Der Kulturcampus Bockenheim

- zunächst wurde ein architektonisches Konzept in größeren Dimensionen vorgestellt. Generationen an Wissenschaftlern und Kunstschaffenden profitieren - wenn's stimmt. Darüber sind die Parteien sich einig und schwören Zusammenarbeit

Die Zukunft eines ganzen Stadtteils soll neu gestaltet werden. Bildungsorientiert und an den Menschen interessiert, die hier wohnen und leben wollen. Mit Initiativen, ein Forum und ein offenes Ohr für Musiker soll es geben. Künstler und Kreativschaffende sind gefragt. Menschen aus aller Welt sollen eingeladen sein. Gruppierungen aller Parteien unterschiedlicher politischer Ausprägung haben sich vereint, um gemeinsam ein Konzept zu finden. Im April gibt die zur Zeit debattierende Planungswerkstatt ihren Abschlußbericht bekannt. Dann soll entschieden werden. Die Frankfurt ABG Holding hat das Grundstück erworben und will finanzieren. Hier soll ein Anziehungspunkt geschaffen werden, der über die Stadtgrenzen hinaus Bekanntheitsgrad erreicht und der Stadt zu mehr Ansehen auch in kultureller Hinsicht verhilft. Dabei sind Wissenschaftler gefragt, die sich sonst nicht so intensiv um die Künste bemüht haben oder dies aufgrund ihrer Arbeitsweise nicht konnten. Die Sozialforscher gaben sich das erste Wort, indem schon Th.W. Adorno mehr für die Kunstschaffenden tun wollte während seiner Institutstätigkeit, die wissenschaftliche Arbeit dies aber immer wieder verhinderte. Adorno selbst war sehr musikalisch veranlagt.

Foto: Maass     

Das Land Hessen und die Stadt Frankfurt änderten im August 2010 das Nutzungsvorhaben auf das 16,5 Hektar große Gebiet. Das von der Goethe-Universität bald nicht mehr benötigte Areal im Bereich des Uni-Geländes an der Bockenheimer Warte soll keine Bürostadt mit monolithischen Bürogebäuden mitten in der Stadt, sondern ein Kulturcampus werden.

 

Hier sollen in naher Zukunft Wohnen, Arbeiten und Kultur, drei der Grundelemente großstädtischen Lebens, gemeinsam und gleichberechtigt eine neuartige Verbindung eingehen. Zugleich verkündete das Land den Neubau der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main und die Stadt die Ansiedlung des Ensemble Modern, der Forsythe Company und des Frankfurt LAB an diesem Ort. Insgesamt neun Kulturinstitute sind beteiligt.
 

Mit Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung kaufte die stadteigene Immobiliengesellschaft, die ABG Holding, den gesamten Grund und Boden im Jahr 2011 auf. Dadurch ist die Gesamtgestaltung des Areals in einem Stück möglich. Was natürlich auch Nachteile bringen kann, wie Stimmen aus dem Publikum dies am 16. März in den Räumen des Instituts für Sozialforschung in der Senckenberg Anlage bemerkten. Die Kritik lautete, wenn ein Generalunternehmer das Sagen hat, statt daß viele einzelne Planer und Unternehmer am Projekt beteiligt sind und mitverdienen können, entsteht vielleicht einseitig eine Bauweise, die nicht unbedingt im Sinne der kulturellen Vielfalt zu verstehen ist.

 

Um solche Fragen zu lösen wurden eigens Planungswerkstätten eingerichtet, die damit beschäftigt sind über das Vorhaben zu diskutieren.. Es werden konkrete Anregungen für weitere denkbare Nutzungen, vom „Offenen Haus der Kulturen“ bis zum genossenschaftlichen Wohnen im Philosophicum erwartet. Über die bautechnischen Abläufe zu diskutieren, war noch zu früh, weil am 16. März zum ersten Mal das architektonische Konzept vorgestellt wurde. Über die Kosten wurde nicht so richtig debattiert, weil die Planungswerkstatt noch nicht abschließend beraten habe, hieß es.

 

Der aus Tansania stammende britische Architekt David Adjaye von Adjaye Associates stellte seine Konzeptstudie zur Arealbebauung in einem Vortrag dem Publikum vor. Zunächst handelt es sich dabei um eine skizzierende Studie, die versucht hat, eine Gesamtvorstellung von dem Vorhaben darzulegen. In einzelnen Stufen wurde der Ablauf bis zur Fertigstellung der Gebäude in ihrem Aussehen entwickelt.

 

Siehe auch die PDF-Broschüre der HfMDK:    Kulturmachtcampus

 

Demnach besteht das Areal aus einem inneren Kern, dem Campus, um den sich herum quaderartig die Bauten gruppieren. In den Zwischenräumen spielt sich das Leben ab, was den Kulturschaffenden für eigene Tätigkeiten vorbehalten bleiben soll. Grünanlagen und Bäume sind integriert. Außerdem wurde Bezug auf die bebaute Umgebung genommen, die Abstand behält, aber den Zufluss auf das Areal nicht beeinträchtigen soll.

 

Das Konzept geht von einem überdachten Kernbereich des großen Foyers aus, das aber nicht zugeschlossen wirkt. Überdacht, weil die Wetterlage in dieser Region nicht immer und zu jeder Tageszeit den Aufenthalt unter freiem Himmel erlaubt.

 

Die zahlreichen Fassaden an den Gebäuden sind gläsern und durchsichtig gestaltet, was zur kontinuierlichen Arbeitsweise von Adjaye Associates zählt. Das zeigen andere Projekte der Architekten wie in Moskau, Großbritannien und in den Vereinigten Staaten, wovon eine Reihe der Bauten bereits umgesetzt wurden.

 

Im Anschluß an die Vorstellung mit Vortrag folgte eine Diskussionsrunde. Zu den Anwesenden zählten von links nach rechts: Nikolaus Hirsch, Architekt und Städelschuldirektor; Architekt David Adjaye; Choreograph William Forsythe; Thomas Rietschel, Präsident der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst; Roland Diry, Geschäftsführer des Ensemble Modern; und Axel Honneth, geschäftsführender Direktor des Instituts für Sozialforschung und Schüler von Jürgen Habermas der sogenannten "Frankfurter Schule".

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Siehe auch:   Neuordnung eines Stadtteilareals in Frankfurt a/M. Forum Kulturcampus Bockenheim gegründet

 

Siehe auch:   Land verkauft Campus Bockenheim an ABG FRANKFURT HOLDING
Nach Unterzeichnung des Kaufvertrags sind die Chancen für eine zügige Umsetzung des dritten Bauabschnitt auf dem Campus Westend gestiegen.

 

Kulturexpress  ISSN 1862-1996

vom 23. März 2012