Vom Land Hessen hat die ABG FRANKFURT HOLDING
jetzt den alten Campus Bockenheim erworben. Ein entsprechender
Kaufvertrag ist am Dienstag in Frankfurt am Main vom Land und der ABG
FRANKFURT HOLDING notariell beurkundet worden. „Dieser entscheidende
Schritt bietet eine klare Perspektive, wie die Neuordnung der
Universitätsstandorte, die das Land seit zehn Jahren vorantreibt, zu
vollenden ist. Das ist eine große Chance für die Stadtentwicklung und
die Universität“, sagte Prof. Rainer Klump, Vize-Präsident der
Goethe-Universität, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in der Aula
der Universität.
Die Verhandlungen zwischen Land und ABG hatten nach der Unterzeichnung
eines „Letter of Intent“ im März 2011 neuen Schwung erhalten und kamen
in einer von allen Beteiligten als konstruktiv empfundenen Atmosphäre in
dieser Woche zu einem zügigen Ende. „Damit haben wir die Voraussetzungen
für das zentrale Projekt der Frankfurter Stadtentwicklung im nächsten
Jahrzehnt geschaffen“, betonte Oberbürgermeisterin Petra Roth bei der
Pressekonferenz. „Der Verkauf eröffnet Bockenheim einen geregelten und
für alle Beteiligten zufrieden stellenden Übergang der
Universitätsliegenschaften an die Stadt Frankfurt und gibt dem Stadtteil
damit eine Perspektive für die künftige Nutzung als kultureller
Schwerpunkt der Stadt“, hob Professor Luise Hölscher, Staatssekretärin
im Hessischen Finanzministerium, hervor. „Wir wollen auf dem Areal
Wohnen für alle möglich machen, Kultur für alle anbieten und Büros für
eine Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts schaffen“, betonte
ABG-Geschäftsführer Frank Junker und würdigte das Wirken Roths: „Die
Oberbürgermeisterin hat den Kulturcampus zur Chefsache gemacht und uns
damit zu zügigen Verhandlungen angespornt.“
Stadt, Land und Universität unterstrichen ihren Willen zur weiteren
Kooperation, um den dritten Bauabschnitt des Campus Westend zu vollenden
und auch für den Fachbereich Informatik und Mathematik eine
einvernehmliche Lösung zu finden. „Wir stehen zur Goethe-Universität“,
machte Oberbürgermeisterin Roth deutlich. Im Herbst 2012 werden die
Universitätsverwaltung sowie drei große sozialwissenschaftliche
Fachbereiche, die bisher im AfE-Turm untergebracht sind, in Neubauten
auf dem Campus Westend umziehen. Doch am Standort Bockenheim verbleiben
noch kleinere kulturwissenschaftliche Fächer und die außereuropäischen
Sprachen sowie der komplette Fachbereich Informatik und Mathematik.
„Insbesondere die räumliche Zukunft dieses großen Fachbereichs ist noch
ungewiss, durch den Verkauf des alten Campus Bockenheim hoffen wir nun,
dass sich unsere Ziele bald realisieren lassen“, sagte Klump. Mit dem
Verkauf des Areals Bockenheim bestehe jetzt nach Ansicht von
Vize-Präsident Klump die einmalige Chance für die Goethe-Universität,
auch die 50 Millionen Euro an Matching Funds zu erhalten, die ihr im
Zuge der Umwandlung in eine Stiftungsuniversität für den weiteren Aufbau
des universitären Stiftungsvermögens vom Land zugesagt worden seien.
Die Zusammenarbeit mit der Stadt Frankfurt würdigte der Vize-Präsident
als beispielhaft. Das habe zuletzt das Versprechen deutlich gemacht, die
Gründung einer Stiftung großzügig unterstützen zu wollen. 15 Millionen
Euro steuert die Stadt in den kommenden drei Jahren zum Kapital der
Stiftung bei. Auch das Programm zum 100jährigen Bestehen der
Goethe-Universität im Jahr 2014 wollen Hochschule und Kommune intensiv
zusammenarbeiten. Darauf weist der Stiftungsfonds jetzt bereits hin, der
den Namen eines großen, bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts weit über
die eigene Gegenwart hinausdenkenden Frankfurter Stadtoberhaupts trägt –
Franz Adickes Stiftungsfonds.
Das Areal, das die ABG Frankfurt HOLDING im Namen der Stadt Frankfurt am
Main vom Land Hessen erworben hat, ist 16,5 Hektar groß. Es umfasst die
Fläche zwischen der Bockenheimer Landstraße und der Mertonstraße sowie
das Quartier zwischen Robert-Mayer-Straße und Georg-Voigt-Straße.
Eingefasst werden diese beiden Flächen westlich von der Gräfstraße und
östlich von der Senckenberganlage. „Wir verknüpfen den Vertragsschluss
mit der Erwartung, dass die Stadt Frankfurt nunmehr zügig die
planerischen Grundlagen für die Entwicklung des Areals schafft“, sagte
Staatssekretärin Professor Hölscher: „Ein bestandskräftiger
Bebauungsplan ist der erste und wichtigste Schritt zur Realisierung des
Kulturcampus.“
Ausdrücklich einbezogen sind die Villen im Süden des Areals, in denen
die Universität unter anderem Teile des Fachbereichs Informatik und
Mathematik untergebracht hat. Ausgenommen bleibt zunächst die heutige
Universitätsbibliothek nördlich der Bockenheimer Landstraße. Das Land
Hessen will auf diesem Areal langfristig eine neue Musikhochschule
errichten. Der Neubau der Universitätsbibliothek soll dann am Alleenring
im Zusammenhang mit dem Campus Westend entstehen. Vor dem Hintergrund
des Finanzierungsvolumens kann noch kein konkreter Termin genannt
werden.
Für das Areal zwischen Robert-Mayer-Straße und Georg-Voigt-Straße, auf
dem im Augenblick noch der AfE-Turm steht, sieht der Vertrag nach
Möglichkeit den Bau eines Hochhauses vor. Der Kontrakt nimmt Bezug auf
den Kulturvertrag von 1999, den Oberbürgermeisterin Petra Roth gemeinsam
mit dem damaligen hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel
unterzeichnete. Der Kulturvertrag ist die Grundlage für den Umzug der
Goethe-Universität auf den Campus Westend und auf den Campus Riedberg.
Für die weitere Entwicklung der Goethe-Universität sei der jetzt
unterzeichnete Vertrag „ein Meilenstein“, sagte Staatssekretärin
Hölscher. Damit unterstreiche die Landesregierung ihre Akzentsetzungen
in Hochschulbau und Landesentwicklung. Nur so könne sich der Standort in
europäischer Konkurrenz behaupten. „Wir bauen mit dem Kulturcampus
Frankfurt ein in jeder Hinsicht vorbildliches Viertel“, betonte
Oberbürgermeisterin Roth. Das neue Quartier werde ein energieeffizientes
und CO-2-neutrales Modell sein. Dafür stehe bereits die Unternehmung,
die im Namen der Stadt das Areal erworben hat: Die ABG baue
grundsätzlich Passivhäuser. Gleichzeitig solle der neue Campus ein
entwicklungsfähiger Stadtteil für Künstler sein, hob das Stadtoberhaupt
hervor. Mit der Musikhochschule, dem Ensemble Modern, den Tänzern der
Forsythe Company und des Mousonturms, den Theaterleuten von Heiner
Goebbels, den Kreativen des Frankfurt LAB, den Archivaren des
Hindemith-Instituts und den Denkern des Instituts für Sozialforschung
könne ein unvergleichliches Panorama der Kreativität entstehen. Und
gemütlich sollte das neue Quartier werden: „Was wir Kulturcampus nennen,
ist Heimat in Zeiten der Globalisierung“, betonte Roth.
„Wir wollen nicht einfach das großbürgerliche Westend in Richtung auf
das bodenständigere Bockenheim verlängern“, sagte Junker. Vielmehr müsse
es „für jeden Frankfurter möglich sein, auf dem Kulturcampus eine
Wohnung zu finden und sich das Wirken der Musiker und Tänzer zu
erschließen“. Roth und Junker stellten für die zweite Hälfte des
Oktobers den Start der insgesamt drei Planungswerkstätten in Aussicht.
Sie sollen sich mit den Themen „Wohnen, Kultur, Arbeiten“
auseinandersetzen. Um alle Frankfurter auf den Stand der Dinge zu
bringen, stellten die Oberbürgermeisterin und der ABG-Geschäftsführer
eine gemeinsame Broschüre „Kulturcampus Frankfurt“ vor. Nach dem
Pressegespräch ließen Roth und Junker die Homepage „www.kulturcampusfrankfurt.de“
freischalten. Dort kann Jeder mitreden und ständig auf dem Stand der
Dinge sein. Das Portal bietet drei große thematische Felder: Fakten,
Gestalten, Mitmachen. Über die Planungswerkstätten hinaus wollen Stadt
und ABG mit dem Portal auch das Ende des Jahres geplante Symposium
dokumentieren. Bei diesem Symposium mit Unterstützung der Mainova sollen
die Möglichkeiten diskutiert werden, ein energieeffizientes
Modellquartier zu schaffen.
Informationen: Prof. Rainer Klump, Vize-Präsident der
Goethe-Universität, Campus Bockenheim, Tel. (069) 798- 22242, 32845,
klump@pvw.uni-frankfurt.de ; Dr. Matthias Arning, Persönlicher Referent
der Oberbürgermeisterin, Tel. (069) 212 45257,
matthias.arning@stadt-frankfurt.de
Siehe auch:
Glorreiche Versprechungen
und die Neuordnung eines Stadtteilareals in Frankfurt a/M. Forum
Kulturcampus Bockenheim gegründet