Architekturfotografie kann so viel mehr sein als
die bloße Betrachtung der Gegenstände
Foto (c) Kulturexpress
Im
Architekturmuseum in Frankfurt laufen parallel zwei
Fotoausstellungen jedoch in unterschiedlichen Etagen. Die im
ersten Stock widmet sich einer Person, dem weitgereisten
Fotografen Ivan Baan und seiner weltanschaulichen Sicht,
die weit über bloße Architekturfotografie hinausgeht, weil sie
auch den Menschen betrachtet, der in dieser Architektur wohnt
und lebt und von der sie beeinflußt wird. Die Ausstellung "52
Wochen, 52 Städte" läuft noch bis 14. Juni 2015.
Zum anderen der Europäische Architekturfotografie Preis 2015 der
Preisträger, Auszeichnungen und Anerkennungen vorstellt, wobei
mehrere Gewinner bei der Auswahl mit Bildwerken zu erwähnen
sind. Angefangen mit der ersten Preisträgerin Petra
Gerschner.
Das dritte ist eine zurückliegende Fotoausstellung, die im
Zusammenhang mit der Techtextil 2015 auf dem Frankfurter
Messegelände in Halle 4.1. stattfand und wobei es sich um eine
Fotografin handelt. Deren Fotografien aber so eindrucksvoll und
plastisch auf großen Leinwänden in Szene gesetzt wurden, dass
diese ebenfalls Erwähnung finden. Deidi von Schaewen,
geboren 1941, ist gebürtige Berlinerin, lebt in Paris und
fotografiert seit vielen Jahren Interieurs und Architektur in
der ganzen Welt. Ihre Fotos sind bisher in mehreren Büchern und
in internationalen Zeitschriften erschienen. Dazu zählen
Publikationen mit Hochglanzabbildungen. Die Ausstellung mit
überlebensgroßen Fotowänden auf der Techtextil dauerte nur
wenige Tage, war aber um so eindrucksvoller zwischen industriell
gefertigten Produktpaletten an den Ständen internationaler
Aussteller. Hier am Abend des 6. Mai während einer Begrüßung
durch Künstlerin und Messeveranstalter vor der Fotowand.
Der Katalog zur Europäischen Architekturpreis Ausstellung nennt
sich "Nachbarschaft". Präsentiert werden vier Fotos
der Bildserie "Gezi gegen Gentrifizierung" der ersten Preisträgerin 2015.
Die Auseinandersetzung zwischen beiden Begriffen ist Programm
bei Petra Gerschner. Zwei davon zeigen Interieurs,
sparsam ausgefüllt. Auf zwei der Fotos ist die Wiedergabe eines
anderen Bildes zu erkennen, ein Bildschirm oder eine Leinwand
mit Fotografie ist abgebildet. Die Formgebung ist schlicht und
durch Geometrien geprägt, das kann typisch für
Architekturfotografie sein. Der Mensch kommt selbst nicht vor.
Aber die Nutzung der Räumlichkeiten durch den Menschen ist
offensichtlich und Bestandteil der Aussage. Das Foto mit
Bildschirm könnte zum Beispiel in einem Hotelzimmer entstanden
sein, wo solche Wandgeräte mittlerweile gängige Praxis sind,
weil platzsparend.
Der niederländische Fotograf Iwan Baan ist ein Kenner
seines Fachs. Er hat die Werke von Rem Koolhaas über Herzog de &
Meuron und SANAA, von Steven Holl über Toyo Ito bis zu Zaha
Hadid. Inzwischen ist er einer der häufigsten publizierten
Architekturfotografen. Er wurde 1975 in Alkmaar in den
Niederlanden geboren, wuchs in der Nähe von Amsterdam auf und
studierte an der Royal Dutch Academy of Fine Arts in Den Haag.
Iwan Baan denkt und fotografiert in sozialen Kontexten, hat vielmehr
im Blick wie Menschen sich zur Architektur in Beziehung setzen,
sie in Besitz nehmen, benutzen und damit verändern.
Mit der Ausstellung Textiled Spaces zeigte die
diesjährige Techtextil gemeinsam mit Architonic
ausgewählte Fotografien der Künstlerin und Fotografin Deidi
von Schaewen. Viele verkaufte Fotobücher der Verlage
Taschen, Mitchell Beazley oder Flammarion steht die renommierte
und weltbereiste Fotografin.
Dabei
hatte sie immer auch ein ganz eigenes Auge für die Schönheit
vergänglicher Bauten und urbaner Installationen.
Mit der Ausstellung ’Textiled Spaces’ hat Architonic anlässlich
der Techtextil zahlreiche Werke ausgewählt, die die Vielfalt und
Ästhetik von technischen Textilien in oft ungewöhnlichen urbanen
und architektonischen Kontexten zeigen. Die Ausstellung regt den
Betrachter dazu an, einen neuen Blick für die Schönheit dieser
textilen Räume zu entwickeln. Verpackungen sind das Merkmal
dieser Fotografien. Zahlreiches
sonst nicht Gewohntes ist verpackt in Folien und Textiles. Das
können Baugerüste um Gebäude herum sein, aber auch Automobile,
Skulpturen oder ganz gewöhnliche Gebrauchsgegenstände eignen
sich in besonderer Weise, um sie zu einzupacken. Eine
völlig neues visuelles Erscheinungsbild entsteht und seine
Wirkung auf den Betrachter. Diese Umformungen durch Umhüllungen
hat die Künstlerin auf eindrückliche Weise fotografisch
festgehalten.
Slideshow 46 Bilder
Weitere Preisträger des Europäischen
Architekturfotografiepreises 2015 sind Julia Baier, die
den zweiten Platz mit der Bildserie: "Ein Fenster zum Hof"
belegte.
Schwarzweißfotografien,
die eine Aufsicht zeigen auf offenes Gelände wie auf Hinterhöfen
oder im Bereich um Mülltonnen im Hof herum. Dritterplatzierte
ist Claudia Brust, deren Fotografien zeigen
Panoramabilder.
Im Vordergrund zieht sich eine Grenze markierend ein
architektonisches Detail. Diese Fotos betonen die horizontale
Linie, sind somit wie ein Landschaftsbild mit Vorder- und
Hintergrund aufgebaut. Anerkennungen erhielten. Weitere Preise
bekamen zum Beispiel der Japaner Shimizu Ken, der in
Tokio lebt und arbeitet. Er erhielt die Auszeichnung für seine
Luftaufnahmen mit Stadtansicht einer Großstadt, die teils in
Sonnenlicht und teils in Schattenflächen getaucht ist (Shadows
under the surface). Wobei die Ursache für den langen Schatten
nicht genau erkennbar ist, aber einem Naturereignis entspringen
dürfte. Ebenfalls eine Auszeichnung erhielt der belgische
Fotograf Herman van den Boom für seine Doppelhaushälften,
die architektonische Auffälligkeiten aufweisen, weil eine
Haushälfte scheinbar unabhängig von der anderen baulichen Hälfte
zustande gekommen ist.
In
der Ausstellung von Ivan Baan ist auch eine Videoleinwand
installiert, die um so mehr beweist, wie sehr der Fotograf
geeignet ist, um aktuelle Reportageberichte aus Krisengebieten
zu liefern. Baan ist jemand der weit reist, um vor Ort zu
fotografieren. Der Ausstellungskatalog zu "52 Wochen, 52 Städte"
aus dem Kehrer Verlag ist in Deutsch und Englisch, Hardcover,
136 Seiten, 61 Farbabb., im Format 30 x 24 cm und wurde von
Marta Herford herausgegeben. Präsentiert 52 Fotografien von Iwan
Baan, die von persönlichen Erzählungen des Fotografen begleitet
werden.