Die Initiative
Zukunft Bühnen Frankfurt begrüßt die
Entscheidung, die städtischen Bühnen
am einzig plausiblen Standort
Willy-Brandt-Platz zu belassen.
Allerdings gibt der jetzt vorgelegte
Abschlussbericht vom Februar 2023
Anlass zu großer Sorge, denn die vom
Kulturdezernat präferierte
Spiegellösung ist keine – sie wurde
bereits vor Jahren erwogen und aus
guten Gründen verworfen. Die neue
Studie zu den städtischen Bühnen
zeigt: Anstatt an einer tragfähigen
und zeitgemäßen Lösung zu arbeiten,
wurde durch die Kulturmeile
wertvolle Zeit vertan. Sie hätte
genutzt werden müssen, um die
Arbeitsbedingungen der Angestellten
unserer Städtischen Bühnen schnell
zu verbessern.
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Städtische
Bühnen am WIlly-Brandt-Platz,
Frankfurt am Main
Nov. 2022,
Foto (c) Kulturexpress |
Die Initiative Zukunft Bühnen
Frankfurt warnt: Die
Verantwortlichen verlaufen sich in
den Verästelungen des Projekts,
geben Studien zu Details in Auftrag
und ignorieren deren grundlegende
blinde Flecken. Ein markantes
Beispiel: Auch die jetzt vorgelegte
Studie gibt die Ergebnisse des
Validierungsgutachtens von 2020
falsch wieder und kommt zu
Schlüssen, die denen der am
Validierungsgutachten beteiligten
Expert:innen eindeutig
widersprechen.
Die Spiegellösung verweigert sich
geradezu kategorisch den brennenden
Themen unserer Zeit, etwa dem
ecological turn in Architektur- und
Theaterwelt oder der
Repräsentationskrise sich
diversifizierender
Stadtgesellschaften. Sie ignoriert
alle Erfahrungen, die in den letzten
Jahren bei der Entwicklung neuer
Stadttheatermodelle gemacht wurden.
Anstatt sich einer Altes und Neues
verbindenden Weiterentwicklung des
Bestandes zu stellen, wird eine im
schlechtesten Sinne modernistische,
aus der Zeit gefallene Maximallösung
verfolgt und ein
identifikationsstiftendes
Kulturdenkmal zerstört. Die
Initiative Zukunft Bühnen Frankfurt
denkt: Die öffentliche Hand muss
glaubwürdig vorleben, was demnächst
von der Privatwirtschaft erwartet
wird!
Die Pläne für die beiden neuen
Häuser am Willy-Brandt-Platz für die
städtischen Bühnen laufen
abgekoppelt von den Planungen für
das Zentrum der Künste und den mit
ihm eng verknüpften Neubau der HfMDK.
Die Initiative Zukunft Bühnen
Frankfurt stellt fest: 1+1+1+1=
Null. Die einzelnen Bauprogramme
schreiben die Bedarfe der Gegenwart
fort und sind damit das Gegenteil
von zukunftsfähig. Sie dürften
bereits bei ihrer Eröffnung in den
2030er-Jahren hoffnungslos veraltet
sein. Anstatt der vermeintlich
alternativlosen Weiterführung des
Neubauprojekts fordern wir eine von
Stadt und Land gemeinsam getragene,
ergebnisoffene Studie zur
Theaterentwicklung der Stadt, die
zunächst fragt, was der Stadt und
ihren Theatergänger:innen, den
vielen Besucher:innen aus Region und
Land und vor allem auch den (Noch-)Nicht-Theaterbesucher:innen
wertvoll ist und was daraus
entstehen kann. Bei einem Wettbewerb
für die Städtischen Bühnen sollte
die Ausschreibung so offen
formuliert sein, dass unter
Berücksichtigung des Denkmalschutzes
ein Weiterbauen ebenso möglich ist
wie eine Neubaulösung.
Die Initiative Zukunft Bühnen
Frankfurt fordert vor allem: mehr
Pragmatismus wagen! Um nicht noch
mehr Zeit zu verlieren und für den
Standort Willy-Brandt-Platz
Spielraum zu gewinnen, müssen neue
Prioritäten gesetzt werden: An
erster Stelle steht der zügige
Aufbau eines gemeinsamen
Produktionszentrums für die beiden
Häuser und für die freie Szene,
beispielsweise in Bockenheim. Es
kann zunächst als Interim dienen und
perspektivisch Oper, Schauspiel und
Zentrum der Künste in unmittelbarer
Nachbarschaft zueinander produzieren
lassen. Damit würden die seit Jahren
inakzeptablen Arbeitsbedingungen der
Mitarbeitenden unserer Städtischen
Bühnen schnellstmöglich verbessert
und eine sukzessive Verschränkung
des Produzierens in den Häusern und
den Freien Künsten möglich. Wir
regen außerdem an, das Land Hessen
bei der Finanzierung dieser
innovativen Aufgabe in die Pflicht
zu nehmen. Es kann dadurch die Stadt
entlasten und so die Leistung der
Frankfurter Theaterkultur für das
gesamte Bundesland auch finanziell
anerkennen.
Die Initiative Zukunft Bühnen
Frankfurt meint: Theater und Oper
sind ein Luxus, den wir uns leisten
sollten. Aber: Wenn die Bauvorhaben
ohnehin sehr teuer werden, dann
brauchen wir im Zentrum dieser Stadt
eine zukunftsfähige, innovative
Lösung und nicht die bloße
Fortschreibung bürgerlicher
Repräsentationsformen aus dem
vergangenen Jahrhundert!
Alfons Maria Arns, Maren Harnack,
Hanns-Christoph Koch, Nikolaus
Müller-Schöll, Philipp Oswalt
für
die Initiative Zukunft Bühnen
Frankfurt, 3. März 2023
Zum Hintergrund: Am
Donnerstag, den 23. Februar stellte
die Frankfurter Kulturdezernentin
Ina Hartwig eine neue Studien der
Stabsstelle Zukunft der städtischen
Bühnen vor und plädierte für die
Realisierung des Neubaus der Bühnen
als "Spiegelvariante". Diese geht
von dem Totalabriss der bestehenden,
teilweise unter Denkmalschutz
stehenden Doppelanlage aus und
benötigt zudem einen neuen Bauplatz
im ebenfalls denkmalgeschützten
Grünzug der Wallanlage.
neue-buehnen-frankfurt.de/aktuelles
Auf der website
http://zukunft-buehnen-frankfurt.de
wird demnächst eine detaillierte
Kritik an der vorgestellten Studie
veröffentlicht.
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Initiative Zukunft Städtische
Bühnen Frankfurt
Alfons Maria Arns
(Freier Kulturhistoriker), Helene
Bihlmaier (Bauhausuniversität
Weimar), Prof. Dr. Maren Harnack
(Frankfurt University of Applied
Science), Hanns-Christoph Koch
(Deutscher Werkbund Hessen), Dr.
Sascha Köhl (Universität Mainz),
Martina Metzner (freie Journalistin,
abaut), Prof. Dr. Nikolaus
Müller-Schöll (Goethe-Universität
Frankfurt am Main), Prof. Dr.
Philipp Oswalt (Universität Kassel)
und Anna Ranches (Bureau Mitte)
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