Ausstellungsdauer bis 03. Januar 2016

Tropicality Revisited - neue Architektur aus Indonesien

Foto (c) Kulturexpress

Anlässlich des Gastlandes der diesjährigen Frankfurter Buchmesse stellt das Deutsche Architektur Museum in Frankfurt neue Architekten aus Indonesien vor.

 

Die ausgestellten Bauten sind vielfältig und weichen von dem ab, wie das hierzulande üblich ist. Das hängt natürlich vom tropischen Klima ab. Manche der Häuser sind wie Rohbauten, nur fertiger Beton dient als Wohnhaus mit Außenbereich. Wärmedämmung und Witterungsschutz scheinen Fremdwörter zu sein im Vokabular der Indonesier, denn solches bleibt Sekundärbild. Wohnlich und baulich soll es sein, wobei sich die Ausstellungsinhalte im DAM nach Bambus und Beton unterteilen. Damit ist schon die Bandbreite an Materialien aufgezählt. Verspieltes und einfache Bauweise der Hütten wechseln sich ab. Prägen das Stadt- und Straßenbild Indonesiens. Das Zusammenleben der Menschen ist vordergründig und elementar wichtig auf den Inselstaaten. Die Häuser kommunizieren derart miteinander, sie sind Bestandteil einer offenen Herangehensweise. Ein Gefüge, das beständig wächst und sich beinahe organisch weiterentwickelt. Das kommt den Bedingungen der tropischen Umwelt entgegen.

 

 

 

 

 

 

Die Ausstellung betont viele Einfamilienhäuser, das sind nicht die Großprojekte und nicht die von Gigantomanie strotzende Urbanität, was sonst unabdinglich ist bei Präsentationen nationaler Tragweite. Vielmehr ein sittsames Gefüge, das womöglich in eine Architektur der Reichen und in eine der einfachen Bevölkerung teilbar ist. Da wird in Nischen gebaut und in den Randbereichen der Städte. Trotz aller strapazierenden Bedingungen wirken diese Häuser nicht verwahrlost oder primitiv, sondern sie sind verinnerlichte Konstruktion. Vielleicht spricht daraus etwas wie eine traditionelle Bauweise der Indonesier und Inselbewohner.

 

In der Ausstellung werden zwölf neue Ansätze von zwölf indonesischen Architekten für unterschiedlichste architektonische Vorgaben, Kontexte und Orte vorgestellt. Anhand dieser Präsentation von „Fallbeispielen“ kann der Besucher nachvollziehen wie diese Architekten mit dem Aspekt Tropikalität umgehen und wie sie sie in ihre architektonische Praxis integrieren.

 

Drei Projekte werden vorgestellt:

 

Achmad Deni Tardiyana oder Apep zählt zu den jungen indonesischen Architekten. Sein Leistungsspektrum umfasst vielfältige architektonische Projekte, von schlichten Privathäusern, kulturellen Einrichtungen, Geschäftsgebäuden, Hochhäusern bis zu Gemeindeprojekten, Mischnutzungskomplexen und städtebaulichen Rahmenplänen.

 

Rumah Baca, das private Wohnhaus des Architekten Achmad Tardiyana befindet sich in Awiligar, nordöstlich von Bandung. Die bauliche Entwicklung im Norden Bandungs wird streng überwacht, da die Zersiedelung in diesem Gebiet flussabwärts immer wieder zu Überschwemmungen führt, vor allem in der tief liegenden südlichen Ebene.

 

Für das auf einem großen Grundstück stehende Gebäude wurden einfache, natürliche und wiederverwertete Materialien eingesetzt. Für eine bessere soziale Einbindung des Baus stellte Tardiyana fast das gesamte Erdgeschoss für öffentliche Aktivitäten zur Verfügung, so wurde für die Kinder der Nachbarschaft zum Beispiel eine Gemeindebücherei eingerichtet. Daher heißt das Haus “rumah baca” bzw. ‘Lesehaus’. Die Bücherei ist zur Straße und zum Hinterhof hin geöffnet so dass ein konstanter Luftzug entsteht. Das architektonische Konzept mit dem ausladenden und einfachen Giebeldach über der eher verschachtelten räumlichen Anordnung des Baus ist so ausgelegt, dass es sich harmonisch in die angrenzende Bebauung einfügt. Die Sichtbetonstützen und –träger haben mit 3 mal 4 Metern geringe Spannweiten. Die Wände bestehen aus unverputzten Terrakottaziegeln. Ungefähr 70 Prozent der Holzbohlen sind recycelt. Überdies hat Tardiyana versucht den Einsatz von Glas zu minimieren. Stattdessen hat er einheimische unerfahrene Handwerker angeleitet und sie Paneele aus Bambusgewebe für Fenster, Türen, Trennwände und Decken fertigen lassen. Die fast im gesamten Haus eingesetzten Paneele sorgen für Sichtschutz und erlauben eine stetige Durchlüftung aller Räume. Das Innere des Hauses ist somit angenehm kühl und luftig, allerdings auch staubig.

Adi Purnomo – kurz Mamo – war an der Universitas Gajah Mada in Yogyaakarta. Zu Beginn seiner Laufbahn als Architekt war er für Pacific Andhika Internusa (1994) und DP Architects in Singapur tätig (1998). 2000 gründete er sein eigenes Architekturbüro in Jakarta und 2009 eröffnete er ein kleines Büro in Bogor. 2002 erhielt er vom Indonesian Institute of Architects für eine Reihe von kleinen bis mittelgroßen Häusern eine Auszeichnung.

Studi-o Cahaya ist ein privates Wohnhaus mit Galerie, wofür der Architekt Adi Purnomo beauftragt wurde. Er untersuchte den Beitrag von natürlichem Licht. Er sammelte technische Informationen über den Jahresverlauf der Sonne auf diesem Breiten- und Längengrad und übertrug diese in intuitiver Weise auf die Außenwände des Gebäudes. Dafür fügte er die Zahlen des Verlaufs von Höhen- und Horizontalwinkel in Schnittzeichnungen ein. Auf der Basis dieser Zeichnungen entwickelte Purnomo die Idee, die Sonne das ‘Volumen’ des Gebäudes quasi formen zu lassen. Bei einer Kastenform von 15 x 15 x (ca.)12 Metern wird das Volumen ‘weggeschnitten’ und zwar durch die jeweiligen Einfallswinkel der Strahlen, die der Sonnenstand verursacht.

 

Um mit dem Spiel von Licht und Schatten im Inneren einen dramatischen Effekt zu erzeugen, konzentrierte er sich auf den Sonnenverlauf während eines ganzen Tages, was überraschende Auswirkungen zeigte. Purnomo stellte fest, dass in den Räumen eine spektakuläre Lichtsituation entstand, die zudem angepasst werden konnte, wenn das Volumen durch das besondere Zusammenspiel zweier Einfallswinkel weggeschnitten wurde – nämlich von 11 und 1:30 Uhr. Die beiden Winkel lassen eine Lücke entstehen, die das Gebäudevolumen in zwei Teile gliedert und sich nach oben öffnende bzw. schließende Oberflächen entstehen lässt, die das Sonnenlicht ins Innere leiten. Das Licht trifft auf die abgewinkelten Oberflächen und erzeugt so ein wunderbares Wechselspiel von Hell und Dunkel, welches zum markanten Gestaltungsmerkmal dieses Gebäudes wurde. Daher rührt auch der Name des Hauses ‘Studi-o Cahaya’ der so viel bedeutet wie ‘Lichtstudie’.

 

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen:

 

Avianti Armand, Setiadi Sopandi
Tropicality: Revisited
Erschienen bei IMAJI Publishing
200 × 297 mm, 186 Seiten,

English Edition
ISBN: 978-602-9260-27-4

 


Ab 2005 war Effan Adhiwira für Toma House tätig und entwickelte einen Prototyp für ein Fertighaus aus einer Aluminiumkonstruktion in Kombination mit einheimischen natürlichen Materialien. Von 2007 bis 2011 arbeitete er für PT Bamboo Pure/ IBUKU Design und arbeitete bei John Hardy an dem Projekt für die berühmte Green School in Ubud. 2011 gründete er sein eigenes Büro in Denpasar, Bali.

Eff Studio arbeitet an zahlreichen Projekten, wobei vor allem Bambuskonstruktionen und einheimische natürliche Materialien zum Einsatz kommen. Sein Büro setzt hauptsächlich Projekte im Gastgewerbe um wie Restaurants und Bars, aber auch Hochzeitskapellen und Strandhütten, kürzlich entstand auch ein Bürogebäude im gleichen Stil.
 

Die Villa Almarik ist ein Resorthotel auf der Insel Gili Trawangan, nordöstlich von Lombok. Gili Trawangan ist unter Touristen als Tauchlocation bekannt und gilt mit zahlreichen Hotels, Villen, Gastfamilien und Restaurants als die am stärksten entwickelte der drei Gili-Inseln. Das neue Management des Hotels hatte entschieden die Strandseite der Villa Almarik durch einen neuen Essbereich aufzuwerten und beauftragte den jungen Architekten Effan Adhiwira. Dieser plädierte für ein Gebäude, das am Strand von Gili Trawangan ein Blickfang sein würde.

Adhiwira entwickelte daraufhin ein Bambusdach, dessen Stützpfeiler an zwei entgegengesetzten Punkten positioniert sind, wodurch er die erforderlichen Stützen auf dem Strand minimieren und einen klaren Grundriss für das Restaurant konzipieren konnte. Dafür setzte er drei Bambusfachwerkträger ein, die die Gebäudekonstruktion stützen. Zwei Bambusarten wurden dabei für die tragenden Teile benutzt: Bambusstangen der Sorte Bambu Petung (Dendrocalamus asper) mit großem Durchmesser für die Hauptträger und schlankere Stangen der Sorte Bambu Tali (Gigantochloa apus) für die Zugträger. Die Dachabdeckung besteht aus Gewichtsgründen lediglich aus einer Baumwollmembran. Damit das Dach den starken Winden standhalten kann wurden mehrere Lücken vorgesehen durch die der Wind hindurchwehen kann. Dies unterstreicht die Komplexität der ungewöhnlichen Dachform und sorgt im mittleren Bereich für natürliches Licht. Die um die Bar weit nach unten gezogene Überdachung schützt die Gäste auf ihren Liegestühlen darunter.

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 04. November 2015