New Glarus in
Wisconsin wurde 1845 von Schweizer
Siedlern gegründet und entwickelte
sich von einem Milchbauern- und
Käseproduktionsdorf zu einem
beliebten Touristenziel. Nach einem
schweren wirtschaftlichen Abschwung
in den 1960er und 1970er Jahren
entdeckte die Gemeinde, dass sie das
Image ihres kulturellen Erbes,
insbesondere traditioneller
architektonischer Details, als
Überlebensmöglichkeit annahm.
Infolgedessen begannen sie, die
Fassaden ihrer Geschäftshäuser zu
verändern, um noch schweizerischer
zu wirken. Seit 1999 hat die Stadt
sogar die Produktion von Neubauten
über ihre Bauvorschriften reguliert,
um diese besondere Ästhetik zu
bewahren, die an den bekannten
traditionellen Schweizer Chalet-Stil
erinnert.
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Swissness Applied untersucht die
Transformation europäischer
Einwandererstädte in den Vereinigten
Staaten am Beispiel von New Glarus.
Es enthält die Ergebnisse
umfangreicher Feldstudien zu
Gebäuden im Dorf sowie
Entwurfsprojektionen auf der
Grundlage der örtlichen Bauordnung
und wertet die Ergebnisse anhand
verschiedener Darstellungstechniken
aus. Fachautoren wie Courtney
Coffman, Kurt Forster, Whitney Moon,
Philip Ursprung oder Jesús Vassallo
steuern Essays bei, die Aspekte wie
die Rolle kultureller Bildwelten und
Einwanderungsgeschichte in der
Architektur und insbesondere
Swissness als Kulturkonzept
aufgreifen.
Beiträge von Courtney Coffman, Kurt
Forster, Jonathan Louie, Nicole
McIntosh, Whitney Moon, Philip
Ursprung, Jesús Vassallo. Mit einem
Gespräch mit Patrick Lambertz und
einem Vorwort von Marc Angélil und
Cary Siress.
Einblicke ins Buch...
Nicole McIntosh und Jonathan Louie
sind die Mitbegründer des
schweizerisch-amerikanischen Büros
Architecture Office. Sie sind
Kuratoren und Gestalter der
Ausstellung Swissness Applied, die
an der University of
Wisconsin-Milwaukee (2019), im
Kunsthaus Glarus (2019) und in der
Yale Architecture Gallery (2020) zu
sehen war und weitere Stationen
geplant sind.
Swissness applied –
Learning from new Glarus
Hrsg. Nicole McIntosh und Jonathan
Louie
Verlag: Park Books, Zürich
Erste Auflage, 2021
Text in English
Gestaltung: Luis Vassallo
Fotografie: Marjeta Morinc
272 Seiten, 250 farbige und 30 s/w
Illustrationen
Format: 23 x 30 cm
ISBN: 978-3-03860-244-6
Jurybegründung:
Schon der Subtitel „Learning from
New Glarus“ erzeugt eine spontane
Assoziation: Die vorliegende
Publikation bezieht sich auf das
inzwischen legendäre Buch „Learning
from Las Vegas - Zur Ikonographie
und Architektursymbolik einer
Geschäftsstadt“ von Denise
Scott-Brown und Robert Venturi,
erschienen 1978.
So täuscht dieser Eindruck auch
nicht - handelt es sich doch bei dem
diesem Buch um einen
Ausstellungskatalog, der die im
Rahmen einer umfassenden
Recherchearbeit gewonnenen
Erkenntnisse auf unglaublich schöne,
klare, einfache und delikate Weise
aufbereitet und festhält.
„Swissness Applied, Learning from
New Glarus“ überzeugt durch seinen
sensiblen und kreativen Umgang in
Bezug auf das behandelte Thema.
Einband und Innenteil sind in einem
offenen, gebrochen weißen Papier
gehalten und bilden einen sinnlichen
Kontrast zum grafisch-typografischen
Covermotiv. So zeigt sich z.B. nach
dem Aufschlagen eine Bindung in
Schweizer Broschur. Der Buchblock
ist in roter Gaze gefasst. Diese
formelle Anlehnung an das
„Heimaterbe“ wird von einem
reduziert grafischen Index der
Projekte, die später in der
Publikation referenziert werden, auf
der gegenüberliegenden
Coverinnenseite kontrastiert.
Es werden in strenger, formal
festgelegter Weise die Typologien
dokumentiert. In bester Hilla und
Bernd Becher Manier werden
beispielsweise die Häuser
einheitlich bei bedecktem Himmel
fotografiert. Alle Modelle wurden
aus dem gleichen Material gebaut und
in einem einheitlichen
fotografischen Duktus im Studio
aufgenommen. Die
Architekturzeichnungen könnten
reduzierter nicht sein. Alle
Darstellungen folgen demselben
Muster. Nichts lenkt ab, keine
unwichtigen Details - nur die Typen
soll man unterscheiden können. Nur
auf diese Weise kann es gelingen und
nur so entsteht ein „Bild“ bei uns
Betrachter/innen.
Gleichzeitig gelingt es dem Katalog
auf wunderbare Weise, sich von einem
von Wissenschaftler/innen für
Wissenschaftler/innen geschriebenen
Ausstellungskatalog abzuheben. Mit
den grafisch wunderbaren Bastelbögen
möchte man ja fast sofort zu Schere
und Klebstoff greifen und seinem
Spieltrieb freien Lauf lassen. So
wird anhand der vorliegenden
Publikation mehr als deutlich,
welches Potential gedruckte Bücher
heute noch haben können.
Brigida Gonález und Anna Kraus