Die Arabeske als Prinzip der Wanddekoration. Elemente der Gestaltung im Goethemuseum

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Die Herangehensweise an die Bedeutung der Arabeske kann sehr unterschiedlich gelagert sein. In der Kunst der Klassischen Moderne des 20. Jahrhunderts ist sie bei Künstlern wie Picasso oder Matisse die Möglichkeit des künstlerischen Ausdrucks, welche auf bestimmte Merkmale der Formen- und Farbensprache zurückgreift. Die malerische Arabeske wurde von den Expressionisten wiederentdeckt, weil sie oft durch zweidimensional flächige Elemente geprägt ist. Das können Ranken und Ornamente aber auch menschliche Figuren sein, die durch farbenfrohes Spiel kommunizieren. Auch die lebende Künstlerin Françoise Gilot, die zuletzt in der Chemnitzer Kunsthalle ausstellte, nutzt Möglichkeiten der Arabeske in ihrer Malerei.

 

Der offene Zugang soll das Gemüt ermuntern ohne oberflächlich zu wirken. Die kunstvolle Ausgestaltung ermöglicht eine unkomplizierte Herangehensweise. Kuratorin der Ausstellung Petra Maisak, die auf dem Foto gerade das "Romantische ABC der Arabeske" in einer Ausgabe des Freien Deutschen Hochstift in der Hand hält, in welchem didaktisch Bilder, Schlagworte und Texte dem Publikum näher gebracht werden. Das Heft ist auch für den Schulunterricht geeignet. Aus didaktischen Gründen fehlen die Seitenangaben, um nicht den Anschein des rationellen zu erwecken. Am Schluß des Heftes wurden drei lose Bildbögen eingelegt. Einer dieser Bögen enthält Goethes Gedicht "Der Zauberlehrling". Diese Aufmachung steht im Gegensatz zu dem intellektuell sehr anspruchsvollen Katalog "Verwandlung der Welt. Die romantische Arabeske" mit 432 Seiten Umfang im Format, 25 x 30,2 cm, aus dem Michael Imhof Verlag, der anlässlich der Ausstellung erschienen ist.

 

Die Ausstellung im Goethemuseum leitet die Arabeske ausschließlich aus dem romantischen Zusammenhang her. Nach Definition Clemens Brentanos kennt sie keine Figuren mit dramatischem Geschehen, zeigt aber Handlungsabläufe, die vielleicht an dramatischen Orten stattgefunden haben.

 

Die historisch hergeleitete alte Vorstellung der Arabeske steht zumeist in Verbindung mit pflanzlichem Rankenwerk, das sich gleich einem Band immer weiter fortsetzt. Die Arabeske enthält ein ornamentales Formprinzip, dessen Herleitung "auf künstlerischem Kollektivverhalten" beruht, wie der Hauptkatalog erklärt. Anders ausgedrückt, steckt in der Arabeske etwas mehr, als die Tradition dafür vorgesehen hat. Warum nicht einfach von Kunsthandwerk gesprochen wird, liegt wohl daran, dass von einer Welt der verwandelnden Eigenschaften ausgegangen wird. Die Arabeske ist so gesehen ein Vorläufer der abstrakten Malerei, weil sie gesellschaftlich auflockernde Elemente mitbringt in einer sonst sittsamen Epoche. Sie steht zudem in Disposition zur Groteske.

 

Mit den ausgestellten Werken im Goethemuseum wird eine Verquickung aufgezeigt zwischen dem Frühromantiker Philipp Otto Runge und dem frühromantischen Dichter Clemens Brentano. Runges Werke der Frankfurter Ausstellung beruhen auf der Leihgabe der Hamburger Kunsthalle. Er fühlte sich mit seinen Arbeiten und Werken stets dem aufkeimenden Bürgertum verpflichtet, was im Gegensatz zum feudalistischen Mäzenatentum stand, welches Künstler und Künstlertum bis dahin für sich allein zu vereinnahmen versuchte. Runge ist in seiner frühromantischen Kunst ein echter Perfektionist gewesen. Brentanos zeichnerisches Werk ist teils nur in Fragmenten erhalten geblieben, aber ebenso intensiv zu betrachten. Er bildet aufgrund seines Gesamtwerks einen Schwerpunkt der Frankfurter Romantikforschung. Bilder von Adolph Menzel, Wilhelm von Kaulbach, Adolph Schroedter oder Henry van de Velde finden sich meist in Form von Graphiken und schmückenden Buchillustrationen. In diese Auswahl fließen dekorierte Briefköpfe und historische Einladungskarten ein. 

 

Peter Cornelius (1783-1867) Arabeske Wanddekoration, Aufnahme des Herakles in den Olymp, erste Fassung, Entwurf 1818, Bleistift, 42,4 x 78,6 cm, Staatliche Graphische Sammlung München, Inv. Nr. 1963:75 Z

 

Der Katalogbeitrag "Die Arabeske als Prinzip der Wanddekoration" von Frank Büttner befasst sich mit der Arabeske als modischen Dekorationsstil zur Auskleidung von Wohn- und Nichtwohnräumen. Büttner nimmt sich zunächst das Gemälde von Philipp Otto Runge "Die Lehrstunde der Nachtigall", um auf die Bedeutung der Arabeske als Wandschmuck hinzudeuten. Der Bildhintergrund ist schwarz oder dunkel gefärbt. Das Bildmotiv besteht aus dünnen farbigen Linien, die sich im Kontrast zum einfarbigen Hintergrund abgrenzen. Zahlreiche weitere Anschauungsbeispiele der gleichen Art folgen. Das geht ein wenig zu wie in einer Tapisserie. Modisches Accessoire oder "Verwandlung der Welt", welche Funktion übernimmt die Arabeske Anfang des 19. Jahrhunderts hier? Schon Dürer verwendete die vielfältige Ornamentik, wie einige graphische Beispiele in der Ausstellung nahelegen. Ursprünglich kam die Gattung aus dem Orient, wie schon der Name verrät. Als Beispiel ist eine altpersische Dekoration in einer Vitrine aufgestellt, die einen Zusammenhang zur Romantik aufgrund der schwungvollen Linien erahnen läßt.

 

Siehe auch:  Die Verwandlung der Welt  -  Die romantische Arabeske im Goethemuseum in Frankfurt bis 28. Febr. 2014

      

Kulturexpress ISSN 1862-1996

vom 26. Januar 2014