Verleihung des Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter Preis 2016 in der Frankfurter Paulskirche

Foto (c) Kulturexpress

 

Die Französin Emmanuelle Charpentier und die Amerikanerin Jennifer A. Doudna wurden am 14. März 2016 mit dem 100.000 Euro dotierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis ausgezeichnet. Charpentier und Doudna bekamen den Preis für Arbeiten, die zur Entwicklung der programmierbaren Genschere CRISPR-Cas9 geführt haben.

 

                 

 

   Auf dem Foto: Prof. Jennifer A. Doudna   

„Mit diesem Präzisionswerkzeug können Gene mühelos und mit großer Genauigkeit bearbeitet werden“, begründet der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung seine Entscheidung. „Die Preisträgerinnen haben dieses Potential erkannt, aufgezeigt und weitreichende Anwendungen ermöglicht“. CRISPR-Cas9 sei in kürzester Zeit zu einem der gefragtesten Werkzeuge in der molekularbiologischen Forschung avanciert, schreibt der Stiftungsrat weiter. Die Genschere sei dabei so einfach zu bedienen, dass das noch vor Jahren äußerst schwierige Editieren des Genoms inzwischen zu einem Routineverfahren geworden sei. Das Gremium würdigt auch, dass sich Doudna und Charpentier schon früh für eine ethische Debatte eingesetzt haben, denn mit CRISPR-Cas9 kann auch die Keimbahn editiert und redigiert werden. Charpentier ist Direktorin am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin und Professorin an der Universität Umeå in Schweden. Doudna ist Li Ka Shing Chancellor’s Professorin an der Universität of California in Berkeley.

   Auf dem Foto: Prof. Emmanuelle Carpentier
Charpentier und Doudna haben als Erste gezeigt, dass man die von den Bakterien zur Abwehr von Phagen entwickelte Genschere CRISPR-Cas9 dazu benutzen kann, jede beliebige DNASequenz anzusteuern und zu zerschneiden. Programmiert und dirigiert wird die Genschere über eine Führungs-RNA. Zu den Leistungen der Laureatinnen gehört auch, dass sie die Genschere einfacher und bedienungsfreundlicher gemacht haben. Experimente in vielen anderen Labors haben schnell gezeigt, dass diese vereinfachte Form nicht nur im Reagenzglas funktioniert, sondern auch in lebenden Zellen und in vielen Organismen. Editiert und redigiert wird die DNA bei der Reparatur der Doppelstrangenden. Gene können dann ersetzt, ergänzt oder außer Gefecht gesetzt werden. Es spricht einiges dafür, dass CRISPR-Cas9 helfen wird, Erbkrankheiten zu heilen, Krankheitserreger zu bekämpfen und bessere Pflanzen zu züchten.

Bei einem Ethikgipfel im Dezember 2015 in Washington haben sich beide gegen das Editieren der menschlichen Keimbahn für klinische Zwecke zum derzeitigen Zeitpunkt ausgesprochen. In der verabschiedeten Schlusserklärung, die Doudna als Mitorganisatorin auch unterschrieben hat, wird das Editieren solange als unverantwortlich betrachtet, wie es ethische und sicherheitsrelevante Vorbehalte gibt. Außerdem sei eine breite gesellschaftliche Akzeptanz dafür nötig, heißt es in dem Schlussdokument weiter. Damit fordert es kein Moratorium, sondern die Intensivierung der Forschung innerhalb der gesetzlichen und ethischen Grenzen.

 

 Auf dem Foto: Dr. Claus-Dieter Kuhn

Claus-Dieter Kuhn (37) von der Universität Bayreuth. Kuhn ist Biochemiker und Strukturbiologe. Er beschäftigt sich mit Ribonukleinsäuren, die nicht in Eiweiße übersetzt werden, sondern andere Aufgaben bei der Steuerung zellulärer Prozesse übernehmen. Er erhielt den mit 60.000 Euro dotierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis 2016.

Kuhn hat über verschiedene Aspekte von Ribonukleinsäuren gearbeitet. Diese galten lange Zeit nur als Exekutive der Genkopiermaschinerie. Dabei sind sie die eigentlichen Strippenzieher in der Zelle. Einige Ribonukleinsäuren funktionieren als molekulare Schalter und steuern die Entwicklung in die eine oder andere Richtung. Andere geben Botenribonukleinsäuren zum Abschuss frei und kontrollieren dadurch wie viele Botenribonukleinsäuren in Proteine übersetzt werden. Wieder andere entsorgen sich selbst, wenn sie den Qualitätsanforderungen der Zelle nicht genügen. K und gezeigt wie Ribonukleinsäuren diese Aufgaben zusammen mit einigen Proteinen meistern und welche Eigenschaften sie dafür mitbringen.

Der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung würdigt, dass Kuhns Arbeiten die Ribonukleinsäure-Forschung vorangebracht haben und dass sie die Aussichten für eine therapeutische Nutzung der Ribonukleinsäuren verbessert haben. Der Paul Ehrlich und Ludwig Darmstaedter Nachwuchspreis wurde von Professor Dr. Haral überreicht.

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 02. April 2016