Der vorliegende Band ist rein
wissenschaftlicher Natur und eignet
sich nicht als Lesestoff oder
Lektüre, um etwas zum Thema Prosodie
und Konstruktionsgrammatik zu
erfahren. Davon kann ich nur
abraten. Vielmehr dient die
Publikation dem wissenschaftlichen
Diskurs, der in regelmäßigen
zeitlichen Abständen nach
Erweiterungen in einem bestimmten
Forschungsgebiet verlangt. Dennoch
erscheint mir die Thematik
interessant genug, um über sie zu
berichten, da verschiedene
Mischthemen zur Geltung gelangen,
die einerseits mit sprachlichen
Ausdrucksmitteln zu tun haben,
andererseits aber auch in
Interaktion gehen, um eine Sache
durch ihren Klang dingfest und
dadurch verständlicher zu machen. Es
entsteht ein eigenständiges
Ausdruckssystem, das in der Lage ist
Situationen der Realität unmittelbar
widerzuspiegeln.
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Die Konstruktionsgrammatik wird
in den meisten Ausprägungen als
gebrauchsbasiertes Grammatikmodell
verstanden. Bestandteil des
mündlichen Sprachgebrauchs sind
immer auch prosodische
Gestaltungsmittel. Der Bereich der
Prosodie wird in
konstruktionsgrammatischen
Untersuchungen aber bisher immer nur
als zweitrangig behandelt. An dieser
Forschungslücke setzt der
vorliegende Sammelband an: Es wird
die Frage gestellt, inwieweit
prosodische Charakteristika als mehr
oder weniger stabile Merkmale
sprachlicher Konstruktionen
aufgefasst werden. Prosodie ist die
Gesamtheit derjenigen lautlichen
Eigenschaften der Sprache, die nicht
an den Laut oder ein Phonem gebunden
sind, sondern von umfassenderen
lautlichen Einheiten gehalten
werden. Dazu zählen Intonation und
Satzmelodie, Tempo, Rhythmus und
Pausen beim Sprechen.
Die Beiträge des Sammelbandes
vereint das Interesse, Möglichkeiten
einer konstruktionsgrammatischen
Modellierung von Ergebnissen
linguistischer Untersuchungen
auszuloten, die nur oder auch auf
die Ebene der Prosodie abzielen.
zu finden in Google books...
Die
linguistisch motivierte
Prosodieforschung weist eine lange
Forschungstradition auf. Im
breiteren sprachwissenschaftlichen
Diskurs wird der Prosodie allerdings
nach wie vor eine eher periphere
Rolle zumeist als paraverbale
Erscheinung zugeschrieben. Die
Prosodie wird häufig als eine Art
Zusatz oder Begriffsetymologie in
der Form als als ,Zugesang'
begriffen; also etwas, das erst im
Äußerungsakt zum verbalen Ausdruck
hinzutritt, aber nicht Bestandteil
der Sprache oder Grammatik selbst
ist. Wozu im weitesten Sinne auch
die Musikalität zählen dürfte.
Eine solche Position findet sich
explizit ausformuliert in den
Arbeiten von Dwight Bolinger, auf den
sich der vorliegende Text mehrmals
bezieht. Er spricht sich generell
dafür aus, prosodische bzw. im
Speziellen intonatorische
Ausdrucksmittel als nicht-sprachlich
zu betrachten. Hintergrund dieser
Position ist die Ansicht, dass
Form-Funktions-Zusammenhänge im
Bereich der Intonation und damit
symptomhaft seien. Diese Auffassung
ist bei Bolinger aber nicht
verbunden mit einer Marginalisierung
der Prosodie. Ganz im Gegenteil
scheint er mit seiner Argumentation
auf die Herausstellung einer
Andersartigkeit prosodischer im
Vergleich zu sprachlichen bzw.
grammatischen Ausdrucksmitteln
abzuzielen. Die Prosodie wird also
nicht als ein rein symptomhaftes,
affektives, sondern als ein
konventionalisiertes Ausdruckssystem
verstanden, das nicht in den Diensten der Grammatik
steht, wie es beispielsweise
generative Ansätze postulieren. Die Prosodie erfüllt damit
auch primär interaktionale
Funktionen. Im Gegensatz dazu findet
sich in der Literatur aber auch die
Position, dass prosodische Mittel
selbst als Teil der Grammatik
aufzufassen sind. Dies betrifft
zumeist vorrangig den Bereich der
Intonation.
Prosodie und
Konstruktionsgrammatik
Empirische Linguistik, Band 12
Herausgegeben von Wolfgang Imo und
Jens Philipp Lanwer
Erschienen bei De Gruyter, Berlin
1. Auflage, 2022
Sprache: Deutsch
Broschierte Ausgabe, 286 Seiten
Format: 15.6 x 23,5 x 1,5 cm
ISBN: 978-3110777413
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