USA als wichtigster Exportmarkt für die Chemie betrifft auch das Freihandelsabkommen TTIP

Meldung: Verband der Chemischen Industrie VCI. Frankfurt am Main, 5. Oktober 2015

Die USA haben den langjährigen Spitzenreiter Niederlande als wichtigsten Exportmarkt der deutschen Chemie abgelöst. Knapp zehn Prozent aller Ausfuhren von chemisch-pharmazeutischen Erzeugnissen gingen 2014 in die Vereinigten Staaten.


„Die Bedeutung der USA als Exportmarkt für unsere Produkte war schon immer hoch, hat aber in den letzten Jahren durch das Erstarken seiner Industrie für uns nochmals zugelegt. Und wir gehen davon aus, dass das geplante Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA (TTIP) einen zusätzlichen Schub auslösen würde“, sagte Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des VCI.

 

Schub auslösen und was dann, wenn das alles gewesen ist. VDA-Chef Mathias Wissmann fordert beispielsweise, dass innerhalb der Automobilindustrie verstärkt auf Standardisierung mit den USA Wert gelegt werden müsse, um Produktionskosten zu sparen. Das mag richtig und nützlich sein. Man kann die Standardisierung in Chemie und Automobilindustrie aber nicht auf Kultur oder andere Belange übertragen, zum Beispiel was Umweltstandards angeht.

 

Die Automobilindustrie (VDA) veranstaltete im Rahmen der 66. Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA) gemeinsam mit der Atlantik-Brücke und der Amerikanischen Handelskammer in Deutschland (American Chamber of Commerce in Germany) das Symposium „TTIP – Treiber für Wohlstand und Wachstum“, um sich gemeinsam für ein umfassendes Handels- und Investitionsabkommen zwischen den USA und der EU einzusetzen. Denn ein solches Abkommen bietet für Wirtschaft und Verbraucher auf beiden Seiten des Atlantiks erhebliches Potenzial.

 

In der EU gilt das Vorsorgeprinzip. Es besagt, dass Unternehmen die Ungefährlichkeit ihrer Produkte nachweisen müssen, bevor diese auf den Markt gelangen dürfen. In den USA gilt das Vorsorgeprinzip nicht. Dort können Produkte erst dann vom Markt genommen werden, wenn nachträglich nachgewiesen wird, dass von ihnen eine Gefahr für Verbraucher oder Umwelt ausgeht. In den vergangenen Jahrzehnten hat die unabhängige Umweltschutzorganisation Greenpeace mit dazu beigetragen, dass in der Europäischen Union notwendige Schutzstandards aufgestellt wurden. Anwendung finden diese bei Gentechnik in der Landwirtschaft, beim Einsatz von Pestiziden und anderen Chemikalien sowie für den Klimaschutz. Den Standards stehen die Lobby-Interessen der Wirtschaft in den USA wie auch in der EU entgegen. Industrieverbände wollen die Schutzstandards und das ihnen zugrunde liegende Vorsorgeprinzip im Rahmen der TTIP-Verhandlungen jetzt abbauen.

 

Rund 16,5 Milliarden Euro erlösten die Unternehmen im Handel mit US-amerikanischen Kunden, berichtet der Verband der Chemischen Industrie (VCI) in Frankfurt. Auf die Niederlande entfielen 14,8 Milliarden Euro. Insgesamt erwirt­schaftet Deutschlands drittgrößte Branche 60 Prozent ihres Umsatzes von gut 190 Milliarden Euro mit dem Auslandsgeschäft.


Als Produktionsstandort im Ausland spielen die USA schon lange die erste Geige in der globalen Strategie der deutschen Chemie: Die 130 Tochterunternehmen in den USA, in denen 70.000 Menschen arbeiten, erwirtschafteten zuletzt einen Umsatz von 52 Milliarden Euro (Daten 2013). An zweiter Stelle der Auslands­standorte folgte China mit gut 16 Milliarden Euro. Selbst die gesamte Region Asien (China, Japan, Indien, Korea, Indonesien und Vietnam) erzielte im Vergleich dazu nur drei Viertel (38,6 Mrd.) des US-Umsatzes.


Wie stark die Verflechtung der deutschen Chemieunternehmen mit den USA in­zwischen gediehen ist, zeigt auch ein Blick auf das Volumen der Importe: Mit Ein­fuhren im Wert von 11 Milliarden Euro stehen die USA als wichtigster außereuro­päischer Handelspartner an Position vier der Länderliste nach den Niederlanden, Belgien und der Schweiz.

 

Siehe auch: Stellungnahme des Hessischen Bankenverbandes an den Europaausschuss des Hessischen Landtages zu dem Thema "Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA"

 

Siehe auch: Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP - sozialethische Orientierungen

 

Siehe auch: TTIP und Vorschlag der EU-Kommission für ein neues Streitschlichtungsmechanismus (ICS)

 

Siehe auch: TTIP-Verhandlungen und die Folgen für Kultur und Musik in Deutschland

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 18. Dezember 2015