Meldung: JLL, Jones Lang LaSalle GmbH, Frankfurt am Main |
Auf dem Foto Timo Tschammler |
Es
ist soweit. Kurz vor Quartalsschluss hat die britische
Premierministerin den förmlichen Akt des Brexit vollzogen und
Artikel 50 der Europäischen Verträge aktiviert. Damit tickt die
Ausstiegs-Uhr.
Den Verhandlungspartnern bleiben zwei Jahre, um die
Handelsbeziehungen zwischen Großbritannien und der EU neu zu
regeln. Und die Reaktion der Märkte? Ungeachtet der
Brexit-Diskussionen, der neu aufkeimenden griechischen
Finanzkrise und der Trumpschen Polterpolitik drehte der DAX
wieder deutlich nach oben und strebte in Richtung Allzeithoch.
Viel mehr als politische Themen scheint für die Anleger der
wirtschaftliche Rahmen im Mittelpunkt ihrer Anlageentscheidungen
zu stehen. Und dieser Rahmen ist nach wie vor gut und sogar
besser als noch zu Beginn des Jahres erwartet.
Die deutsche Wirtschaft boomt. Im März stieg das
Ifo-Geschäftsklimabarometer auf 112,3 Punkte. Das ist nahe am
Zehnjahreshoch. Getrieben wird die Verbesserung vom bereits
hohen Niveau vor allem bei der Bauwirtschaft und beim
verarbeitenden Gewerbe, zwei Branchen, die in besonderer Weise
aufgrund ihres kapitalintensiven Geschäfts vom niedrigen
Zinsniveau profitieren. Und während der Bau in erster Linie von
der inländischen Nachfrage gepusht wird, kann sich die Industrie
- mal wieder - im Lichte des Exports sonnen. Protektionismus hin
oder her, noch ist davon nichts zu spüren und von einem
anziehenden Welthandel profitieren besonders auch deutsche
Industrieunternehmen. Folglich eilt auch der Arbeitsmarkt von
Rekord zu Rekord. Im Jahr 2017 wird ein Plus von 670.000
Erwerbstätigen erwartet und die Arbeitslosigkeit sollte auf
ihren niedrigsten Stand seit 1990 fallen.
Büromärkte starten mit einem leichten Umsatzplus
- München mit der stärksten Performance
"Dieser immer noch sehr positive Rahmen gilt auch für die
deutschen Büromärkte. Mit guten Unternehmenszahlen und einem
optimistischen Blick nach vorne im Gepäck lassen sich
Umzugsentscheidungen einfacher treffen, oder personelle
Expansionspläne leichter umsetzen - wenn ein entsprechendes
Angebot vorhanden ist. Und daran mangelt es. Sowohl das Angebot
an top ausgestatteten und flexibel nutzbaren Büroflächen ist
limitiert als auch das Angebot an top ausgebildeten Fachkräften.
Beides bremst die Dynamik und mag eine Erklärung dafür sein,
warum die Vermietungsergebnisse in den deutschen Bürohochburgen
nicht noch besser ausfallen", so Timo Tschammler, CEO JLL
Germany. Und weiter: "Doch auch so kann sich der Umsatz für den
Jahresauftakt sehen lassen. Von Januar bis März wurden in
Berlin, Düsseldorf, Frankfurt, Hamburg, Köln, München und
Stuttgart zusammen fast eine Million Quadratmeter vermietet oder
an Eigennutzer verkauft, ein Plus von über 7 Prozent gegenüber
dem ersten Quartal des Vorjahres und sogar von 31 Prozent im
Vergleich zum 5-Jahresdurchschnitt der jeweils ersten Quartale
2012-2016."
Ein Plus im Vergleich zum Vorjahr gab es auch bei den großen
Vertragsabschlüssen jenseits der 10.000 m². Summierten sich
sieben Deals dieser Größenordnung im ersten Quartal 2016 auf
115.000 m², so beläuft sich die Summe von aktuell zehn Deals auf
immerhin 237.000 m² und damit fast auf ein Viertel des gesamten
Quartalsumsatzes.
In
der geographischen Analyse hat es eine Wachablösung gegeben.
Nachdem sich Berlin über das ganze letzte Jahr als dynamischster
Büromarkt erwiesen hat, konnte München wieder einmal an der
Hauptstadt auf Platz eins vorbeiziehen. Ein kräftiges Plus
gegenüber dem ersten Quartal 2016 von 39 Prozent bescherte der
bayerischen Hochburg einen Umsatz von 260.000 m². Berlins
Umsatzvolumen ging um 13 Prozent zurück auf immer noch
bemerkenswerte knapp 216.000 m².
Die beste 12-Monats-Performance hatte allerdings Hamburg
gezeigt. An Elbe und Alster stieg der Umsatz um fast 48 Prozent
auf aktuell 160.000 m². Ebenfalls im Plus notierte auch
Stuttgart mit 18 Prozent. Für die Schwabenmetropole darf aber
nicht außer Acht gelassen werden, dass der größte
Einzelabschluss des Quartals auf das Konto des Baubeginns eines
weiteren Eigennutzerbaus für die Daimler AG mit allein 50.000 m²
ging.
Die übrigen drei Hochburgen Köln, Düsseldorf und Frankfurt
mussten dagegen Umsatzrückgänge hinnehmen. Das Minus reichte
dabei von knapp 2 Prozent in Düsseldorf bis zu 26 Prozent in
Köln. Und Frankfurt? Die registrierten 116.000 m² sind kein
berauschendes Ergebnis und nochmals rund 10 Prozent weniger als
im ersten Quartal 2016. Von möglichen Brexit-Effekten kann also
noch immer keine Rede sein.
"Wir erwarten auch nicht, dass nach dem formellen Vollzug des
Ausstiegs der Briten aus der EU der große Londoner Bankenexit
erfolgen wird. Natürlich prüfen zahlreiche Banken und
Finanzinstitute eine Standortverlagerung ernsthaft und diese
Pläne werden umso konkreter, je konkreter Zeitplan und Inhalte
der Austrittsverhandlungen werden. Neben Frankfurt stehen auch
Dublin, Amsterdam, Paris und Luxemburg auf der Liste der
Standorte, die als neue Unternehmenssitze in Frage kommen", so
Timo Tschammler. "Konkrete Zahlen lassen sich aber nach wie vor
nicht seriös nennen. Jedes Unternehmen wird letztendlich seine
eigenen Entscheidungen treffen und individuelle Standortvor- und
-nachteile gegeneinander abwägen. Vor diesem Hintergrund
erwarten wir keine einspurigen Wanderungsströme an
ausschließlich einen Zielort. Vermutlich wird jede der in Frage
kommenden Städte ein Stück vom 'Brexit-Kuchen' abbekommen. Unter
gesamteuropäischer Risiko-Betrachtung wäre eine damit verbundene
räumliche Aufteilung von Banken und Finanzunternehmen für die
Immobilienmärkte wünschenswert. Frankfurt wuchert im Werben um
neue Beschäftigte aus dem Finanzsektor mit dem Pfund des Sitzes
der obersten Bankenaufsicht - der EZB. Ein Vor- oder doch gar
ein Nachteil? Es darf nicht vergessen werden, dass im
sogenannten 'War for Talents', vor allem im Bereich
Risikomanagement, die EZB als Wettbewerber der Geschäfts- und
Investmentbanken auftritt."
"Für den weiteren Jahresverlauf 2017 rechnen wir auf Basis der
immer noch robusten konjunkturellen Fundamentaldaten und einem
äußerst dynamischen Arbeitsmarkt insbesondere im für den
Büromarkt wichtigen Dienstleistungssektor mit einer positiven
Nachfrageentwicklung für die sieben deutschen
Immobilienhochburgen. Aus heutiger Sicht prognostizieren wir ein
Umsatzvolumen von mehr als 3,5 Mio. m²", so Helge Scheunemann,
Head of Research JLL Germany. Scheunemann weiter: "Ein Rückgang
gegenüber 2016 zwar, aber sicherlich nicht mit dem Ende des
aktuellen Zyklus gleichzusetzen - im Gegenteil: Neue Büros
bleiben für Unternehmen in den Hochburgen nur noch schwer zu
finden und das Flächenangebot kommt dem starken Expansionsdrang
der Unternehmen aktuell nicht hinterher."
Leerstand sinkt ungebremst weiter - Neubauvolumen kommt nicht
nach
Der Büroflächenleerstand ist in allen Big 7-Märkte weiter
gesunken und hat zum Ende des ersten Quartals die
5-Mio.-m²-Marke nach unten durchbrochen. Die aktuell 4,9 Mio. m²
leerstehenden Flächen entsprechen einer Leerstandsquote von 5,3
Prozent. Damit ist das Angebot kurzfristig verfügbarer Flächen
innerhalb der letzten 12 Monate um weitere fast 670.000 m²
abgebaut worden.
Leerstandsquoten deutlich über diesem Wert weisen weiterhin nur
Frankfurt mit 9 Prozent und Düsseldorf mit 8 Prozent auf. In den
übrigen fünf Hochburgen liegen die Quoten mittlerweile teilweise
deutlich unter 5 Prozent. Die niedrigste Quote weist Stuttgart
mit nur 3,4 Prozent auf. Hier wie auch in München hat mit rund
25 Prozent bzw. 20 Prozent auch der stärkste Leerstandsabbau im
12-Monatszeitraum stattgefunden.
"Wir kommen in den Büromärkten langsam aber sicher in die
Bereiche der Vollvermietung. Eine gewisse Fluktuationsreserve
von um die 5 Prozent ist aber nötig, um auch kurzfristige
Anfragen bedienen zu können. Werte deutlich darunter können
dagegen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Stadt
hemmen. Um gar nicht erst in eine solche Gefahr zu laufen,
müsste das Neubauvolumen inklusive umfassender Sanierungen viel
stärker anziehen als es dies aktuell tut. Dies erscheint
allerdings angesichts des erhöhten Wettbewerbs mit alternativen
Nutzungen um Grundstücke insbesondere mit der Entwicklung von
Wohnungen immer schwerer", so Tschammler.
So
hatte denn auch das Fertigstellungsvolumen im abgelaufenen
Quartal gegenüber dem ersten Quartal 2016 quasi stagniert. Etwas
über 200.000 m² wurden in den sieben Hochburgen zusammen
fertiggestellt. Hiervon waren allerdings bereits fast 150.000 m²
zum Zeitpunkt der Fertigstellung vermietet oder wurden von
Eigennutzern belegt.
"Dieser hohe Anteil an Vorvermietungen bestätigt unsere
Beobachtung, dass immer mehr Nutzer durchaus
Projektentwicklungen als Flächenalternative ins Auge fassen,
sofern die Auswahl an Flächen aus dem Bestand nicht zu den
unternehmensspezifischen Anforderungen und Bedürfnissen passt.
Bis Ende des Jahres 2017 rechnen wir mit weiteren Neubauflächen
im Volumen von 738.000 m², der überwiegende Teil davon wird in
Hamburg und München realisiert werden, also gerade in den beiden
Städten, in denen auch der Umsatz am deutlichsten zugenommen
hat", so Scheunemann.
Problematisch im Hinblick auf die
Angebots-/Nachfragekonstellation dürfte die Situation in
Stuttgart und auch in Berlin bleiben. In diesen beiden Städten
kommen mit rund 60.000 m² bzw. 53.000 m² volumenmäßig die
wenigsten Neubauflächen auf den Markt. "Wenn man dann davon noch
den Anteil abzieht, der bereits jetzt vermietet ist, bleiben
sogar nur knapp 15.000 m² in Berlin und 25.000 m² in Stuttgart,
die noch frei verfügbar sind - ein limitierender Faktor
angesichts der guten Nachfrage in beiden Märkten und ein
deutliches Signal in Richtung weitere Reduzierung des
Leerstandes", gibt Scheunemann zu bedenken.
Für alle sieben Hochburgen zusammen liegt der Anteil der noch
freien Flächen bei nur noch rund 30 Prozent (229.000 m²) und
damit um 10 Prozent-Punkte unter der 2017er Prognose des letzten
Quartals. Bis zum Jahresende 2017 rechnen wir mit einer weiteren
Abnahme des Leerstandes um 0,2 Prozent-Punkte.
Spitzen- und Durchschnittsmieten ziehen weiter an
Die Büromieten haben gegenüber dem letzten Quartal 2016 trotz
der guten Nachfrageergebnisse eine kleine Verschnaufpause
eingelegt. Lediglich in Berlin gab es im Quartalsvergleich
nochmals eine Steigerung um einen Euro auf 28 Euro/m²/Monat. Im
Ein-Jahresvergleich steht demzufolge ein Plus von fast 17
Prozent für die deutsche Hauptstadt. In diesem
Betrachtungszeitraum folgen Stuttgart mit einem Plus von 7,5
Prozent und München mit einem Mietanstieg von 4,4 Prozent.
Lediglich in Köln blieb die Spitzenmiete auch im
12-Monatszeitraum konstant. "Bis Ende des Jahres rechnen wir
aber mit einem weiteren Anstieg der Mieten. Der
JLL-Spitzenmietpreisindex erreicht für die Big 7 zum Ende des
ersten Quartals knapp 188 Punkte und damit den höchsten Wert
seit dem ersten Quartal 2002", so Scheunemann.
Das Plus von 4,8 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2016 ist
gleichbedeutend dem zweitstärksten Anstieg seit 2007. Der
weitere prognostizierte Leerstandsabbau lässt die
Nettoabsorption auf Jahressicht auf über 700.000 m² ansteigen
und in der Folge wird bei den Büromieten über alle Hochburgen
hinweg voraussichtlich ein weiteres Wachstum von 3,1 Prozent
stehen, gleichbedeutend einem nominalen Plus von 3,6 Prozent auf
Gesamtjahressicht.
Ein erneuter Anstieg wird auch für die Durchschnittsmieten zu
notieren sein. Der entsprechende Index, 2016 bereits mit einem
Plus von 4,5 Prozent, bewegt sich voraussichtlich leicht über
dem prozentualen Zuwachs der Spitzenmiete.
www.jll.de
Siehe auch:
JLL: Deutscher Bürovermietungsmarkt auf Rekordkurs
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