PwC-Umfrage: Nur jedes fünfte
Bauunternehmen ist stark von der
Pandemie betroffen. Aufholbedarf
besteht bei der Digitalisierung: Die
Mehrheit der Baufirmen sieht zwar
die Chancen digitaler Lösungen, doch
das Know-how fehlt häufig noch.
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Das ONE ist ein in Bau befindliches
Hochhaus im Europaviertel in Frankfurt, Stand: Dezember
2020, abends
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80 Prozent der
Unternehmen geben an, dass ihre
Geschäftsaktivitäten nur wenig oder
gar nicht von COVID-19 betroffen
sind. Während die Corona-Pandemie in
vielen anderen Branchen für einen
Digitalisierungsschub sorgt, geht es
auch in der Bauindustrie mit der
Digitalisierung voran - allerdings
nur langsam. Die Branche hat die
Chancen, die digitale Lösungen wie
Building Information Modeling (BIM)
bieten, erkannt. Bei der Umsetzung
fehlt jedoch häufig noch das nötige
Know-how. Das gilt insbesondere für
digitale Lösungen im Bereich
Simulationen und Visualisierungen.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine
Befragung im Auftrag von PwC
Deutschland unter 100
Bauunternehmen, Planern und
Projektsteuerern.
Planer stärker von COVID-19
betroffen als Bauunternehmer
Nur jedes fünfte Unternehmen
berichtet, dass sich die Pandemie
stark auf die Geschäftsaktivitäten
ausgewirkt habe. Dabei sind die
Planer deutlich häufiger betroffen
als die Bauunternehmer: Während
jeder dritte Planer und
Projektsteuerer über spürbare
Corona-Auswirkungen berichtet, ist
es unter den Bauunternehmen nur
jeder siebte. "Trends und
Entwicklungen treffen die planende
Seite meist früher als die
ausführende. Insofern überrascht es
nicht, dass Planer im Vergleich zu
den Bauunternehmen bislang stärker
von der Corona-Krise betroffen sind.
Ich bin jedoch zuversichtlich, dass
die gesamte Branche vergleichsweise
gut durch die Pandemie kommen wird",
kommentiert Rebekka Berbner,
Partnerin bei PwC Deutschland im
Bereich Capital Projects &
Infrastructure.
Für diesen Optimismus sieht die
Expertin durchaus Anlass: "In den
nächsten Jahren sind 300 Milliarden
Euro für den Neu- und Ausbau
öffentlicher Infrastruktur geplant.
Deshalb gehen wir von einer
weiterhin starken Auftragslage in
der Bauindustrie aus."
Branche sieht sich relativ gut auf
den Infrastrukturausbau vorbereitet
Knapp die Hälfte der Befragten (49
Prozent) sieht die deutsche
Bauindustrie gut darauf vorbereitet.
Die andere Hälfte räumt jedoch ein,
dass es noch einiges zu tun gibt.
Die größte Herausforderung mit Blick
auf den massiven Infrastrukturausbau
ist die Verfügbarkeit von geeignetem
Personal. Das sagen 83 Prozent der
Bauunternehmen und 80 Prozent der
Planer. Während 60 Prozent der
Baufirmen auch die Umsetzung von
Umwelt- und
Nachhaltigkeitsanforderungen
Kopfzerbrechen bereitet, sorgen sich
die Planer und Projektsteuerer
häufiger um die Umsetzung der
Vorgaben zum digitalen Planen und
Bauen (67 Prozent) und die fehlende
IT-Infrastruktur innerhalb ihres
Unternehmens (53 Prozent).
Expertise im Bereich Digitalisierung
fehlt vielerorts
Digitale Lösungen spielen spätestens
seit Beginn der Corona-Pandemie eine
immer wichtigere Rolle: 84 Prozent
der Befragten sehen die
Digitalisierung in der Krise als
große Hilfestellung. "Die
Unternehmen nutzen seit dem Ausbruch
der Pandemie verstärkt digitale
Lösungen für die Kommunikation, etwa
Videokonferenzen, und setzen auf den
digitalen Austausch von
Arbeitsständen. Bei der
Digitalisierung der Arbeitsabläufe
und Arbeitsweisen gibt es jedoch
noch immer viel Luft nach oben", so
die Einschätzung von Christian
Elsholz, Partner bei PwC Deutschland
im Bereich Capital Projects &
Infrastructure. "Die Branche sieht
die Digitalisierung zum Teil noch
immer als Herausforderung und läuft
dadurch Gefahr, die zahlreichen
Vorteile zu übersehen."
So sind sich die Befragten zwar
einig, dass die Digitalisierung
viele Chancen bietet, um die
anstehenden Infrastrukturprojekte
erfolgreich zu meistern, häufig
fehlt im Unternehmen jedoch die
dafür nötige Expertise: So sehen 86
Prozent der Befragten großes
Potenzial in Cloud-Technologien und
-Plattformen. Aber nur 60 Prozent
der Planer und 43 Prozent der
Bauunternehmen sind in diesem
Bereich nach eigenen Angaben gut
aufgestellt. Ähnlich sieht es beim
Thema Virtual Reality, Simulationen
und Visualisierungen aus: 72 Prozent
empfinden diese Ansätze als Chance,
aber nur 21 Prozent der
Bauunternehmen und 27 Prozent der
Planer bescheinigen sich in diesem
Bereich gute Fähigkeiten.
Und auch beim Thema Building
Information Modeling (BIM) klafft
eine Lücke zwischen dem Potenzial
und den eigenen Fähigkeiten: 62
Prozent halten das digitale Planen
und Bauen, welches ab 2021 bei der
Planung aller öffentlichen
Bundesprojekte verpflichtend wird,
für eine große Chance. Aber nur 27
Prozent der Planer und lediglich 16
Prozent der Bauunternehmen verfügen
über das nötige Know-how.
"Wir beobachten, dass die
Unternehmen die Chancen der
Digitalisierung klar erkennen, es
ihnen jedoch nicht schnell genug
gelingt, die dafür nötigen
Fähigkeiten aufzubauen. Diese
Erkenntnis zeichnete sich bereits in
unserer Vorjahresstudie ab. Unsere
aktuellen Studienergebnisse
bestätigen diese Tendenz", so die
Analyse von Rebekka Berbner.
Investitionen in die Digitalisierung
soll diese vorantreiben
Um die Digitalisierung in ihrem
Unternehmen voranzutreiben, wollen
72 Prozent der Bauunternehmen und 60
Prozent der Planer in den kommenden
fünf Jahren Geld in die Hand nehmen.
Davon erhoffen sich 80 Prozent der
Befragten eine bessere
Zusammenarbeit und Kommunikation. 62
Prozent erwarten kürzere Planungs-
und Bauzeiten durch effizientere
Arbeitsabläufe. Knapp jeder Zweite
(46 Prozent) rechnet mit einer
Reduktion der Kosten.
Wenn es darum geht, geeignete
Ansätze zu benennen, wie sich die
Digitalisierung in der Bauindustrie
weiterentwickeln lässt, nennen
Bauunternehmer und Planer unisono
die gleichen Maßnahmen wie im
Vorjahr: Neun von zehn Unternehmen
halten es für sinnvoll, den Ausbau
der digitalen Infrastruktur
voranzutreiben. 84 Prozent plädieren
für mehr Aus- und
Weiterbildungsmöglichkeiten. Bei den
Planern wünschen sich 77 Prozent
mehr finanzielle Förderung durch den
Bund.
"Fest steht: Die Pandemie hat auch
in der Bauindustrie einige
langfristige Entwicklungen
angestoßen. So werden in Zukunft
nicht nur die Zusammenarbeit und die
Abstimmungsprozesse digital
stattfinden. Auch die Planung und
der Bauablauf werden nach und nach
digitalisiert, während neue
Geschäftsmodelle entstehen. Dieser
Prozess der Digitalisierung läuft in
der Bauindustrie vergleichsweise
langsam ab, denn er erfordert einen
echten Kulturwandel", so das Fazit
von Christian Elsholz.
Die Studie
Digitalisierung der Bauindustrie
2020 können Sie hier als
PDF herunterladen.
www.pwc.com/structure
Foto (c)
Kulturexpress, Meldung:
PwC Marketing &
Communications, Düsseldorf