Gerechte Regeln für den freien Handel

Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP - sozialethische Orientierungen

Meldungen Deutsche Bischofskonferenz; Bonn

Das Vorhaben einer Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) wird in der Öffentlichkeit und auch innerkirchlich kontrovers diskutiert.

 

Der Vorsitzende der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck (Essen) stellte am 11. November in Berlin ein Expertenpapier vor. Zur Erarbeitung dieser Stellungnahme hatte die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen einen Expertenkreis berufen.

 

Der Expertentext möchte angesichts der vielschichtigen Debatten die verschiedenen Argumente darlegen und eine sozialethische Bewertung bieten. Das Dokument behandelt dabei Auswirkungen einer Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft insbesondere auf die Entwicklungschancen für Arme, die Notwendigkeit eines Ordnungsrahmens sowie Fragen der Verbraucher- und Umweltstandards und des Investitionsschutzes.

Es diskutierten Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck, Bischof von Essen und Vorsitzender der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz, Prof. Dr. Gabriel Felbermayr, Wirtschaftswissenschaftler am Ifo-Institut und der Ludwig-Maximilians-Universität München und Prof. Dr. Gerhard Kruip, Professor für Christliche Anthropologie und Sozialethik an der Universität Mainz.

Der geplante Abschluss einer Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen den USA und der Europäischen Union wird Einfluss auf die Gestaltung der globalen Wirtschafts- und Handelsordnung nehmen. Aus diesem Grund hat die Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen der Deutschen Bischofskonferenz einen Expertenkreis beauftragt, unter sozialethischer Perspektive Chancen und Risiken des TTIP darzulegen. Der Vorsitzende der Kommission, Bischof Dr.  Franz-Josef Overbeck (Essen) hat dieses Expertenpapier mit dem Titel „Gerechte Regeln für den freien Handel – Sozialethische Orientierungen für TTIP“ heute vor der Bundespressekonferenz in Berlin vorgestellt.

Eine Transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft könne gut konzipiert auf die Gestaltung der globalen Wirtschaftsordnung Einfluss nehmen und auch Bestandteil einer Global Governance werden, betonte Bischof Overbeck. „Daher muss man auch die Frage stellen, welches Risiko damit verbunden ist, diese Gestaltungsmöglichkeit nicht wahrzunehmen. Es geht uns Bischöfen nicht um ein einfaches Ja oder Nein zu TTIP, sondern um die Frage, wie TTIP ausgestaltet werden muss, damit es einen Fortschritt für die beteiligten Länder und die internationale Staatengemeinschaft bringt.“ TTIP solle „einen Beitrag zu einer globalen Ordnungs- und Strukturpolitik leisten. Das globale Miteinander im 21. Jahrhundert gerecht zu gestalten, ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit“, so Bischof Overbeck.

Gerade die Weltkirche könne keinen verengten Blick einnehmen, sondern müsse den Blick immer weiten: „Ein Transatlantisches Freihandelsabkommen wird sich global auswirken und sich in ein weitverzweigtes Regulierungsnetz einfügen“, so Bischof Overbeck. Mit dem Expertentext wolle die Deutsche Bischofskonferenz einen Impuls für die notwendige gesellschaftliche Diskussion geben und zur Versachlichung der Debatte beitragen: „Als Kirche wollen wir Anregungen liefern, wie gerechte Regeln für den freien Handel gestaltet werden sollten.“

Professor Dr. Gerhard Kruip, Sozialethiker an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mitautor des Expertentextes, hob den Ausgangspunkt der Stellungnahme hervor. Die Freiheit des Marktes und des Handels reichten alleine nicht aus, um gute Lebensverhältnisse für alle zu schaffen: „Märkte und Handel brauchen Rahmenordnungen, und dies schon lange nicht mehr nur auf nationaler, sondern auf europäischer und letztlich auf globaler Ebene“, so Professor Kruip. TTIP dürfe nicht zum Nachteil derjenigen Länder geschlossen werden, die an diesem Abkommen nicht direkt beteiligt sind. Langfristig sollte darauf hingearbeitet werden, die Welthandelsorganisation zu einem globalen Ordnungsrahmen für einen möglichst alle Länder umfassenden fairen Welthandel auszubauen.

Der Wirtschaftswissenschaftler am ifo-Institut und an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Professor Dr. Gabriel Felbermayr, der ebenfalls zum Autorenkreis gehört, betonte den Beitrag des TTIP zur Neuordnung der globalen Regeln: „TTIP bietet die Chance, strenge transatlantische Standards auch global durchzusetzen“, so Professor Felbermayr mit Blick auf die bestehenden Schutzniveaus im Bereich der Umwelt-, Verbraucherschutz- und Arbeitsmarktpolitik. Die zukünftige regulatorische Zusammenarbeit müsse absolut transparent erfolgen und auch Drittländer miteinbinden, damit alle Handelspartner über regulatorische Entwicklungen informiert seien und gegebenenfalls ihre Stimmen erheben können. „Parallel zu TTIP sollte die EU-Kommission ausgleichende handelspolitische Akzente für Entwicklungsländer setzen, sowohl auf Ebene der Welthandelsorganisation als auch bilateral.“

Hinweis:
Die Statements von Bischof Dr. Overbeck, Prof. Dr. Gabriel Felbermayr und Prof. Dr. Gerhard Kruip aus der Pressekonferenz finden Sie untenstehend zum Herunterladen.


Das Dokument der Kommission für gesellschaftliche und soziale Fragen, „Gerechte Regeln für den freien Handel“, finden Sie als pdf-Datei zum Herunterladen in der Rubrik „Veröffentlichungen“.

Statement vom:  11.11.2015: von Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck bei der Pressekonferenz zur Vorstellung eines Expertentextes zu TTIP in Berlin PDF 24,13 KB

Statement vom: 11.11.2015: von Prof. Dr. Gabriel Felbermayr bei der Pressekonferenz zur Vorstellung eines Expertentextes zu TTIP in Berlin PDF 25,63 KB

Statement vom: 11.11.2015: von Prof. Dr. Gerhard Kruip bei der Pressekonferenz zur Vorstellung eines Expertentextes zu TTIP in Berlin PDF 24,87 KB

 

Siehe auch: Stellungnahme des Hessischen Bankenverbandes an den Europaausschuss des Hessischen Landtages zu dem Thema "Freihandelsabkommen TTIP, CETA und TiSA"

Siehe auch: TTIP und Vorschlag der EU-Kommission für ein neues Streitschlichtungsmechanismus (ICS)

Siehe auch: TTIP-Verhandlungen und die Folgen für Kultur und Musik in Deutschland

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 18. Dezember 2015