Viele
unbekannte Gebäude auf den alten Plänen stehen
heute nicht mehr, sind verschwunden. Das wird beim Rundgang
durch die Burnitz-Ausstellung im historischen Museum
sichtbar. Einerseits, weil Häuser abgerissen wurden,
um neuen Gebäuden Platz zu machen. Andererseits weil sie
neuen Straßenzügen wichen, damit Frankfurt noch weiter in
die äußeren Randbereiche der städtischen Umgebung
expandieren kann.
Beispielsweise am Mainufer in der Nähe des Hauptbahnhofs
verliefen parkähnliche Anlagen mit verschlungenen Wegen und
Grünanlagen, wie auf dem großformatigen Stadtplan in 3D
aus dem Jahre 1864
ersichtlich wird. In dem jedes einzelne Haus aus der
Schrägansicht von oben mitsamt Gärten,
Grünanlagen, Wegmarkierungen, Straßen und Bürgersteigen
wiedergegeben ist.
Wovon heute nicht mehr viel existiert. Gewerbe und Industrie
haben die Anlagen längst verdrängt. Ein Gemälde von Ernst
Ludwig Kirchner aus dem Jahre
1916 erinnert an Industrieanlagen im Westhafen. Heutzutage ist
genau dort an dieser Stelle ein architektonisch imposantes
Neubauviertel am Frankfurter Westhafen entstanden, was
aufgrund der bevorzugten Mainlage das meiste an Gewerbe und
Industrie wieder verdrängt hat.
Was bleibt, ist der Rückblick auf eine längst vergangene
Epoche, in der Bürgertum und Städteplaner zu neuen Ufern
aufbrechen wollten. Vater und Sohn, Rudolf und Heinrich
Burnitz schufen zahlreiche solcher Bauwerke. Darunter sind
Waisenhäuser, Gefängnisse, Spitäler, die Börse, Kirchen
und Synagogen für die unterschiedlichen
Religionsgemeinschaften, die in der Mitte des 19.
Jahrhunderts zuhauf entstanden waren und sich in der Freien
Stadt Frankfurt entfalten konnten. Es war die Basis für den
wirtschaftlichen Aufschwung, den Frankfurt a/M damals erhielt.
Die vielen Stadtvillen im Frankfurter Westend oder der
sogenannte "Transparentbau" vor der Hauptwache anlässlich des hundertsten Geburtstag
Friedrich Schillers, beweisen das kulturelle Engagement,
welches in Frankfurt von je her betrieben wurde. Ein mit
Gemälden ausstaffiertes Podest in gigantischen Ausmaßen,
höher als die Hauptwache war. Was von außen betrachtet
manchmal gar nicht so einfach zu erkennen ist, aber den
Wunsch nach kulturellen Höhepunkten in der Stadt offenbart.
Gepaart ist die Kultur in Frankfurt aber auch mit
politischen und wirtschaftlichen Interessen, sei es als
Krönungsstadt für Könige oder Kaiser oder die Eröffnung der
Frankfurter Börse mit der Reformation und der Freizügigkeit
der Religionsgemeinschaften. Die Bedeutung als wichtige
Handelsstadt nördlich der Alpen zwischen Nord und Süd ist
schon seit dem Altertum belegt.
Dazwischen immer wieder merkwürdige
Zeichnungen von Häuserschnitten mit schwarz ausgefüllten
Fensterflächen. Viele der Einblicke auf die Gebäude von
damals erklärt auch der
Katalog, der zur Ausstellung erschienen ist. Dabei ist
die Ausstellung klar strukturiert in den knappen und
provisorischen Räumlichkeiten, bis der Neubau des
Historischen Museum in Frankfurt 2017 fertig gestellt
sein soll. Die Römerberg-Bebauung gleich nebenan ist
ebenfalls fortgeschritten. Einzelne Rohbauten überragen
bereits den Platz vor der Schirn. Ein enges Geflecht an
Gebäuden, welches sich auf dem Römerberg anbahnt. Hinterher
wird nicht mehr viel von dem erkennbar sein, wie es vorher
ohne Bebauung ausgesehen hat.
Zu den besonderen Bauten von Vater und Sohn in der
Ausstellung zählt die alte "Neue Börse" am Schillerplatz. In der
Ausstellung ist ein Modell aufgebaut, im Hintergrund
befindet sich eine große Planzeichnung genau zu demselben
Gebäude. Sicherlich ist das Bauwerk ein Höhepunkt im
Schaffen der beiden Architekten und
Bereicherung für das Stadtbild. Zum Glück wurde die Börse
im Krieg nicht vollständig zerstört. Aufgrund des
Altersunterschieds zwischen Vater und Sohn müssen die
letzteren Bauten, ab 1850 natürlicherweise von Heinrich Burnitz sein. Auch Wohnhäuser,
wie an der Ecke Junghofstraße bilden wesentlichen
Bestandteil des architektonischen Entwurfs. Mietshäuser,
heute nennen wir diese lapidar "Altbau", zeigen den
städtebaulichen Charakter auf, so wie er um 1880 üblich war.
Die Kriege seither hatten verheerende Wirkung auf das
Stadtbild und trugen dazu bei, die Burnitz-Bauten im
Stadtbild zu dezimieren. Das Restaurationsbedürfnis
historischer Bausubstanz ist zwar ausgeprägt in Frankfurt,
wie am Wiederaufbau der Altstadt auf dem Römerberg
erkennbar, viele der Burnitz-Bauten werden überwiegend nur
noch aus
architekturhistorischer Sicht begreifbar bleiben.
Siehe auch:
Rudolf und
Heinrich Burnitz, Stadtarchitekten des 19. Jahrhunderts
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