04. bis 07. Mai 2015 auf dem Frankfurter Messegelände

Textiles Bauen: die Zukunft für Bau und Architektur auf der

Fachmesse Techtextil

    Foto (c) Solidian GmbH   Meldung: Messe Frankfurt GmbH

Techtextil präsentiert Textilbeton, Membranen und Folien für Buildtech. Die Messe läuft parallel zur Tecprocess. Fotoausstellung ‚Textiled Spaces‘ in Halle 4.1. ist gedacht für interessierte Architekten, Designer, Planer und Innenarchitekten.

 

Filigranität, Leichtigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Materialeffizienz: Ohne diese Eigenschaften läßt sich die Architektur von morgen nicht denken. Textilforschungsinstitute und -unternehmen haben entlang dieser Schlagworte in den vergangenen Jahrzehnten faserbasierte Baustoffalternativen erforscht und marktreife Produkte entwickelt, die vermehrt klassische Materialien, wie etwa Stahl, ersetzen sollen – bei gleichbleibenden (und besseren) Materialeigenschaften. Wie nah die Zukunft des textilen Bauens ist, wird auch die diesjährige Techtextil zeigen, auf der Forscher und Hersteller ihre aktuellen Bau- und Architekturentwicklungen präsentieren.

 

Rückblickend handelt es sich um ein Forschungsgebiet, das viel Neues auf den Markt gebracht hat, aber insbesondere was statische und tragende Eigenschaften der Materialien angeht, noch viel zu wenig erforscht ist. Auch wenn sich die Messeveranstalter dazu aufgemacht haben, um sich auf bessere Ergebnisse zu berufen. Die zitierten Wissenschaftler stammen aus den Forschungslabors der Textilwirtschaft. Das ist eine eigenständige Branche. Aufgrund mangelnder Erfahrungswerte, das heißt über Zeiträume von zehn oder zwanzig Jahren und so lange muß einen Bau mindestens halten, können kaum Auskünfte über standardisierte Grenzwerte gegeben werden. Solche sind bei der Planung eines Baus aber unbedingt notwendig. Deshalb dürfen Fachbesucher gespannt sein, zu wessen Gunsten sich der Markt "textiles Bauen" verändert hat. In welche Richtung dieser geht: Ist wirklich der Architekt und der Ingenieur gefragt oder der Designer und Innenarchitekt, der auf Dauer mit leichter Bauweise umgeht?

 

Die zweijährlich stattfindende internationale Leitmesse Techtextil zeigt vom 4. bis zum 7. Mai alle Produktgruppen und Anwendungsbereiche technischer Textilien und Vliesstoffe. Für den Anwendungsbereich Buildtech präsentieren in diesem Jahr rund 500 Aussteller Neues zum Baustoff Textil. Das Angebot richtet sich dabei gezielt an Architekten, Bauherren, -ingenieure und -planer.

 

Ein innovatives Produkt aus dem Bereich Buildtech ist Textilbeton. Üblicherweise bilden Gitter aus Stahl das Rückgrat von Beton: Sie verleihen Stabilität und gleichen die fehlende Zugfähigkeit des Betons aus. Bei Textilbeton, dessen Erforschung und Entwicklung allein in Deutschland über 20 Jahre gedauert hat, fungieren indes in Kunststoff ausgehärtete 2D- und 3D-Textilgelege aus Glas- oder Carbonfasern als Bewehrung. Die Vorteile sind enorm: Stahl rostet und wird zu dessen Schutz mit Tonnen von Beton ummantelt, Textilbeton hingegen ist korrosionsbeständig, also weniger anfällig für Rost und Risse durch Salze, Wasser und andere Umwelteinflüsse – das macht ihn langlebiger, spart also Kosten für Instandhaltung und Sanierung.

 

Da für Textilbewehrungen, die weit stabiler sind als Stahl, weniger schützender Beton benötigt wird, lassen sich massiv Material, Ressourcen und CO2 (weniger Transportbedarf) einsparen; aufgrund der verbesserten Werkstoff- und Materialeigenschaften (geringe Dicke, hohe Festigkeit) sind zudem flexiblere und filigranere Gestaltungsweisen, etwa stark verwinkelte Schalenbauten, möglich. „Glasfasergelege“ – Bis auf die Faser: Der Blick ins Innere einer Fassadenplatte aus Textilbeton zeigt gut sichtbar die Gitterstruktur des Glasfasergeleges.

 

Textile Baurevolution in kleinen Schritten

Doch wie sieht es mit der Zulassung von Textilbeton aus? Das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) gab 2014 erstmals grünes Licht für den carbonfaserverstärkten Leichtbau. Unter der unscheinbar technischen Nummer „Z-31.10-182“ wurde dem Verfahren zur Verstärkung von Stahlbeton mit Tudalit-Textilbeton die bauaufsichtliche Zulassung erteilt. „Ein Meilenstein“, wie Roy Thyroff, Geschäftsführer des Tudalit- Textilbetonverbandes und der V. Fraas Solutions in Textile, betont. Bauherren, Architekten und Planer könnten den innovativen Baustoff im Innenbereich nun gezielt anwenden, ein spezielles Schulungsprogramm am Europäischen Institut für postgraduale Bildung sei installiert. Und weitere Zulassungen sind in der Pipeline: Aktuell etwa bewertet das DIBt laut Solidian-Abteilungsleiter Kulas Sandwichfassaden, komplette Fertigteilgaragen und sogar ganze Fußgängerbrücken – Zulassung voraussichtlich schon 2016.

 

Forschung als Fundament

Gigantische Stadiondächer aus sogenannten Textilmembranen, bunt leuchtende Fassaden aus Textilbeton sowie textile Dämm- und Dachmatten zur Wärmedämmung sind längst State of the Art. Sie alle eint aber, daß jahrelange Forschung ihr Fundament bildet. Denn die Bereiche Bau und Architektur sind nicht die ersten, die von Fasern erobert werden: „Wir haben bereits beim Flugzeug- und Automobilbau miterlebt, wie Leichtbauwerkstoffe in Form technischer Textilien klassische Materialien sinnvoll ergänzen und zum Teil ersetzen können“, so Dr. Klaus Jansen vom Forschungskuratorium Textil.

 

Für eine systematische Entwicklung hat die deutsche Textilforschung gar eigens Potenziale und Anforderungen auch des Bereichs Architektur ausgemacht – ein kleiner Auszug aus dem Zukunftsprojekt „Perspektiven 2025“: Verstärkte Verwendung von Naturfasern wie Flachs oder Hanf (zum Einsatz in naturidentischen Dämmstoffen und zum Gebäudeneubau), energiegewinnende und -autarke Häuser, selbstreinigende Gebäudeoberflächen, Leichtbaustrukturen nach bionischen Vorbildern und, laut Experten ein Zukunftsbereich mit gewaltigem Potenzial, die textilbasierte Sensorik. Durch sie sollen künftig faserbasierte Gebäude(teile) mit intelligenten Zusatzfunktionen wie Beleuchtung, Messung des Feuchtegehalts oder der Stabilität, Beheizbarkeit, Warnung bei Rauch- und Brandentwicklung oder Wassereintrag versehen werden. Und so nutzt die textile Architektur schon heute technische Textilien und Verbundwerkstoffe nicht nur in Form eines Daches oder einer Traglufthalle, sondern auch als feuerfeste Vorhänge, Drainage zur Gründung, für Dachgärten oder als Geotextilien im Tiefbau. Weite Dachkonstruktionen mit textiler Fassadenbespannung aus Glasfasergitter- oder Polyestergeweben beeindrucken heute ebenso Architekten und Bauingenieure.

 

Ausstellung ‚Textiled Spaces‘

Eine Ausstellung speziell für die Zielgruppe der Planer, Architekten, Designer und Innenarchitekten ist die Fotoausstellung ‚Textiled Spaces‘ in der Halle 4.1 der Techtextil. Gezeigt werden ausgewählte Fotografien der in Paris lebenden Künstlerin und Fotografin Deidi von Schaewen. Für tausendfach verkaufte Fotobücher bereiste die international renommierte Fotografin die Welt. Dabei hatte sie immer auch ein ganz eigenes Auge für die Schönheit vergänglicher Bauten und urbaner Installationen. Diese fotografischen „Souvenirs" haben sich nun über viele Jahre zu einem ganz eigenen Werk verdichtet. ‚Textiled Spaces’ präsentiert damit zahlreiche Werke, die die Vielfalt und Ästhetik von technischen Textilien in ungewöhnlichen urbanen und architektonischen Kontexten zeigen. Die Ausstellung regt den Betrachter dazu an, einen neuen Blick für die Schönheit dieser textilen Räume zu entwickeln. Die Kuration übernimmt Architonic, ein unabhängiges Nachschlagewerk für Architektur und Design.

 

Weitere Informationen zur Techtextil unter:

www.techtextil.messefrankfurt.com

www.techtextil-blog.com

www.facebook.com/techtextil

www.twitter.com/techtextil  

 

Siehe auch:  Förderpreis zum 13. Studentenwettbewerb „Textile Strukturen für neues Bauen“ 2015 auf der Techtextil

Siehe auch: Architekturfotografie kann so viel mehr sein als die bloße Betrachtung der Gegenstände

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 30. April 2015