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Ostsee vor der dänischen Küste, August 2018
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Das Urteil des Europäischen Gerichtshof
(EuGH) in Luxemburg besagt, das dänische Staatsbeihilfen für
eine staatseigene dänische Bau- und Betreibergesellschaft, Femern A/S, rechtswidrig sind. Geklagt hatte die Reederei Scandlines. "Das ist eine gute Nachricht für den Meeresschutz.
Jetzt ist klar, dass keine rechtswidrigen Staatsbeihilfen dazu
genutzt werden dürfen, um mit dem hoch riskanten
Mega-Tunnelprojekt in einem europäischen Schutzgebiet einen
ökologischen Totalschaden anzurichten", sagt Leif Miller,
NABU-Bundesgeschäftsführer.
Damit wird der gesamte Prozess um die rechtswidrigen dänischen
Staatsbeihilfen im Zusammenhang mit der Fehmarnbeltquerung neu
aufgerollt. Denn es geht auch um europäische Fördergelder in
Höhe von rund 1,5 Milliarden Euro. "Dänemark muss gegenüber der
EU-Kommission nachweisen, dass das Geschäftsmodell der
staatseigenen Bau- und Betreiberfirma Femern A/S in Bezug auf
geltende Wettbewerbs- und Beihilferegeln tatsächlich
europarechtskonform ist", so Malte Siegert, Fehmarnbelt-Experte
des NABU. Denn die ursprüngliche finanzielle Planung der Dänen
basierte auf der Annahme, dass Scandlines den Fährbetrieb nach
Eröffnung der festen Fehmarnbeltquerung einstellen würde. Weil
Scandlines aber mit einem flexiblen Fährkonzept in Konkurrenz
zum Tunnel gehen will, wäre die Reederei gegenüber eines durch
staatliche Beihilfen gestützten staatseigenen Unternehmens
schlechter gestellt.
"Die dänische Regierung hat sich verzockt. Unserer Einschätzung
nach werden sie kaum schlüssig nachweisen können, dass sie
angesichts radikal veränderter Rahmenbedingungen das Projekt
solide ohne Staatsbeihilfen finanzieren können", so Siegert.
Durch mehr Konkurrenz durch die Fähren wird es weniger Maut für
den Ostsee-Tunnel geben. Zudem wurde mittlerweile das
Bahnaufkommen auf 78 Züge halbiert. Der motorisierte
Straßenverkehr ist mit rund 13.000 Fahrzeugen ohnehin extrem
gering. Siegert: "Für ein derart marginales Verkehrsaufkommen
würde in Deutschland nicht mal eine Ortsumgehung gebaut werden."
Die Kosten für den von Dänemark zu finanzierenden Tunnel sind
inzwischen von 4,2 auf mittlerweile 7,2 Milliarden Euro
gestiegen.
Auch die Kosten für die Hinterlandanbindung zwischen Puttgarden
auf Fehmarn und Lübeck, zu deren Ausbau und Finanzierung sich
Deutschland staatsvertraglich gegenüber Dänemark verpflichtet
hat, explodierten noch vor dem ersten Spatenstich. Nach
Einschätzung des Bundesrechnungshofs von Ende November 2018
stiegen sie von ursprünglich 840 Millionen auf heute über vier
Milliarden Euro. Angesichts einer Verteuerung von Tunnel und
Hinterlandanbindung von über sechs Milliarden Euro fordert der
NABU Deutschland und Dänemark erneut auf, angesichts der
extremen Kostensteigerungen die Lage neu zu bewerten. Dies ist
im Staatsvertrag festgeschrieben. Bisher verstoßen beide
Vertragsstaaten beharrlich gegen diese gemeinsame Vereinbarung.
Hintergrund:
Dänemark plant, im Fehmarnbelt zwischen der dänischen Insel
Lolland und der deutschen Insel Fehmarn einen 20 Kilometer
langen Absenktunnel zu bauen. Dazu haben Deutschland und
Dänemark 2008 einen Staatsvertrag, der 2009 in Bundestag und
Folketing ratifiziert wurde. Dänemark verpflichtet sich zum Bau
und Betrieb der festen Fehmarnbeltquerung sowie dänischer
Hinterlandanbindung. Deutschland garantierte im Staatsvertrag
den zweigleisigen, elektrifizierten Ausbau der Bestandsstrecke
zwischen Puttgarden und Lübeck sowie den durchgehend
vierstreifigen Ausbau der E 47/B 207 auf dieser Strecke. Der
NABU befürchtet erhebliche Schäden im europäischen
Meeresschutzgebiet "Fehmarnbelt". Die Ostsee ist angesichts
wirtschaftlicher Nutzung durch Gaspipelines, Fischerei,
Schifffahrt, Offshore-Windparke und Brückenprojekte sowie
Überdüngung durch die Landwirtschaft zudem bereits stark
belastet.
Download:
Die Fehmarnbeltquerung - Eine Synopse von Europas größtem
Infrastrukturprojekt
Siehe auch:
Scandlines erhebt
Klage beim Europäischen Gerichtshof gegen die Entscheidung der
Europäischen Kommission hinsichtlich der Finanzierung des
Fehmarnprojekts
Siehe auch:
Erste Runde zur
befestigten Fehmarnbeltquerung beendet
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