Tropicality Revisited - neue Architektur aus
Indonesien
Anlässlich des Gastlandes der diesjährigen
Frankfurter Buchmesse stellt das Deutsche Architektur Museum in
Frankfurt neue Architekten aus Indonesien vor.
Die
ausgestellten Bauten sind vielfältig und weichen von dem ab, wie
das hierzulande üblich ist. Das hängt natürlich vom tropischen
Klima ab. Manche der Häuser sind wie Rohbauten, nur fertiger
Beton dient als Wohnhaus mit Außenbereich. Wärmedämmung und
Witterungsschutz scheinen Fremdwörter zu sein im Vokabular der
Indonesier, denn solches bleibt Sekundärbild. Wohnlich und
baulich soll es sein, wobei sich die Ausstellungsinhalte im DAM nach Bambus
und Beton unterteilen. Damit ist schon die Bandbreite an
Materialien aufgezählt. Verspieltes und einfache Bauweise der
Hütten wechseln sich ab. Prägen das Stadt- und Straßenbild
Indonesiens. Das Zusammenleben der Menschen ist vordergründig
und elementar wichtig auf den Inselstaaten. Die Häuser
kommunizieren derart miteinander, sie sind Bestandteil einer
offenen Herangehensweise. Ein Gefüge, das beständig wächst und
sich beinahe organisch weiterentwickelt. Das kommt den
Bedingungen der tropischen Umwelt entgegen.
Die Ausstellung betont viele Einfamilienhäuser, das sind nicht
die
Großprojekte und nicht die von Gigantomanie strotzende
Urbanität, was sonst unabdinglich ist bei Präsentationen
nationaler Tragweite. Vielmehr ein sittsames Gefüge, das
womöglich in eine Architektur der Reichen und in eine der
einfachen Bevölkerung teilbar ist. Da wird in Nischen
gebaut und in den Randbereichen der Städte. Trotz aller
strapazierenden Bedingungen wirken diese Häuser nicht verwahrlost
oder primitiv, sondern sie sind verinnerlichte Konstruktion. Vielleicht
spricht daraus etwas
wie eine traditionelle Bauweise der Indonesier und
Inselbewohner.
In der Ausstellung werden zwölf neue Ansätze von zwölf
indonesischen Architekten für unterschiedlichste
architektonische Vorgaben, Kontexte und Orte vorgestellt. Anhand
dieser Präsentation von „Fallbeispielen“ kann der Besucher
nachvollziehen wie diese Architekten mit dem Aspekt Tropikalität
umgehen und wie sie sie in ihre architektonische Praxis
integrieren.
Drei Projekte werden vorgestellt:
Achmad
Deni Tardiyana oder Apep zählt zu den jungen indonesischen
Architekten. Sein Leistungsspektrum umfasst vielfältige
architektonische Projekte, von schlichten Privathäusern,
kulturellen Einrichtungen, Geschäftsgebäuden, Hochhäusern bis zu
Gemeindeprojekten, Mischnutzungskomplexen und städtebaulichen
Rahmenplänen.
Rumah Baca, das private Wohnhaus des Architekten Achmad
Tardiyana befindet sich in Awiligar, nordöstlich von Bandung.
Die bauliche Entwicklung im Norden Bandungs wird streng
überwacht, da die Zersiedelung in diesem Gebiet flussabwärts
immer wieder zu Überschwemmungen führt, vor allem in der tief
liegenden südlichen Ebene.
Für das auf einem großen Grundstück stehende Gebäude wurden
einfache, natürliche und wiederverwertete Materialien
eingesetzt. Für eine bessere soziale Einbindung des Baus stellte
Tardiyana fast das gesamte Erdgeschoss für öffentliche
Aktivitäten zur Verfügung, so wurde für die Kinder der
Nachbarschaft zum Beispiel eine Gemeindebücherei eingerichtet.
Daher heißt das Haus “rumah baca” bzw. ‘Lesehaus’. Die Bücherei
ist zur Straße und zum Hinterhof hin geöffnet so dass ein
konstanter Luftzug entsteht. Das architektonische Konzept mit
dem ausladenden und einfachen Giebeldach über der eher
verschachtelten räumlichen Anordnung des Baus ist so ausgelegt,
dass es sich harmonisch in die angrenzende Bebauung einfügt. Die
Sichtbetonstützen und –träger haben mit 3 mal 4 Metern geringe
Spannweiten. Die Wände bestehen aus unverputzten
Terrakottaziegeln. Ungefähr 70 Prozent der Holzbohlen sind
recycelt. Überdies hat Tardiyana versucht den Einsatz von Glas
zu minimieren. Stattdessen hat er einheimische unerfahrene
Handwerker angeleitet und sie Paneele aus Bambusgewebe für
Fenster, Türen, Trennwände und Decken fertigen lassen. Die fast
im gesamten Haus eingesetzten Paneele sorgen für Sichtschutz und
erlauben eine stetige Durchlüftung aller Räume. Das Innere des
Hauses ist somit angenehm kühl und luftig, allerdings auch
staubig. Adi Purnomo – kurz Mamo – war an der
Universitas Gajah Mada in Yogyaakarta. Zu Beginn seiner Laufbahn
als Architekt war er für Pacific Andhika Internusa (1994) und DP
Architects in Singapur tätig (1998). 2000 gründete er sein
eigenes Architekturbüro in Jakarta und 2009 eröffnete er ein
kleines Büro in Bogor. 2002 erhielt er vom Indonesian Institute
of Architects für eine Reihe von kleinen bis mittelgroßen
Häusern eine Auszeichnung.
Studi-o
Cahaya ist ein privates Wohnhaus mit Galerie, wofür der
Architekt Adi Purnomo beauftragt wurde. Er untersuchte den
Beitrag von natürlichem Licht. Er sammelte technische
Informationen über den Jahresverlauf der Sonne auf diesem
Breiten- und Längengrad und übertrug diese in intuitiver Weise
auf die Außenwände des Gebäudes. Dafür fügte er die Zahlen des
Verlaufs von Höhen- und Horizontalwinkel in Schnittzeichnungen
ein. Auf der Basis dieser Zeichnungen entwickelte Purnomo die
Idee, die Sonne das ‘Volumen’ des Gebäudes quasi formen zu
lassen. Bei einer Kastenform von 15 x 15 x (ca.)12 Metern wird
das Volumen ‘weggeschnitten’ und zwar durch die jeweiligen
Einfallswinkel der Strahlen, die der Sonnenstand verursacht.
Um
mit dem Spiel von Licht und Schatten im Inneren einen
dramatischen Effekt zu erzeugen, konzentrierte er sich auf den
Sonnenverlauf während eines ganzen Tages, was überraschende
Auswirkungen zeigte. Purnomo stellte fest, dass in den Räumen
eine spektakuläre Lichtsituation entstand, die zudem angepasst
werden konnte, wenn das Volumen durch das besondere
Zusammenspiel zweier Einfallswinkel weggeschnitten wurde –
nämlich von 11 und 1:30 Uhr. Die beiden Winkel lassen eine Lücke
entstehen, die das Gebäudevolumen in zwei Teile gliedert und
sich nach oben öffnende bzw. schließende Oberflächen entstehen
lässt, die das Sonnenlicht ins Innere leiten. Das Licht trifft
auf die abgewinkelten Oberflächen und erzeugt so ein wunderbares
Wechselspiel von Hell und Dunkel, welches zum markanten
Gestaltungsmerkmal dieses Gebäudes wurde. Daher rührt auch der
Name des Hauses ‘Studi-o Cahaya’ der so viel bedeutet wie
‘Lichtstudie’.
Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen:
Avianti Armand, Setiadi Sopandi
Tropicality: Revisited
Erschienen bei IMAJI Publishing
200 × 297 mm, 186 Seiten,
English Edition
ISBN: 978-602-9260-27-4
Ab 2005 war Effan Adhiwira für Toma House tätig und
entwickelte einen Prototyp für ein Fertighaus aus einer
Aluminiumkonstruktion in Kombination mit einheimischen
natürlichen Materialien. Von 2007 bis 2011 arbeitete er für PT
Bamboo Pure/ IBUKU Design und arbeitete bei John Hardy an dem
Projekt für die berühmte Green School in Ubud. 2011 gründete er
sein eigenes Büro in Denpasar, Bali.
Eff Studio arbeitet an zahlreichen Projekten, wobei vor allem
Bambuskonstruktionen und einheimische natürliche Materialien zum
Einsatz kommen. Sein Büro setzt hauptsächlich Projekte im
Gastgewerbe um wie Restaurants und Bars, aber auch
Hochzeitskapellen und Strandhütten, kürzlich entstand auch ein
Bürogebäude im gleichen Stil.
Die Villa Almarik ist ein Resorthotel auf der Insel Gili
Trawangan, nordöstlich von Lombok. Gili Trawangan ist unter
Touristen als Tauchlocation bekannt und gilt mit zahlreichen
Hotels, Villen, Gastfamilien und Restaurants als die am
stärksten entwickelte der drei Gili-Inseln. Das neue Management
des Hotels hatte entschieden die Strandseite der Villa Almarik
durch einen neuen Essbereich aufzuwerten und beauftragte den
jungen Architekten Effan Adhiwira. Dieser plädierte für ein
Gebäude, das am Strand von Gili Trawangan ein Blickfang sein
würde.
Adhiwira entwickelte daraufhin ein Bambusdach, dessen
Stützpfeiler an zwei entgegengesetzten Punkten positioniert
sind, wodurch er die erforderlichen Stützen auf dem Strand
minimieren und einen klaren Grundriss für das Restaurant
konzipieren konnte. Dafür setzte er drei Bambusfachwerkträger
ein, die die Gebäudekonstruktion stützen. Zwei Bambusarten
wurden dabei für die tragenden Teile benutzt: Bambusstangen der
Sorte Bambu Petung (Dendrocalamus asper) mit großem Durchmesser
für die Hauptträger und schlankere Stangen der Sorte Bambu Tali
(Gigantochloa apus) für die Zugträger.
Die
Dachabdeckung besteht aus Gewichtsgründen lediglich aus einer
Baumwollmembran. Damit das Dach den starken Winden standhalten
kann wurden mehrere Lücken vorgesehen durch die der Wind
hindurchwehen kann. Dies unterstreicht die Komplexität der
ungewöhnlichen Dachform und sorgt im mittleren Bereich für
natürliches Licht. Die um die Bar weit nach unten gezogene
Überdachung schützt die Gäste auf ihren Liegestühlen darunter. |