bis 16. Februar 2014

Urbane Architektur und städtebauliche Besonderheiten. Die Burnitz Ausstellung im Historischen Museum Frankfurt dauert nur noch wenige Tage

Foto: © Kulturexpress    

Viele unbekannte Gebäude auf den alten Plänen stehen heute nicht mehr, sind verschwunden. Das wird beim Rundgang durch die Burnitz-Ausstellung im historischen Museum sichtbar. Einerseits, weil Häuser abgerissen wurden, um neuen Gebäuden Platz zu machen. Andererseits weil sie neuen Straßenzügen wichen, damit Frankfurt noch weiter in die äußeren Randbereiche der städtischen Umgebung expandieren kann.

 

Beispielsweise am Mainufer in der Nähe des Hauptbahnhofs verliefen parkähnliche Anlagen mit verschlungenen Wegen und Grünanlagen, wie auf dem großformatigen Stadtplan in 3D aus dem Jahre 1864 ersichtlich wird. In dem jedes einzelne Haus aus der Schrägansicht von oben mitsamt Gärten, Grünanlagen, Wegmarkierungen, Straßen und Bürgersteigen wiedergegeben ist. Wovon heute nicht mehr viel existiert. Gewerbe und Industrie haben die Anlagen längst verdrängt. Ein Gemälde von Ernst Ludwig Kirchner aus dem Jahre 1916 erinnert an Industrieanlagen im Westhafen. Heutzutage ist genau dort an dieser Stelle ein architektonisch imposantes Neubauviertel am Frankfurter Westhafen entstanden, was aufgrund der bevorzugten Mainlage das meiste an Gewerbe und Industrie wieder verdrängt hat.

 

 

Was bleibt, ist der Rückblick auf eine längst vergangene Epoche, in der Bürgertum und Städteplaner zu neuen Ufern aufbrechen wollten. Vater und Sohn, Rudolf und Heinrich Burnitz schufen zahlreiche solcher Bauwerke. Darunter sind Waisenhäuser, Gefängnisse, Spitäler, die Börse, Kirchen und Synagogen für die unterschiedlichen Religionsgemeinschaften, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts zuhauf entstanden waren und sich in der Freien Stadt Frankfurt entfalten konnten. Es war die Basis für den wirtschaftlichen Aufschwung, den Frankfurt a/M damals erhielt.

 

Die vielen Stadtvillen im Frankfurter Westend oder der sogenannte "Transparentbau" vor der Hauptwache anlässlich des hundertsten Geburtstag Friedrich Schillers, beweisen das kulturelle Engagement, welches in Frankfurt von je her betrieben wurde. Ein mit Gemälden ausstaffiertes Podest in gigantischen Ausmaßen, höher als die Hauptwache war. Was von außen betrachtet manchmal gar nicht so einfach zu erkennen ist, aber den Wunsch nach kulturellen Höhepunkten in der Stadt offenbart. Gepaart ist die Kultur in Frankfurt aber auch mit politischen und wirtschaftlichen Interessen, sei es als Krönungsstadt für Könige oder Kaiser oder die Eröffnung der Frankfurter Börse mit der Reformation und der Freizügigkeit der Religionsgemeinschaften. Die Bedeutung als wichtige Handelsstadt nördlich der Alpen zwischen Nord und Süd ist schon seit dem Altertum belegt.

 

Dazwischen immer wieder merkwürdige Zeichnungen von Häuserschnitten mit schwarz ausgefüllten Fensterflächen. Viele der Einblicke auf die Gebäude von damals erklärt auch der Katalog, der zur Ausstellung erschienen ist. Dabei ist die Ausstellung klar strukturiert in den knappen und provisorischen Räumlichkeiten, bis der Neubau des Historischen Museum in Frankfurt 2017 fertig gestellt sein soll. Die Römerberg-Bebauung gleich nebenan ist ebenfalls fortgeschritten. Einzelne Rohbauten überragen bereits den Platz vor der Schirn. Ein enges Geflecht an Gebäuden, welches sich auf dem Römerberg anbahnt. Hinterher wird nicht mehr viel von dem erkennbar sein, wie es vorher ohne Bebauung ausgesehen hat.

 

 

Zu den besonderen Bauten von Vater und Sohn in der Ausstellung zählt die alte "Neue Börse" am Schillerplatz. In der Ausstellung ist ein Modell aufgebaut, im Hintergrund befindet sich eine große Planzeichnung genau zu demselben Gebäude. Sicherlich ist das Bauwerk ein Höhepunkt im Schaffen der beiden Architekten und Bereicherung für das Stadtbild. Zum Glück wurde die Börse im Krieg nicht vollständig zerstört. Aufgrund des Altersunterschieds zwischen Vater und Sohn müssen die letzteren Bauten, ab 1850 natürlicherweise von Heinrich Burnitz sein. Auch Wohnhäuser, wie an der Ecke Junghofstraße bilden wesentlichen Bestandteil des architektonischen Entwurfs. Mietshäuser, heute nennen wir diese lapidar "Altbau", zeigen den städtebaulichen Charakter auf, so wie er um 1880 üblich war. Die Kriege seither hatten verheerende Wirkung auf das Stadtbild und trugen dazu bei, die Burnitz-Bauten im Stadtbild zu dezimieren. Das Restaurationsbedürfnis historischer Bausubstanz ist zwar ausgeprägt in Frankfurt, wie am Wiederaufbau der Altstadt auf dem Römerberg erkennbar, viele der Burnitz-Bauten werden überwiegend nur noch aus architekturhistorischer Sicht begreifbar bleiben.

Siehe auch:  Rudolf und Heinrich Burnitz, Stadtarchitekten des 19. Jahrhunderts

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 06. Februar 2014