Immer mehr deutsche Städte nutzen Elektrobusse

Foto (c) Kulturexpress, Meldung: PricewaterhouseCoopers PwC

 

ZF Elektrobus für autonomes Fahren auf der Automechanika 2018 in Frankfurt am Main

 

Deutschlands Städte haben ihre Ziele bezüglich der Umstellung ihrer ÖPNV-Busflotten auf alternative Antriebstechnologien deutlich erhöht. Das ist eines der wichtigsten Ergebnisse des zweiten E-Bus-Radars der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC. Stichtag dieser deutschlandweiten Erhebung war der 31. Juli 2018.
 

Der Friedrichshafener Autozulieferer ZF steigt ins Geschäft mit autonomen Elektro-Fahrzeugen ein und gründet dazu ein Gemeinschaftsunternehmen mit der Aachener Technologieschmiede E-Go Mobile. Wie ZF auf der Automechanika 2018 in Frankfurt mitteilte, sei das Ziel die Zusammenarbeit in Entwicklung, Produktion und Vertrieb eines autonomen Fahrzeugs. Dieses soll ab 2019 in mehreren Varianten ausgeliefert werden – etwa als Lieferauto oder als Kleinbus für bis zu 15 Personen, der beispielsweise auf Flughäfen oder im Regionalverkehr eingesetzt werden kann. Autonome, vernetzte und damit hochflexible E-Shuttle-Fahrzeuge spielen in den urbanen Ballungszentren der Zukunft eine bedeutsame Rolle.

 

Beschaffungsvorhaben haben sich vervierfacht

Wichtigstes Signal für eine sich stark erhöhende Umstellungsdynamik sind die Beschaffungsankündigungen für Busse mit alternativen Antrieben. Diese haben sich in den ersten sieben Monaten 2018 im Vergleich zu Ende 2017 auf 3.243 rein elektrisch angetriebene Busse vervierfacht. Alfred Höhn, Leiter Government & Public Sector Europe und EMEA bei PwC, sagt: „In den ambitionierten Plänen von immer mehr Städten spiegelt sich unter anderem der hohe politische Druck auf die ÖPNV-Anbieter, noch mehr als ohnehin schon zum Klimaschutz beizutragen.“ Zudem wollen etliche Städte als Vorreiter glänzen. „Allein bis Ende 2019 haben sie rund 400 Neuanschaffungen angekündigt. Ob diese Stückzahl tatsächlich lieferbar ist, wird noch spannend“, meint Höhn. Ein weiterer Knackpunkt seien die Finanzierungen der Neuanschaffungen, zumal auch umfangreiche Investitionen in die Ladeinfrastruktur erforderlich sind.


Berlin und drei Mittelstädte herausragend ambitioniert

Die Top-4-Städte hinsichtlich der Beschaffungspläne sind Berlin (1.590 Neuanschaffungen geplant) sowie Kiel, Wiesbaden und Bremen (jeweils mehr als 200). Auf den Rängen 5 und 6 folgen Nürnberg (160) und Hamburg (117).

Die meisten der bislang angekündigten neuen Busse sollen batterieelektrisch fahren – in den meisten Fällen zunächst einmal testweise in Pilotprojekten. Weil nach erfolgreichen Tests mit weiteren Umstellungen zu rechnen ist, geht PwC von weiter steigenden Beschaffungsvorhaben aus. Damit wird der E-Bus-Markt auch zunehmend attraktiv für die Hersteller. „Der Markteintritt der deutschen Hersteller bei batterieelektrisch betriebenen Bussen steht kurz bevor“, sagt Hansjörg Arnold, Partner und Leiter des Bereichs Infrastructure & Mobility bei PwC. „Das wird dem Markt einen Bestellschub geben.“

Hybridbusse sind (noch) im Trend

Von der Zukunft in die Gegenwart: Auch die Zahl der heute schon eingesetzten Busse mit alternativen Antrieben belegt, wie wichtig eine erhöhte Schlagzahl bei Neuanschaffungen ist. Erst 608 Busse waren Ende Juli im deutschen Stadtverkehr unterwegs. Das ist ein Plus von 55 Fahrzeugen gegenüber Ende 2017. Davon ist über die Hälfte in Stuttgart (13), Kiel (10) und Ludwigshafen (5) unterwegs. Von den 55 „Neuzugängen“ sind 39 Hybridbusse, 12 batterieelektrische Busse und 4 Hybrid-O-Busse. Sie stammen vor allem aus den Werken von Volvo, EvoBus und Solaris, den aktuellen Marktführern in Deutschland. Inklusive MAN und Hess teilen sich diese fünf Hersteller zurzeit 80 Prozent des Marktes.

Die Top 5 der Hybridbus-Nutzer unter den Bundesländern sind Niedersachsen (96), Nordrhein-Westfalen (89), Hamburg (60), Sachsen (52) und Baden-Württemberg (49).

Die Zukunft sind reine Elektroantriebe

„Allerdings sind Hybridantriebe lediglich eine Brückentechnologie hin zum reinen Elektroantrieb“, sagt PwC-Partner Arnold. „Um die gesamte Flotte von etwa 40.000 Bussen umzustellen, sind massive Steigerungen bei Bussen nötig, die elektrisch fahren.“

Ende Juli waren 186 rein elektrisch angetriebene Busse (Batterie, Brennstoffzelle, O-Bus) im Einsatz, nur 15 mehr als Ende 2017. Das Gros wird in Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Hamburg und Niedersachsen betrieben. Unter den Städten ragt die „O-Bus-Stadt“ Solingen mit 54 Exemplaren heraus. Betrachtet man nur die batterieelektrisch oder via Brennstoffzelle angetriebenen Busse, bilden Hamburg (15), Köln (10) und Berlin (8) per Ende Juli die Top 3.

Erstmals Ladetechnologie und autonome Busse betrachtet

Eine große Herausforderung im Zusammenhang mit Elektroantrieben ist – wie im Pkw-Bereich – die Ladeinfrastruktur. Momentan wird rund die Hälfte der in Deutschland betriebenen Elektrobusse über Nacht in den Depots geladen (52 Prozent), bei 30 Prozent erfolgt ein Mix aus Nachtladung im Depot und Zwischenladung unterwegs. Und 18 Prozent dieser Busse werden ausschließlich unterwegs geladen. Bei der Ladetechnik dominiert die Plug-in-Technologie: Sie wird bei 59 Prozent der betriebenen Elektrobusse zum Laden eingesetzt. Mit Abstand folgen ein Mix aus Plug-in und Docking (16 Prozent) und Docking (14 Prozent). Lediglich sieben Prozent der Elektrobusse werden bisher per Induktion geladen, vier Prozent mit einem Mix aus Induktion und Plug-in. Diese Zahlen analysierte PwC zum ersten Mal.

Genauso wie die Zahl autonom fahrender Busse, die in Zukunft eine wesentliche Säule bei der Weiterentwicklung des öffentlichen Mobilitätsangebots hin zu mehr Flexibilität und Kundenorientierung (Stichwort: „On-Demand-Verkehre“) bilden sollen: Solche gibt es bislang nur in Pilotprojekten – je vier in Berlin und in anderen Städten.

PwC-Partner Arnold: „Eine Antriebswende im straßengebundenen ÖPNV ist vor dem Hintergrund der Luftreinhalteproblematik in den Städten eine Schlüsselmaßnahme. Um aber eine echte Mobilitätswende einzuleiten, muss das öffentliche Verkehrsangebot zudem massiv ausgebaut und attraktiver gestaltet werden. Nur so lassen sich letztendlich die Lebensqualität, insbesondere in den Städten, verbessern und die Klimaziele erreichen.“

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 18. September 2018