Nach monatelangen Beratungen und Debatten über
das umstrittene Freihandelsabkommen TTIP, hat
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström den Entwurf der
Kommission für einen neuen Streitbeilegungsmechanismus
vorgestellt. Ein europaweites Referendum gegen TTIP haben bisher
übrigens 2,7 Millionen Menschen unterschrieben.
Der ICS (Investment Court System) genannte Mechanismus soll die
bisher vorgesehene Streitschlichtung ISDS
(Investor-Staat-Streitbeilegung) ersetzen. ISDS war von vielen
Politikern und Gruppen aus der Zivilgesellschaft als
undemokratisch kritisiert worden. ISDS sah vor, dass Unternehmen
die Möglichkeit bekommen, vor privaten Schiedsgerichten gegen
Gesetze zu klagen, die ihre Investitionen bedrohen – im Geheimen
und ohne Revisionsmöglichkeit. Im Abkommen CETA mit Kanada ist
dieser Mechanismus noch vorhanden.
Matthias Flieder, TTIP-Experte von Greenpeace kommentiert:
„Neuer Vorschlag – alter Inhalt. Auch wenn die EU-Kommission mit
ICS dem Thema Investitionsschutz ein neues Gesicht geben will,
der Kern bleibt der gleiche. Nach wie vor will die Kommission
ein paralleles Rechtssystem aufbauen, das nur für TTIP zuständig
ist. Klagemöglichkeiten sind nur für Konzerne, nicht aber für
Staaten oder gesellschaftliche Organisationen möglich. Dieses
Rechtssystem dient nur den Konzernen, die ihre Interessen
durchsetzen wollen.
Darüber hinaus hat Frau Malmström nicht vor, den alten
ISDS-Streitschlichtungsmechanismus im bereits fertig
verhandelten Freihandelsabkommen CETA mit Kanada noch einmal zu
überarbeiten. Damit ist eine Hintertür offen für
US-amerikanische Unternehmen, die ISDS leicht über Tochterfirmen
in Kanada nutzen können. Was folgte war eine
Verfassungsbeschwerde gegen die Ratifizierung des CETA-Abkommens
zwischen der Europäischen Union und Kanada durch den Deutschen
Bundestag.
Nachdem Vertreter der EU, Kanadas sowie ausgewählte
Unternehmenslobbyisten 5 Jahre im Geheimen verhandelt haben,
liegt der finale Entwurf für ein umfassendes Freihandelsabkommen
zwischen der Union und Kanada (CETA) seit dem 26. 9. 2014 vor.
Ziel des Abkommens ist die Förderung des Freihandels, also des
Verkehrs von Waren, Dienstleistungen und Kapitals, zwischen den
Vertragspartnern durch den Abbau von Handelshemmnissen. Dem
Verständnis der CETA-Architekten nach, stellen insbesondere
soziale, ökologische und kulturelle gesetzliche Schutzstandards
solche Hemmnisse dar und müssen im Interesse des Freihandels
abgebaut werden.
Mit der Einrichtung eines Investor-Staat-Schiedsmechanismus
schafft CETA für Unternehmen die Voraussetzungen, Staaten die
durch ihr gesetzgeberisches Wirken ihre Gewinne beeinträchtigen,
vor nichtstaatlichen Privatgerichten auf Entschädigung zu
verklagen. Es ist zu befürchten, dass die Demokratie so zur
reinen Fassade verkommt, was unser Grundgesetz allerdings
unmissverständlich ausschließt.