzfläche von 13.000 Quadratmetern. Es erreicht eine
maximale Höhe von 37 Metern. Die Grundfläche beträgt 4.700
Quadratmeter und das Volumen des umbauten Raumes 110.000
Kubikmeter. Die Flächen für Forschung nehmen rund die Hälfte des
zur Verfügung stehenden Platzes ein. 2.800 Quadratmeter Fläche
sind für ein Studierendenzentrum vorgesehen, 2.600 Quadratmeter
für ein Seminarzentrum.
Das Gebäude ist im Wesentlichen in
Stahlbeton, teilweise in Stahlbeton-Verbundbauweise errichtet.
Für den Bau wurden 14.000 Kubikmeter Beton und 2.750 t Stahl
verwendet. Die Fassadenverkleidung besteht aus Titanzinkblech,
große Teile der Dachflächen werden begrünt. Im Rahmen der
Nachhaltigkeitsstrategie werden innovative Produkte eingesetzt,
u.a. eine schaltbare Verglasung, Phase Change Materials und
innovative, intelligente haustechnische Systeme, die den Nutzer
einbeziehen wollen.
Die Finanzierung
Das Gebäude wird gemeinsam finanziert von
Europäischer Union, Bundeswirtschaftsministerium, Land
Niedersachsen, Hansestadt und Landkreis Lüneburg, katholischer
und evangelischer Kirche, Jüdischen Gemeinden, Klosterkammer
Hannover und Stiftung Universität Lüneburg.
Die Kosten des Bauwerks liegen bei rund 100 Mio. Euro.
Das Auditorium
Ein
neues Veranstaltungszentrum bietet Platz für bis zu 2.500
Besucher, davon 1.100 im neuen Auditorium Maximum. Der Raum
verfügt über hervorragende Akustik. Zur Eröffnung wurde
Beethovens neunte Sinfonie gespielt, was eine akustische
Herausforderung gewesen muss. Der Raum verfügt über eine
ausziehbare und nach vorne verschiebbare Tribüne. Die
Seitenwände sind mit Beleuchtungsschächten ausgestattet, die den
Raum und die Wand wie durch Schnittlinien zerteilen, Hier Bedarf
es der Gewöhnung, denn im Raum wurden rechte Winkel so weit wie
möglich vermieden. An der Decke sind Akustikdecken befestigt.
Die Tribüne kann von der Wand entfernt werden, so dass ein
Durchgang zum Haupteingang offensteht. Die Tür in der Wand neben
der Tribüne ein Stock höher bleibt stets verschlossen und öffnet
sich nur, wenn die Tribüne ausgefahren den notwendigen
Untergrund bietet. Von dort soll das Publikum schneller auf die
oberen Plätze gelangen.
Andachtsraum für mehrere Religionen
Im OG befindet sich ein Raum, der für mehrere Religionen zur
Nutzung gedacht ist. Das Innere wurde schlicht gehalten
überwiegend Weiß ist die bestimmende Farbe. Ein großes Fenster
bringt Tageslicht herein. Ein ausziehbarer Tisch von
Studierenden entwickelt und möglichst universell gehalten,
könnte auch als Altar dienen.