TTIP und Vorschlag der EU-Kommission für neuen Streitschlichtungsmechanismus (ICS)

Meldungen Greenpeace Deutschland, Hamburg, 16.09.2015 und Marianne Grimmenstein von change.org

Nach monatelangen Beratungen und Debatten über das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP, hat EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström den Entwurf der Kommission für einen neuen Streitbeilegungsmechanismus vorgestellt. Ein europaweites Referendum gegen TTIP haben bisher übrigens 2,7 Millionen Menschen unterschrieben.

Der ICS (Investment Court System) genannte Mechanismus soll die bisher vorgesehene Streitschlichtung ISDS (Investor-Staat-Streitbeilegung) ersetzen. ISDS war von vielen Politikern und Gruppen aus der Zivilgesellschaft als undemokratisch kritisiert worden. ISDS sah vor, dass Unternehmen die Möglichkeit bekommen, vor privaten Schiedsgerichten gegen Gesetze zu klagen, die ihre Investitionen bedrohen – im Geheimen und ohne Revisionsmöglichkeit. Im Abkommen CETA mit Kanada ist dieser Mechanismus noch vorhanden.

Matthias Flieder, TTIP-Experte von Greenpeace kommentiert: „Neuer Vorschlag – alter Inhalt. Auch wenn die EU-Kommission mit ICS dem Thema Investitionsschutz ein neues Gesicht geben will, der Kern bleibt der gleiche. Nach wie vor will die Kommission ein paralleles Rechtssystem aufbauen, das nur für TTIP zuständig ist. Klagemöglichkeiten sind nur für Konzerne, nicht aber für Staaten oder gesellschaftliche Organisationen möglich. Dieses Rechtssystem dient nur den Konzernen, die ihre Interessen durchsetzen wollen.

Darüber hinaus hat Frau Malmström nicht vor, den alten ISDS-Streitschlichtungsmechanismus im bereits fertig verhandelten Freihandelsabkommen CETA mit Kanada noch einmal zu überarbeiten. Damit ist eine Hintertür offen für US-amerikanische Unternehmen, die ISDS leicht über Tochterfirmen in Kanada nutzen können. Was folgte war eine Verfassungsbeschwerde gegen die Ratifizierung des CETA-Abkommens zwischen der Europäischen Union und Kanada durch den Deutschen Bundestag.

Nachdem Vertreter der EU, Kanadas sowie ausgewählte Unternehmenslobbyisten 5 Jahre im Geheimen verhandelt haben, liegt der finale Entwurf für ein umfassendes Freihandelsabkommen zwischen der Union und Kanada (CETA) seit dem 26. 9. 2014 vor. Ziel des Abkommens ist die Förderung des Freihandels, also des Verkehrs von Waren, Dienstleistungen und Kapitals, zwischen den Vertragspartnern durch den Abbau von Handelshemmnissen. Dem Verständnis der CETA-Architekten nach, stellen insbesondere soziale, ökologische und kulturelle gesetzliche Schutzstandards solche Hemmnisse dar und müssen im Interesse des Freihandels abgebaut werden.

Mit der Einrichtung eines Investor-Staat-Schiedsmechanismus schafft CETA für Unternehmen die Voraussetzungen, Staaten die durch ihr gesetzgeberisches Wirken ihre Gewinne beeinträchtigen, vor nichtstaatlichen Privatgerichten auf Entschädigung zu verklagen. Es ist zu befürchten, dass die Demokratie so zur reinen Fassade verkommt, was unser Grundgesetz allerdings unmissverständlich ausschließt.

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 18. Dezember 2015