Das
erhebliche Auseinanderfallen von
Angebot und Nachfrage für Immobilien
insbesondere in den Boomregionen
Deutschlands findet einen Grund auch
in der allgemeinen
Bevölkerungsentwicklung: Zwischen
2011 und 2019 ist diese um 3,5
Prozent gestiegen. Das ist ein Plus
von über 2,8 Millionen Menschen.
Fast ein Viertel des gesamten
Bevölkerungszuwachses entfällt auf
die Millionenstädte Berlin, Hamburg,
München und Köln. Der Anteil der
Bevölkerung, die im städtischen Raum
lebt, stieg in dem Zeitraum von 60,6
Prozent auf 61,4 Prozent. Anders in
weiten Teilen Ostdeutschlands: In
Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen hingegen sind 40 der 50
Regionen geschrumpft.
Die Gruppe der
Sparda-Banken hat die Studie "Wohnen
in Deutschland 2020 - Unterschiede
zwischen Stadt und Land"
veröffentlicht. Schwerpunkte der
diesjährigen Untersuchung, die
erneut in Kooperation mit dem
Institut der deutschen Wirtschaft
(IW) und seiner Beratungstochter (IW
Consult) erstellt wurde, sind unter
anderem die Wanderungsbewegungen in
Deutschland sowie die Auswirkungen
der Corona-Pandemie auf den
Immobilienmarkt. Die Kernergebnisse
präsentierten der Vorstand des
Verbandes der Sparda-Banken e.V.,
Florian Rentsch und Uwe Sterz,
zusammen mit Prof. Dr. Michael
Voigtländer, Leiter des
Kompetenzfelds Finanzmärkte und
Immobilienmärkte des IW Köln, im
Rahmen eines virtuellen
Pressegesprächs in Frankfurt.
"Die Einschnitte in Wirtschaft und
Gesellschaft durch die Pandemie
haben eine Tragweite, die es in der
Bundesrepublik Deutschland bisher so
noch nicht gegeben hat. Vor diesem
Hintergrund ist eine Kernerkenntnis
der diesjährigen Sparda-Wohnstudie
zweifelsohne, dass der
Immobilienmarkt auch in der Krise
äußerst robust ist und aller
Voraussicht nach auch bleibt. Die
Preise sind ebenso ungebrochen auf
hohem Niveau wie die Nachfrage nach
Wohneigentum selbst. Die Gründe
hierfür sind vielfältig: Sei es die
Funktion einer Immobilie als sichere
Wertanlage in unsicheren Zeiten, die
Verunsicherung gegenüber dem
Kapitalmarkt, die nach wie vor
äußerst günstigen
Finanzierungskonditionen oder eben
der nach wie vor große Wunsch nach
einem Eigenheim. Letzterer wird
sicher durch die Schließungen von
Begegnungsstätten im öffentlichen
Raum sowie Home Office eher
verstärkt", so der
Vorstandsvorsitzende des Verbandes
der Sparda-Banken, Florian Rentsch.
"Ein weiterer Fokus der Studie war
für uns, wie sich die stark
gestiegenen und auch weiter
steigenden Preise in den Metropolen
und Großstädten auf das direkte
Umland auswirken - und wie dies
wiederum die Entscheidungen von
Kaufinteressenten beeinflusst,
Immobilien auch in ländlicheren
Regionen in Erwägung zu ziehen und
dorthin aus der Stadt abzuwandern.
Dies führt natürlich zu einer
Zunahme der Pendlerbewegungen vom
Umland in die Großstädte - je höher
der Immobilienpreis, desto größer
das Pendlersaldo", erläutert Prof.
Dr. Michael Voigtländer, Leiter des
Kompetenzfelds Finanzmärkte und
Immobilienmärkte des IW Köln.
Kaufpreise in den
Agglomerationsräumen steigen weiter
- das Umland zieht jedoch nach
Die Ergebnisse der diesjährigen
Studie zeigen, dass der
Immobilien-Kaufpreis in
Agglomerationsräumen in den letzten
zwölf Jahren um 74 Prozent gestiegen
ist. Allerdings sind die Preise auch
im ländlichen Umland um 66 Prozent
gestiegen. Betrachtet man die
Entwicklung der letzten drei Jahre
ist sogar zu erkennen, dass die
Preise im Umland der meisten
Großstädte in ähnlicher Weise
gestiegen sind, wie dies in der
Großstadt selbst der Fall war. In
Berlin, München, Köln, Hamburg und
Stuttgart sind die Preise im Umland
seit 2017 sogar stärker gestiegen
als in den Metropolen. Dennoch
bleibt festzuhalten, dass Immobilien
im Umland der sieben Metropolen noch
immer im Schnitt 55 Prozent
günstiger sind, als in den
Metropolen selbst.
Wer mehr Platz zum Wohnen sucht,
muss raus aus der Stadt
Vor allem für junge Familien spielt
neben dem Preis, der Verfügbarkeit
und der Infrastruktur auch das
Platzangebot bei Immobilien eine
entscheidende Rolle. Bei der Suche
nach einem Einfamilienhaus zum Kauf
stehen die Chancen, fündig zu
werden, in ländlichen Räumen
deutlich besser als in den
Ballungsräumen. Während die mittlere
Wohnfläche in den Metropolen bei 86
m² liegt, werden in den peripheren
ländlichen Räumen im Durchschnitt
120 m² angeboten. Die großen
Unterschiede in der Wohngröße und im
Preisniveau tragen dazu bei, dass
das Umland immer beliebter wird und
folgerichtig das Pendlersaldo
zunimmt. Bereits in der
letztjährigen Studie "Wohnen in
Deutschland 2019" gaben rund 78
Prozent der Befragten an, das
Pendeln bis zu 30 km zwischen
Wohnort und Arbeitsplatz in Kauf
nehmen zu wollen. Die diesjährige
Studie belegt dies und zeigt, dass
insbesondere die berufstätigen 30
bis unter 50 Jährigen aus den
Städten ins Umland ziehen, was zu
teilweise gewaltigen Pendlersalden
führt. Als Beispiel dient hier der
Landkreis Südwestpfalz, in dem fast
22.000 mehr
sozialversicherungspflichtige
Arbeitnehmer zur Arbeitsstätte
auspendeln als einpendeln.
"Wer auf der Suche nach mehr
Wohnraum für die Familie ist, geht
raus aus den Großstädten ins Umland.
Die ballungsraumnahen,
hochverdichteten ländlichen Räume
sind besonders attraktiv. Hier
bieten 42 Prozent der inserierten
Immobilien mehr als 120 m²
Wohnfläche. Der Anteil der
inserierten Einfamilienhäuser liegt
in den Agglomerationsräumen hingegen
bei lediglich 11 Prozent. Eher
fündig wird hier, wer auf der Suche
nach einer 1-2-Zimmerwohnung ist:
Diese machen dort fast ein Drittel
der inserierten Eigentumsimmobilien
aus", so Prof. Dr. Voigtländer.
"Trotz der Preissteigerungen auch im
Umland der Metropolen bleiben die
Ballungsräume ungebrochen attraktiv.
Insgesamt steigt jedoch der Anteil
derer, die bereit sind, weiter zu
pendeln - etwa, um mehr Wohnraum
fürs Geld zu bekommen. Die Menschen
stimmen mit den Füßen ab - hieraus
erwächst der klare Auftrag an die
Politik, auch die Infrastruktur ins
Umland auszubauen und die Peripherie
von Großstädten auf diese
Veränderungen anzupassen", so
Rentsch.
Immobilienmarkt: Unbeeindruckt durch
die Corona-Pandemie
Die Corona-Pandemie hält das
öffentliche und private Leben
weiterhin in Atem. Weitestgehend
unbeeindruckt davon und stabil zeigt
sich der deutsche Immobilienmarkt:
Nachhaltige Einbrüche bei der
Nachfrage nach Miet- und
Kaufobjekten sind nicht zu
beobachten. Ausweislich der Studie
ist seit Beginn der Pandemie im März
2020 im Gegenteil insbesondere die
Nachfrage zum Kauf von
Einfamilienhäusern stark gestiegen.
Auch Suchanfragen für Wohnungsmieten
liegen über dem Vorkrisenniveau. Auf
der Angebotsseite ist nach den
Lockerungen der
Kontaktbeschränkungen nach der
ersten Corona-Welle kein
Wiederanstieg der Verkaufsinserate
für Immobilien auf das Niveau vor
Ausbruch der Pandemie zu erkennen -
im Gegenteil besteht auf Seiten der
Verkäufer weiterhin große
Zurückhaltung. Die
Immobilieninserate für den Kauf von
Einfamilienhäusern und
Eigentumswohnungen liegen deutlich
unter dem Niveau von Anfang 2019.
Auch die Immobilienpreise werden
kaum von der Corona-Pandemie
beeinflusst. Nach einer kurzen
Seitwärtsbewegung sind diese in fast
allen Großstädten höher als vorher.
Auf die letzten anderthalb Jahre
betrachtet: Während die Mieten
vergleichsweise moderat um rund vier
Prozent gestiegen sind, liegt der
Zuwachs bei den Kaufpreisen (Bestand
und Neubau zusammen) bei rund 15
Prozent.
"Diese Zahlen lassen darauf
schließen, dass die Verkäufer keinen
Markteinbruch aufgrund der
wirtschaftlichen Entwicklung
befürchten. Im Gegenteil: Immobilien
werden offenbar als sichere
Wertanlage gesehen. Auf der anderen
Seite zeugt der Anstieg auf der
Nachfrageseite vom Wunsch nach mehr
Sicherheit, Lebensqualität und
Eigentum gerade in der
Corona-Pandemie. Hierzu trägt sicher
auch die Aussicht auf langfristig
niedrige Zinsen bei. Die historisch
günstigen Finanzierungskonditionen
befördern den Wunsch nach Eigentum",
so RENTSCH.
Wohnungsbau kommt
Bevölkerungswachstum und Zuzug in
Ballungsgebieten nicht hinterher -
Bei Eigentumsquote ist Deutschland
weiter Schlusslicht
Das erhebliche Auseinanderfallen von
Angebot und Nachfrage für Immobilien
insbesondere in den Boomregionen
Deutschlands findet einen Grund auch
in der allgemeinen
Bevölkerungsentwicklung: Zwischen
2011 und 2019 ist diese um 3,5
Prozent gestiegen. Das ist ein Plus
von über 2,8 Millionen Menschen.
Fast ein Viertel des gesamten
Bevölkerungszuwachses entfällt auf
die Millionenstädte Berlin, Hamburg,
München und Köln. Der Anteil der
Bevölkerung, die im städtischen Raum
lebt, stieg in dem Zeitraum von 60,6
Prozent auf 61,4 Prozent. Anders in
weiten Teilen Ostdeutschlands: In
Sachsen, Sachsen-Anhalt und
Thüringen hingegen sind 40 der 50
Regionen geschrumpft.
Währenddessen bleibt Deutschland
beim Wohneigentum Schlusslicht in
Europa: Nur 45 Prozent der deutschen
Haushalte wohnen in den eigenen vier
Wänden. Im Osten der Bundesrepublik
sind es 36 Prozent und im Westen 48
Prozent. Die Wohneigentumsquote ist
regional stark differenziert und in
ländlichen Räumen und kleineren
Gemeinden deutlich höher. In
Kleinstädten bis zu 20.000
Einwohnern liegt die
Wohneigentumsquote bei 58 Prozent,
in Großstädten ab 100.000 Einwohnern
ist sie mit nur gut 30 Prozent
deutlich geringer.
Ein ganz wesentlicher Grund für die
geringe Eigentumsquote ist die
mangelnde Bautätigkeit. Lediglich 83
Prozent beträgt diese im Vergleich
zum Wohnungsbaubedarf auf
Deutschland gesehen. In der
Großstadt Köln beispielsweise liegt
die Quote sogar unter 50 Prozent.
Schlusslicht ist die Stadt Speyer
mit gerade einmal 21 Prozent.
"Ohne Ausweitung der Bautätigkeit
wird die Wohnungsknappheit in
Ballungsregionen weiter zunehmen.
Insbesondere in urbanen Räumen wird
der Bedarf nicht gedeckt, wobei es
Unterschiede auch aufgrund der
politischen Strategie gibt: Während
Hamburg und Düsseldorf
vergleichsweise gut positioniert
sind, haben Stuttgart und Köln große
Probleme, den Bedarf zu decken.
Gleichzeitig muss darauf geachtet
werden, schrumpfende Regionen durch
Leerstände und fehlende
Infrastruktur nicht zu
benachteiligen. Leider sind
offensichtlich die Effekte des mit
großen Erwartungen einberufenen
Wohnungsgipfels im Jahr 2018 bislang
jedenfalls noch ausgeblieben", so
Voigtländer.
"Angesichts des Zuzugs in die
Boomregionen und der damit
verbundenen großen Nachfrage, des
auf der anderen Seite knappen
Angebots, der historisch niedrigen
Finanzierungskonditionen sowie der
viel zu geringen Bautätigkeit kann
von einem Vorhandensein oder gar
Platzen einer Immobilienblase
derzeit jedenfalls keine Rede sein",
so Rentsch.
Online-Tool
Das Online-Tool zur Studie ist unter
www.sparda-wohnen2020.de
verfügbar. Hier können Sie
detaillierte Informationen zu Ihrer
gewünschten Region interaktiv
abrufen und vergleichen.
Selbstverständlich steht Ihnen die
Sparda-Studie "Wohnen in Deutschland
2020" dort auch zum Download bereit.
Über die
Studie
"Wohnen in Deutschland 2020 -
Unterschiede zwischen Stadt und
Land" ist eine Studie des Verbandes
der Sparda-Banken e.V., die mit dem
Institut der deutschen Wirtschaft
Köln (IW) und seiner
Beratungsgesellschaft (IW Consult)
durchgeführt wurde. Sie stellt eine
Anschlussstudie zur dritten
Sparda-Studie "Wohnen in Deutschland
2019" dar und betrachtet
insbesondere die dort angelegten
Fragen hinsichtlich der Unterschiede
und Wanderungsbewegungen zwischen
Stadt und Land sowie die Effekte der
Corona-Pandemie auf den
Immobilienmarkt.
Foto (c)
Kulturexpress, Meldung: Verband der
Sparda-Banken e.V.