Das Bauvertragsrecht bringt Verbesserungen für
private Bauherren, die schlüsselfertig bauen. „Dazu gehört das
Widerrufsrecht, das speziell für Verbraucherbauverträge gilt“,
erläutert Holger Freitag, Vertrauensanwalt des Verbands Privater
Bauherren (VPB). „Ein Verbraucherbauvertrag liegt immer dann
vor, wenn private Bauherren mit einem Unternehmer einen Vertrag
über die Errichtung eines neuen Gebäudes schließen oder
erhebliche Umbaumaßnahmen an einem bestehenden Gebäude
vereinbaren.“ Das Widerrufsrecht kann vertraglich nicht
ausgeschlossen werden.
Warum ist die Neuregelung gut für private Bauherren?
Das Widerrufsrecht soll Verbraucher vor
übereilten Vertragsschlüssen schützen, etwa, wenn ihnen erst
nach Vertragsschluss klar wird, dass sie das neue Haus auf ihrem
Grundstück rechtlich gar nicht realisieren können, weil es –
beispielsweise – nicht dem Bebauungsplan entspricht.
Das Widerrufsrecht muss binnen 14 Tagen nach
Vertragsschluss ausgeübt werden. Dazu genügt die rechtzeitige
Abgabe der Widerrufserklärung direkt an den Unternehmer. Der
Widerruf muss nicht begründet werden. Hat der Bauunternehmer die
Bauherren nicht über ihr Widerrufsrecht aufgeklärt, verlängert
sich die Widerrufsfrist auf bis zu zwölf Monate und 14
Tage. Widerrufs-Musterschreiben können, müssen aber nicht
verwendet werden.
Wo steht das im Gesetz?
Das Recht ist in § 650l BGB verankert, der dazu
auch auf die allgemeinen Widerrufsvorschriften verweist. Der
Inhalt der Belehrung des Verbrauchers ist in Art. 249 § 3 EGBGB
geregelt.
So war das bisher …
Bisher gab es kein Widerrufsrecht. Bauherren
konnten Bauverträge zwar kündigen, was aber in der Regel mit
erheblichen Kosten verbunden war. Auch das Widerrufsrecht ist
kein Nullsummen-Spiel für private Bauherren.
Darauf müssen
Bauherren in Zukunft achten
„Widerrufen die Verbraucher einen Vertrag erst,
nachdem die Firma bereits mit dem Bauvorhaben begonnen hat,
müssen sie bereits empfangene Leistungen eigentlich einander
zurückgewähren“, erklärt Rechtsanwalt Freitag. „Das ist bei
ausgeführten Bauleistungen aber nicht praktikabel und auch
volkswirtschaftlicher Unsinn. Deshalb werden die Verbraucher in
der Regel die ausgeführte Bauleistung bezahlen müssen, also
Wertersatz leisten – auch wenn sie sie am Ende gar nicht
wollten.“
Ein weiteres Problem: „Wenn die Teilbauleistung
unerkannt fehlerhaft ausgeführt ist, zahlen die Bauherren zu
viel Wertersatz“, erläutert Holger Freitag. Das ist schlecht,
denn Baufehler zeigen sich oft erst nach einiger Zeit – deshalb
gibt es für Verbraucher normalerweise auch eine fünfjährige
Gewährleistungsfrist ab Abnahme. Der Anspruch auf Rückzahlung
überhöhten Wertersatzes wird häufig früher verjähren.
Ein weiterer Knackpunkt ist die ungenaue
Definition des Gesetzes: Was genau sind „erhebliche
Umbaumaßnahmen“? Nur bei solchen gibt es in Zukunft ein
Widerrufsrecht. „Als erheblicher Umbau kann sicher die
Kernsanierung hinter historischer Fassade gelten“, räumt der
VPB-Vertrauensanwalt ein, „aber je weniger beim Umbau in
Konstruktion und Bestand eingegriffen wird, desto
unwahrscheinlicher wird das Widerrufsrecht.“ Solche ungeklärten
Fälle sind für beide Parteien eine unangenehme Hängepartie. In
diesen Fällen rät der VPB-Anwalt, sollten die Parteien zur
Sicherheit ein vertragliches Widerrufsrecht vereinbaren, das dem
gesetzlichen entspricht. Mit ordnungsgemäßer Information des
Verbrauchers haben die Parteien dann nach 14 Tagen Gewissheit
über den Bestand ihres Vertrages.
„Das Widerrufsrecht ist ein wichtiges neues
Verbraucherrecht“, resümiert der VPB-Anwalt. „Allerdings sollten
Verbraucher es nur als Notbremse sehen! Private Bauherren dürfen
sich nicht übereilt vertraglich an einen Schlüsselfertigbauer
binden. Mindestens das Grundstück sollten sie haben und dessen
Bebaubarkeit sowie die Finanzierung vorab klären.“
Kein Widerrufsrecht gilt übrigens bei allen
Schlüsselfertigbauverträgen, die noch bis einschließlich
31.12.2017 geschlossen werden. Und für Verbraucherbauverträge,
die notariell beurkundet werden, gibt es jetzt und in Zukunft
auch kein Widerrufsrecht. Das betrifft alle Bauträgerverträge.
Weil bei diesen Verträgen stets das Haus mitsamt dem Grundstück
zusammen veräußert werden, müssen diese Verträge notariell
beurkundet werden. Die Notare wiederum haben die Pflicht, den
Käufern die Vertragsentwürfe zwei Wochen vor dem
Beurkundungstermin zu übergeben. Diese Zeit soll ausreichen, um
alle Unterlagen vor der Unterzeichnung vom eigenen Experten
prüfen zu lassen und, im Zweifel vom Kauf Abstand zu nehmen. Ein
Widerrufsrecht ist in diesem Fall nach Ansicht des Gesetzgebers
nicht nötig. „Der Gesetzgeber hält diese 14-Tage-Frist für
ausreichend“, erläutert Holger Freitag. Er warnt jedoch auch:
„Tatsächlich wird die Zeit ziemlich knapp, wenn man dann noch
keinen Experten an der Hand hat, der sich schnell in die
Unterlagen einarbeiten kann.“ Private Bauherren sollten sich im
Vorfeld grundsätzlich ausführlich beraten lassen und nicht
voreilig Verträge unterschreiben, deren Konsequenzen sie noch
nicht abschätzen können.