Monets Impressionismus im Frankfurter Städel weist den Weg in die Moderne. Die Geburt einer Kunstrichtung

   Foto (c) Kulturexpress

Auguste Renoir

Landschaft bei Fontainebleau (Ausschnitt), ca. 1865

Öl auf Holz

Impressionismus ist ein Ausdruck, der oftmals seiner positiven Bedeutung beraubt wurde. Nicht so im Städel-Museum, hier wird nach den Ursprüngen dieser Kunstrichtung gesucht. In einer Zeit als Historismus und rückwärtsgewandte Strömungen von sich Reden machten, waren es die Pariser und Franzosen, deren neuartige Bildwelten das Licht der Welt erblickten. Das Städel kann mit Recht darauf zurück verweisen, weil viele wertvolle Exponate von Manet über Degas bis Monet zum eigenen Bestand des Museums gehören, was Zeugnis einer frühen Sammelbereitschaft französischer Malerei ist. Das Museum ist im Besitz einzigartiger Werke aus dieser Epoche, die sehr begehrt und häufig als Leihgaben in den Ausstellungen der Welt unterwegs sind.   
 

Siehe aus: Monet und die Geburt des Impressionismus im Frankfurter Städel klingt aus bis 28. Juni

Ausgehend von Claude Monets Gemälde Das Mittagessen (1868/69), mit dem das Städel über ein Schlüsselwerk des frühen Impressionismus verfügt, und seinem höchst qualitätsvollen Sammlungsbestand früher impressionistischer Arbeiten von Auguste Renoir, Édouard Manet, Edgar Degas, Alfred Sisley und Paul Cézanne zeigt die Schau, wie die Künstler des Impressionismus zur Auflösung und Entmaterialisierung ihrer Bildmotive gelangten.

Dem Besucher wird facettenreich vor Augen geführt, unter welchen Voraussetzungen der Impressionismus entstehen konnte und wie sich in der Malerei dieser bedeutenden Bewegung ein radikaler Wandel des Verhältnisses von Bildinhalt und Form vollzog. Der Impressionismus forderte die damaligen Sehgewohnheiten auf völlig neuartige Weise heraus. Wobei die Kunstrichtung sehr unterschiedlich aufgenommen wurde, wie zeitgenössische Karikaturen zu dieser Strömung belegen, die neben impressionistischer Malerei und Fotografien ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind.

„In unserer Ausstellung fokussieren wir die Anfänge der impressionistischen Bewegung. Ausgehend von unserer Sammlung stellen wir die Frage, wie innerhalb weniger Jahre der Impressionismus entstehen konnte. Dabei steht in der groß angelegten Ausstellung die Entwicklung des Impressionismus von seinen Anfängen bis 1880 im Mittelpunkt“, so Kurator Felix Krämer, Sammlungsleiter der Kunst der Moderne am Städel Museum.

Das 19. Jahrhundert war eine Zeit der Umbrüche und der unterschiedlichsten, zeitgleich stattfindenden Entwicklungen, die auch in der Malerei der Impressionisten ihre Spuren hinterließen. Damals vollzog sich durch die zunehmende Industrialisierung ein Wandel des Verhältnisses von Mensch und Natur sowie von Arbeit und Freizeit. Der technische Fortschritt führte zu einer allgemeinen Beschleunigung des Lebens. Auch die visuelle Erfahrung der Großstadt und die Verbreitung neuer Medien wie der Fotografie wirkten sich maßgeblich auf die Werke der Künstler dieser Epoche aus. Protagonist und ständiger Bezugspunkt in der Ausstellung ist Claude Monet, der unter den Künstlern seiner Zeit eine Vorreiterrolle in der Verbreitung der Freilichtmalerei einnahm. In seinem Werk treten die formalen Neuerungen des Impressionismus, wie der klar erkennbare Pinselstrich und eine rasche, skizzenhafte Malweise, besonders deutlich hervor. Monets Oeuvre zeigt zudem augenfällig die Ablösung großformatiger Figurenbilder durch kleinere Landschaftsszenen, die sich in der Kunst der Impressionisten im Allgemeinen vollzog.

Die Präsentation erstreckt sich über beide Etagen des Ausstellungshauses und folgt einer chronologischen Gliederung. Der erste Hauptteil der Ausstellung zeichnet die Entwicklung der frühen impressionistischen Kunst in der Zeit von 1864 bis ca. 1870/71 nach. Den Auftakt bildet eine Auswahl von Gemälden, die im Wald von Fontainebleau entstanden sind. Hier arbeiteten die Maler der „Schule von Barbizon“ an ihren Freilichtstudien. Ihren Vorbildern folgend, suchten auch Monet und seine befreundeten Künstlerkollegen Frédéric Bazille, Pissarro, Renoir und Sisley diesen Ort zum Malen auf. Flankiert wird das Kapitel von einem Fotokabinett, das sich inhaltlich dem Thema Natur in der Fotografie der damaligen Zeit widmet und so das Nebeneinander der Arbeit von Malern und Fotografen im Wald von Fontainebleau aufzeigt.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wandelte sich Paris von einer durch mittelalterliche Strukturen geprägten Stadt zu einer modernen, als fortschrittlich empfundenen Metropole mit großen Plätzen und ausladenden Boulevards. Monet entdeckte in dieser Zeit das Motiv des öffentlichen Stadtraums für seine Malerei. Seine ersten Auseinandersetzungen mit diesem Thema klingen im folgenden Raum der Ausstellung bereits an. Hier wird zudem deutlich, welche Rolle Édouard Manet für ihn spielte. Manet galt damals als das große Talent der Avantgarde, an ihm orientierten sich die jungen Künstler. In der Ausstellung ist sein großformatiges Gemälde Die Weltausstellung in Paris von 1867 (The National Museum, Oslo) zu sehen. Zeitgleich wandte sich auch Monet der Darstellung des städtischen Raums zu: Der Quai du Louvre aus dem Jahr 1867 (Gemeentemuseum, Den Haag) zeigt den Blick vom Balkon des berühmten Museums.

Siehe auch:  Digitale Sammlung mit cloudbasierter Exponate Plattform im Frankfurter Städel

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 22. April 2015