Energie wird in
Deutschland nach wie vor auch aus
Braunkohle gewonnen. Dafür müssen
Menschen ihre Heimat verlassen und
Dörfer müssen weichen, weil unter
ihnen der begehrte Rohstoff liegt.
Der Fotograf und Dokumentarfilmer
Yannick Rouault begleitet diesen
unwirklichen Prozess am Beispiel des
Dorfs Manheim nahe dem Tagebau
Hambach bei Köln. Seine Fotos und
Exponate werfen vielschichtige
Fragen über unser Verhältnis zur
Energie auf, die mit der
Energiewende und dem Klimawandel
hochaktuell sind.
Vernissage: Dienstag, 28.
Februar 2023. Ausstellung: bis 14.
April 2023
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Grundschule,
November 2018. Bild: Yannick
Rouault |
Wer aus dem Gebiet des Rheinischen
Reviers stammt, für den sind die
großen Landschaftswunden des
Tagebaus ein gewohntes Bild. In
großen Mengen wird hier abgebaut,
was seit Mitte des 19. Jahrhunderts
zur Wärme- und später zur
Elektrizitätserzeugung genutzt wird.
Die Braunkohle der Kölner Bucht ist
seither einer der wichtigen
Energielieferanten für die Region
und darüber hinaus. Für den Tagebau
allerdings mussten und müssen immer
wieder Zugstrecken, Autobahnen und
sogar Flussläufe verlegt werden. In
der Landschaft entstehen immense
Spuren und Wunden. Die Menschen, die
auf den Braunkohlevorkommen wohnen,
werden umgesiedelt – allein im
Rheinischen Revier waren es bisher
über 40.000, die ihre Heimat
verlassen und eine neue finden
mussten. Mehr noch beginnt bereits
in der Zeit davor die Verödung
ganzer Dörfer und Landstriche. Nur
wenige harren bis zum Schluss aus.
So entstehen unwirkliche Szenerien,
die teils über Jahrzehnte hinweg vom
drohenden Abriss, dem Verfall und
gleichzeitig dem enormen Mut
gegenüber den großen
Energiekonzernen erzählen.
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St. Albanus
und Leonhardus, August 2020.
Bild: Yannick Rouault |
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Der Münchner Fotograf und
Dokumentarfilmer Yannick Rouault
blieb bei seinen ersten Fahrten
durch das Revier im Jahr 2014
sprachlos zurück. Intuitiv spürte
er, dass es hier nicht bloß um den
Themenkomplex von Dorfumsiedelungen
für den Braunkohleabbau geht,
sondern vielerlei Fragen entstehen,
deren Beantwortung nicht einfach
sein wird. Deshalb entschied er sich
für eine Langzeitdokumentation über
das Dorf Manheim und die damit
verbundenen Begleiterscheinungen.
Seither entsteht eine Serie, die
weniger eine
Vorher-Nachher-Darstellung ist,
sondern das Sterben des Dorfs in
poetischen und emotionalen
Fotografien wiedergibt. Alle
Fotografien sind mit analogen
Kleinbildkameras und 800-ASA-Filmen
entstanden. Die somit erzeugte
Grobkörnung durchbricht die
technische Perfektion heutiger
Fotografien und ermöglicht eine
haptisch spürbare Lesart.
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Esperantostraße 28, Juli
2018. Bild: Yannick Rouault |
Die Ausstellung „Manheim – ein Dorf
verschwindet“ zeigt eine Auswahl aus
den mittlerweile über 1.000
Fotografien dieser Serie. Die
jüngsten Aufnahmen sind erst vor
wenigen Wochen entstanden und geben
einen aktuellen Einblick in die
Szenerie von Manheim. Mit seinen
Fotografien öffnet Yannick Rouault
zahlreiche Themenfelder, die vor dem
Hintergrund des Klimawandels und der
aktuellen Transformation des
Energiesektors wichtige Fragen
aufwerfen. Die Besucher erhalten die
Möglichkeit, mit ihren eigenen
Fragen und Kommentaren die
Ausstellung zu komplettieren.
Das Dorf Kerpen-Manheim liegt etwa
25 Kilometer westlich von Köln.
Bereits Ende der 1970er-Jahre wurde
festgelegt, dass der Ort in ferner
Zukunft dem Tagebau Hambach weichen
sollte. Die bergbauliche
Inanspruchnahme war für 2022
vorgesehen, die Umsiedlung der rund
1.700 Einwohner begann 2012, erste
Abrissarbeiten erfolgten 2016.
Internationale Bekanntheit erlangte
Manheim durch das nahegelegene
Reststück des Hambacher Walds, in
dem 2018 die Räumung der
WaldbesetzerInnen stattfand. Östlich
von Manheim befindet sich außerdem
die Kartbahn Erftlandring, auf der
die Rennsportkarriere der Brüder
Michael und Ralf Schumacher begann.
Die in der Ausstellung gezeigten
Bilder können erworben werden.
Vernissage: Dienstag, 28.
Februar 2023, Einlass ab 18 Uhr
Um bei der Ausstellungseröffnung das
Abstandhalten zu ermöglichen, wird
das Get-together möglichst im
Außenraum stattfinden. Die
Vernissage erfolgt unter Einhaltung
der geltenden Corona-Verordnung der
Landesregierung.
Gruppenführungen: 11. März
2023, 14 bis 16 Uhr und 8. April
2023, 14 bis 16 Uhr
Der digitale Raumplausch: 11. April
2023, 18 Uhr, YouTube-Channel des
Raumjournalisten (der Link dorthin
wird noch bekannt gegeben)
Lange Nacht der Museen: 25.
März 2023, 18 bis 1 Uhr
Ausstellung: bis 14. April
2023
Ort: Die Raumgalerie,
Ludwigstraße 73, 70176 Stuttgart
Öffnungszeiten:
Bildrechte und Meldung:
Der Raumjournalist, Die Raumgalerie,
Stuttgart
www.derraumjournalist.net/2023/manheim-yannick-rouault/