bis 19. Oktober 2014 | |||||
Tagebuchaufzeichnungen von Heinrich Klotz bilden den Aufhänger der Klotz-Ausstellung zum 30-jährigen Jubiläum im DAM. Bisher unveröffentlichte Tonbanddiktaten und Diaaufnahmen schildern den Aufbau der Sammlung, die Errichtung des Museumsgebäudes und Begegnungen mit wichtigen Architekten der Gegenwart: Frank Gehry, Hans Hollein, Rem Koolhaas, Richard Meier, Aldo Rossi, Denise Scott Brown, Robert Venturi und andere mehr.
Zugleich eröffnen diese Aufzeichnungen eine Insider-Perspektive auf die
Entstehung des Frankfurter Museumsufers. Das DAM wurde am 1. Juni 1984
als das erste neugestaltete Museum am Museumsufer eingeweiht. Klotz
musste etliche Kämpfe in der neuen Museumslandschaft ausfechten, zu
denen sein Tagebuch wertvolle Informationen liefert. In der Ausstellung
im DAM werden daher immer wieder Originalzitate aus diesen Jahren
verwendet.
Der Ausspruch zeigt die Rauheit der Sprache, die damals in Frankfurt herrschte und es war manchmal besser diesen Köpfen nicht persönlich zu begegnen. Eine Schopenhauersche Verneinungstrategie wohnte dem inne, weshalb es schwierig war, diesen Stimmungen etwas positives abzugewinnen. Die Frankfurter betrachteten nur argwöhnisch, was in den Köpfen der Stadt vor sich ging. Jedenfalls ist erstaunlich, mit welcher Willenskraft die Umwälzungen in Frankfurt a/M dann doch umgesetzt wurden. Die Vorgänge liefen parallel zu den Hochhäusern, die jetzt zur Skyline in Frankfurt zählen. Die nicht ohne Widerspruch aus den Reihen der Bevölkerung nach und nach und eines höher als das andere realisiert wurden.
Oswald Mathias Ungers, Skizze zum „Haus im Haus" als Bibliotheksturm, 8. Dez. 1980
Die „Wunderkammer" von der in der Ausstellung die Rede ist, baute
Heinrich Klotz in den Jahren zwischen 1979 und 1989 auf. Die Sammlung –
von Architekt Oswald Mathias Ungers salopp als 'Zeug' bezeichnet, ist
zum Jubiläum neu ausgepackt worden. Anhand des Tagebuchs und des
Bildarchivs von Heinrich Klotz wird nachvollziehbar, nach welchen
Kriterien beim Sammlungsaufbau vorgegangen worden war. Die ersten
Ausstellungen belegen, dass Klotz eine Verbindung von Kunst,
Alltagskultur und Design wollte. Ab Mitte der 1970er Jahre entwickelte
er Ideen zur Gründung eines Architekturmuseums. Mit Charme und Charisma
trägt er sie den Frankfurtern vor. Seine Wege führten ihn dann ins
Direktorenzimmer des Museums, so erklärt die Medienmitteilung aus dem
DAM. Kalte Pracht der Bankentürme
trifft auf bröckelnde Altbauten entspricht in etwa einem Stimmungsbild
im Frankfurt der 1970er Jahre. „Bankfurt“ und „Krankfurt“ waren die
Namen für eine ausgelaugte Stadt.
Hausbesetzungen im Westend,
ständige Demonstrationen in der Innenstadt und Straßenschlachten mit der
Polizei schufen ein Reizklima. Kultur sollte ein neues Band zwischen
Stadt und Bürgern knüpfen: „Kultur für alle“, forderte Hilmar Hoffmann, der von 1970 bis 1990 Kulturdezernent
der Stadt Frankfurt war. Oberbürgermeister Walter Wallmann setzte sich ab 1977 für ein
ehrgeiziges Bauprogramm ein. Die Römerberg-Ostzeile, die Kunsthalle
Schirn, das MMK und die Kette der neuen Museen am Main, die das
Museumsufer bilden – Die Wallmann-Amtszeit dauerte von 1977–1986. Die
Villen am Schaumainkai wurden vorm drohenden Abriss bewahrt. Nicht
Neubau, sondern Integration des Bestands lautete das neue Planungsziel. Das Bauprogramm, mit dem die
Stadt Frankfurt seither ein neues Image anstrebte, war seinerzeit heftig
umstritten: Sind die neuen Museen überflüssiger Luxus und stehen in
Konkurrenz zu den etablierten Institutionen wie dem Städel? Wird die
Förderung der Stadtteilkultur vernachlässigt? Steht die Architektur der
neuen Bauten für eine konservative Wende? Inmitten dieser Diskussionen
stand ab 1977 Heinrich Klotz, der die Politiker überzeugen konnte, ein
Architekturmuseum zu gründen. Das DAM war das erste Architekturmuseum in Deutschland – und weltweit das erste Museum seiner Art, für das eigens ein Gebäude errichtet wurde. Der Architekt Oswald Mathias Ungers entwarf den Umbau der Villa nicht allein nach funktionalen Gesichtspunkten. Ihm und seinem Bauherrn Heinrich Klotz ging es um ein Manifest. Die Frage, wie Architektur ausgestellt werden kann, obwohl sich Gebäude nicht transportieren und ins Museum bringen lassen, sollte im DAM auf grundsätzliche Weise beantwortet werden. Daher ist das Innere der Villa ein „Haus im Haus“: Die sonst nur mit Plänen, Modellen, Fotos oder Filmen darstellbare Architektur kann am „Haus im Haus“ in realer Größe erfahren werden. Die historische Villa wird ebenfalls wie ein Ausstellungsstück behandelt: Eine Mauer erzeugt einen Sockel, der den Altbau zum Ausstellungsstück macht.
Neusprachlich nennen sich dieser Art Baumaßnahmen auch lapidar: Entkernung. Ein Begriff, der synonym steht für viele Umbauten aus historischer Bausubstanz nicht nur in der Frankfurter Innenstadt. Kritisch kann natürlich hinterfragt werden, ist das Gebäude noch das Ursprungsgebäude von vorher, wie jenes von Fritz Geldmacher entworfen oder ist daraus praktisch ein Neubau entstanden.
Ähnliches Beispiel in Frankfurt a/M ist auch das frühere TAT, Theater am Turm, wo sich später das Volksbildungsheim befand und jetzt das „Metropolis" ist, ein Kino-Center mit zahlreichen Kinosälen. Trotzdem kann der Umbau als gelungen gelten. Im Jahr 1998 wurde das Volksbildungsheim entkernt und zum Kinocenter umgebaut. In 12 Sälen haben 3.550 Besucher Platz.
Denn letztlich bedeutete eine komplette Entkernung der Geldmacher Villa, dass denkmalschützerischen Gründe nicht mehr beachtet würden. Trotzdem setzte sich die Idee durch, indem das „Haus im Haus" nach seiner Grundeinstellung ganz im Sinne nach Ungers Strukturierung seinen unaufhaltsamen Weg geht.
Über den Architekten der „Geldmacher-Villa", die ab 1979 zum Deutschen Architekturmuseum umgebaut wurde, ist wenig bekannt. Die Architektur der Villa gilt vielen noch 1980 als suspekt. »Protzig«, so urteilte damals Die Zeit, den „düsternen Prunk" beklagt die FAZ zur Einweihung 1984.
Nach dreißig Jahren wurde der Versuch unternommen, mehr über Fritz Geldmacher herauszufinden. Fritz (urspr. Friedrich) Arthur Geldmacher wird am 3. April 1880 in Elberfeld, heute Wuppertal, geboren. Fritz Geldmacher kann als junger Architekt eine beachtliche Anzahl an Wohn- und Geschäftshäusern in Frankfurt und Umgebung realisieren, einige in einer Architektengemeinschaft mit Willi Lutz (*31.1.1881). Die beiden prominentesten Bauten Geldmachers sind die neobarocke „Kopfapotheke“ an der Ecke Neue Kräme/ Braubachstraße (1926) und die neoklassizistische Doppelhausvilla am Schaumainkai (1912), die heute das Deutsche Architekturmuseum beherbergt. Zwischen 1915 und 1924 lebt Geldmacher zeitweise in Frankfurt und München. In München ist Fritz Geldmacher nicht mehr als Architekt, sondern als Kaufmann und Baustoffhändler tätig. Er stirbt am 18. Oktober 1963.
Siehe auch: Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne
Siehe auch: Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall
Siehe auch: Mission oder Passion - die Postmoderne überlebt sich selbst
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