12. Juli bis 26. Oktober 2014

40 Jahre Sammlung und 10 Jahre Frieder Burda Museum in Baden-Baden würdigt Gründer mit eigener Ausstellung

 

 

Foto: © Kulturexpress    

Ein langer parkähnlicher Grünstreifen, die Lichtentaler Allee, mit Hotels, Spielcasino und anderen noblen Einrichtungen Baden-Badens ist der Ort an dem sich das moderne Frieder Burda Museum befindet. Die Fassaden der Umgebung sind überwiegend aus dem 19. Jahrhundert und weisen französische Einflüsse auf. Herrschaftlich muten die Bauten an, die erhalten geblieben sind. Zahlreiche Restaurants kreuzen sich mit Straßencafés. Das Publikum in gemütlicher Stimmung ist bis in die späten Abendstunden unterwegs. Der russische Schriftsteller Fjodor Dostojewski lebte eine Weile in Baden-Baden, um dort seine Spielschulden aus Russland abzuschütteln.

 

Die Architektur des Frieder Burda Museum ist vom modernsten. Zwar überwiegt die postmoderne Fassade, ein Neubau der mit seinen Übergängen immer wieder an die vielgestaltige Architektur von Richard Meier, wie das MAK am Museumsufer in Frankfurt a/M erinnert. Über eine interne Brücke ist der eckige Neubau mit der historischen Kunsthalle aus dem 19. Jahrhundert verbunden. Im großen neoklassizistischen Saal im ersten Stock der Kunsthalle hängen neben anderen Objekten die Werke des Pop-Art Künstlers Sigmar Polke und jene von Gerhard Richter, die teils abstrakt, teils gegenständlich die Bedeutung der Sammlung Burda nur auf das Beste unterstützen. Am 11. Juli waren viele Kunstinteressierte regionaler und überregionaler Natur anwesend und hörten den beiden Rednern des abends, Kurator Helmut Friedel und dem Dänen Johan Holten, Leiter der Kunsthalle anlässlich der Eröffnung aufmerksam zu.

 

Sigmar Polke arbeitete oft mit Schraffuren und setzte Schablonen ein, während Gerhard Richter neben anderen Techniken auch fotorealistisch malt. Ein Georg Baselitz von 1966 hängt stilsicher zwischen großformatigem. Wandfüllend ist ein Anselm Kiefer auf ganzer Breite montiert. Rare Kunstwerke, die nicht in vielen Museen zugänglich sind.
 

Die Auswahl der Sammlung hat klassischen Charakter. Wirklich progressive Kunst findet sich nicht im Bestand. Diese Aufgabe müssen Ausstellungen und die zahlreichen Events leisten, die von Museum und Kunsthalle ausgehen. Ein Schwerpunkt liegt scheinbar in der Wertschöpfung. Um wieviel Millionen es sich hierbei handeln mag? Das bleibt ein Geheimnis. Andererseits erzeugt die konservatorische Haltung eine Stimmung moderner Kunst, die dem Besucher ermöglicht, Kunst auch zu genießen. Besinnlichkeit ist möglich, indem Kunst zugänglich gemacht wird, um sich mit Einzelwerken und vor kunstgeschichtlichem Hintergrund auseinander zu setzen.  www.museum-frieder-burda.de

 

Vor dem Hintergrund einer Kurstadt liefert das Frieder Burda Museum gerade das richtige und erforderliche Ambiente, um das Publikum in Stimmung zu halten. Andere Orte die vergleichbar sind und im Grünen liegen, ist die Fondation Beyeler in Riehen bei Basel. Dort finden regelmäßig spektakuläre und weniger spektakuläre dafür einzigartige Ausstellungen statt. Auch die Progressivität der Ausstellungen wird in Riehen betont. Die Baden-Badener verstehen sich auf süddeutsche Gastlichkeit, damit wird sich das Frieder Burda Museum mit Staatlicher Kunsthalle im Ranking der internationalen Museumskultur mit Sicherheit behaupten.

 

Zur Ausstellung wurde ein umfangreicher Katalog publiziert, der ein Interview zwischen Kurator Götz Adriani und Frieder Burda enthält. Die gebundene Ausgabe aus dem Hatje Cantz Verlag umfasst 336 Seiten mit zahlreichen farbigen Abbildungen der im Museum befindlichen Kunstobjekte. Wobei in den Abbildungen hervorragende Werke zur Geltung gelangen, die beim Museumsbesuch gar nicht so sehr aufgefallen sind. Darunter sind die Werke von Anton Henning, Mark Rothko, Jackson Pollock, Adolph Gottlieb, Clyfford Still, Willem de Kooning, John Chamberlain, Neo Rauch, Tim Eitel, Herbert Brandl, Bill Viola und vielen anderen.

 

Auf dem Buchumschlag ist die Adaption des Schloss Neuschwanstein nach einem Ölbild von Gerhard Richter abgebildet, das stets als Synonym für romantische Schlossarchitektur steht. Angeschlossen an den Katalog sind Kurzbiographien sämtlicher Künstler der Sammlung. Der Architekturkritiker Wolfgang Pehnt verfasste zudem einen Aufsatz mit der Überschrift: "Das Weiße am Weißen ist nie ganz weiß. Richard Meiers Haus für die Sammlung Frieder Burda". Ein Ausspruch, der an den Sprachduktus eines Rémy Zaugg angelehnt ist, indem nur das gesagt wird, was der Betrachter ohnehin am Objekt zu erkennen vermag und ihm deshalb schon gar nicht mehr bewußt ist.

 

Zur Ausstellung gehört ein umfangreiches Kulturprogramm. Die Deutsche Bahn bietet einen Sparpreis ab 39 Euro in der 2. Klasse und 49 Euro in der 1. Klasse zum Kulturrabatt für Hin- und Rückfahrt von und nach Baden-Baden innerhalb von drei Tagen.

 

Die 6. Klasse des Projektes Werkrrealschule Lichtental unternimmt Audio-Experimente. Dabei wird ein Auto-Guide entwickelt, der vor allem den jüngeren von 6 bis 12 Jahren die Ausstellung erzählerisch und hör-spielerisch zugänglich machen soll.

 

Siehe auch:  Linearität in der modernen Architektur des Frieder Burda Museum

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 19. Juli 2014