Warum vorsichtige Geschäftsführer
rechtzeitig vermögenslos werden –
Häufig besteht keinerlei
Vermögensschutz durch Rechtsform
einer Mittelstands-GmbH.
In der Praxis
haben sich lediglich weniger als 20
Prozent der Mittelständler dafür
entschieden, das Privatvermögen
durch Zwischenschaltung einer GmbH
vor den betrieblichen Risiken
abzuschotten. Kommt es jedoch zu
einer Konkurssituation stellen bis
zu mehr als 90 Prozent der
Geschäftsleiter den
Insolvenzantrag für die GmbH zu
spät: Was an Controlling und
Risikomanagement gesetzlich geboten
war, wird diesen dann in einer
Anklageschrift durch die
Staatsanwaltschaft kurz erklärt.
Dann wird der Insolvenzverwalter zur
Anfechtung greifen und
Schadensersatz einfordern; womit das
gesamte Privatvermögen wiederum im
Feuer steht. Sind Sozialabgaben oder
Steuern im Rückstand, wird der Staat
ebenfalls auf das Privatvermögen des
Geschäftsführers per
Haftungsbescheid zugreifen.
Zugriff des Insolvenzverwalters auf
das Vermögen zur betrieblichen
Altersversorgung
Die Mehrheit
der Geschäftsführer verläßt sich bei
der Frage das Insolvenzschutzes
ihrer betrieblichen Altersversorgung
(bAV) auf Werbeaussagen von
Bankberatern und
Versicherungsvermittlern – später
erfahren viele, daß der
Insolvenzverwalter das Vermögen zur
Masse zieht, womit es verloren geht.
Nicht selten kommt es zur privaten
Folgeinsolvenz des Geschäftsleiters
– etwa wegen Anfechtungen,
Haftungsbescheiden, Bürgschaften
oder Strafverfahren. Auch dann ist
das Vermögen zur bAV regelmäßig
verloren, selbst wenn es gegen die
Insolvenz der GmbH noch gesichert
war. Wirtschaftsverbände machen um
dieses Thema einen größeren Bogen.
Keine
Vermögensrettung durch rechtzeitiges
Insolvenzverfahren –
Nachtragsverwaltung droht
Der
Bundesgerichtshof (BGH, Beschluß vom
20.12.2018, Az. IX ZB 8/17)
entscheid u.a. „Ansprüche des
Schuldners auf die Todesfall- oder
Erlebensfallleistung aus einer für
die betriebliche Altersversorgung
durch den Arbeitgeber
abgeschlossenen Direktversicherung
unterliegen der Nachtragsverwaltung,
soweit die Ansprüche in die
Insolvenzmasse fallen“ und: „Bei
einer Lebensversicherung gehören
Ansprüche auf die
Versicherungsleistung im
Versicherungsfall, die dem Schuldner
als Versicherungsnehmer oder
aufgrund eines unwiderruflichen
Bezugsrechts zustehen, bereits vor
Eintritt des Versicherungsfalls zur
Insolvenzmasse.“. Faktisch ist das
bAV-Vermögen nur bis zum
Versicherungsfall, etwa der
Auszahlungsreife im Rentenalter,
zeitweise unpfändbar (§ 2 II S.4
BetrAVG) – danach unterliegt es der
Nachtragsverwaltung und kommt
Gläubigern und Insolvenzverwalter
zugute. Handelt es sich um einen
geschäftsführenden Gesellschafter (GGF),
ist das BetrAVG gar nicht erst
anwendbar: Beim widerruflichen
Bezugsrecht fällt die
GGF-Direktversicherung sogleich in
die Masse.
Gestaltungskünstler empfehlen
Bezugsrecht für eine dritte Person
Wird bei
drohender Privatinsolvenz des
Geschäftsführers das Bezugsrecht für
die bAV auf eine dritte Person
übertragen, wird dadurch dem
Geschäftsführer verdienter Lohn
entzogen – womit potentielle
Strafbarkeit bei Vorenthaltung im
Raum stehen kann, § 266a StGB. Die
GmbH macht sich
schadensersatzpflichtig; und dieser
Rechtsanspruch wäre in der
Privatinsolvenz häufig auch durch
den Konkursverwalter pfändbar. Das
Finanzamt wird in geeigneten Fällen
die Frage „faktisch doppelter“
Besteuerung durch verdeckte
Gewinnausschüttung stellen. Die
Zuwendung an einen Dritten kann zum
Vorwurf der Untreue führen;
einschließlich privater Haftung der
handelnden Personen aus unerlaubter
Handlung. Ohne passende Verträge mit
erhoffter Rechtssicherheit werden
sich solche Verfügungen bzw.
Zuwendungen nicht halbwegs gesichert
umsetzen lassen. Bei drohender
Privatinsolvenz das Bezugsrecht für
die bAV einem Dritten einzuräumen
führt fast immer zur Anfechtbarkeit.
Zudem braucht es eine sorgfältige
Gestaltung – schließlich wäre eine
schlichte Schenkung zusätzlich als
solche zu versteuern; wobei Schenker
und Begünstigter dafür haften. Daran
schließt sich dann noch die Frage
an, ob solche Schenkungen schon bei
(ggf. unwiderruflicher) Begünstigung
oder erst bei Fälligkeit der
bAV-Leistung steuerlich anzuzeigen
sind? Sogenannte sportliche
Gestaltungen zur Vorsorge für den
Fall der Insolvenz müssen jedenfalls
noch in guten Tagen geplant und
umgesetzt werden. Die Vermögenswerte
müssen stets rechtzeitig und so früh
als möglich übertragen werden, damit
das Risiko nicht zu hoch wird, bei
einer Privatinsolvenz alles zu
verlieren. Anderenfalls war es – im
Nachhinein - offenbar nicht
rechtzeitig. Der Begünstigte dafür
könnte beispielsweise ein
ausländischer Versicherer oder eine
Kapitalgesellschaft mit gesetzlichem
Vollstreckungsschutz sein. Gerne
auch eine unwiderruflich
bezugsberechtigte Treuhandstiftung,
die den Zweck hat, das Geld später
jemandem zuzuwenden, wie es dann
erst passt, und zu einem wählbaren
Zeitpunkt?
Das
Risiko durch falsche
bAV-Vertragspartner und
Do-it-yourself-Lösungen
Die meisten
Betroffenen werden es indes doch
selbst versuchen - auch daran
erinnern sich dann aber viele, von
wem sie die Idee hatten, sobald es
schief gegangen ist. Das Ergebnis
ähnlicher Versuche mit
Elektrik-Trick kann dann im
Elektropathologischen Museum des Dr.
Jellinek im Wiener Narrenturm
besichtigt werden. Reparaturarbeiten
kosten häufig bis zu mehr als das
Zehnfache an Aufwand, im Vergleich
zu guter Gestaltung von Anfang an.
Die Einbindung eines
Lebensversicherers stellt an sich
schon ein großes Risiko dar, weil
der seine eigenen Ansichten haben
kann, wem das Geld zusteht, und jede
Steigerung von Komplexität alles nur
fehleranfälliger macht. Dann stellen
Betroffene fest, daß sie im Konkurs-
oder Leistungsfall noch eine
Kriegskasse benötigen und
hinreichende Geduld. Schließlich
kommt es zu folgender Erfahrung: „Es
hilft nichts, das Recht auf seiner
Seite zu haben. Man muss auch mit
der Justiz rechnen“ (Dieter
Hildebrandt) Im Gegensatz dazu
glauben viele, dass mehr Sicherheit
und das Gewünschte durch mehr
Komplexität zu erreichen wäre. Was
vor allem teuer ist.
Widerruf durch Arbeitgeber oder
Insolvenzverwalter vernichtet alle
Ansprüche
Eventuelle
Begünstigungen und sogar die
Übertragung der
Versicherungsnehmereigenschaft einer
Direktversicherung oder sonstigen
Lebensversicherung zur betrieblichen
Altersversorgung vom Arbeitgeber auf
den Versicherten sind letztlich auch
nicht sicher werthaltig. Denn wie
der Bundesgerichtshof entschieden
hat (Beschlüsse vom 23.02.2022 - IV
ZR 150/20 und vom 04.05.2022 - IV ZR
201/20), wird ein nach
EuGH-Rechtsprechung ggf. unbegrenzt
weiter bestehendes Widerrufsrecht
auch bei Übertragung einer
Lebensversicherung vom Arbeitgeber
auf den Versicherten als neuen
Versicherungsnehmer niemals mit
übertragen, sondern verbleibt beim
Arbeitgeber. Damit nicht etwa der
Arbeitnehmer widerrufen kann und so
den Zweck der Altersversorgung
gefährdet. Widerrufen kann indes nun
der Arbeitgeber oder dessen
Insolvenzverwalter noch, damit er
die kompletten gezahlten Prämien
ohne enthaltene Risikokosten und
zzgl. aller Nutzungen erhält, etwa
zur Erhöhung der Insolvenzmasse.
Damit ist dann der
Lebensversicherungsvertrag ab Beginn
vernichtet, mithin auch alle
Begünstigungen. Eventuelle Ansprüche
aus der Versorgungszusage können
dann wie bei jedem
Insolvenzgläubiger zur
Insolvenzquote im allenfalls unteren
Prozentbereich angemeldet werden.
Profi-Berater empfehlen kurze
Auslands-Insolvenz – mit später
überraschend langer Freiheitsstrafe
Ein bekannter
Tennis-Star bevorzugte eine
Privatinsolvenz in England; diese
endet mit einer Verurteilung zu über
zwei Jahren wegen
Insolvenzverschleppung des
mehrfachen Grand-Slam- Siegers. Die
Auslandsinsolvenz führt sowieso
nicht zum Ziel, wenn der flüchtige
Schuldner sich zu häufig im Inland –
etwa bei seiner Familie – aufhält
(Art.26 EuInsVO, ordre public; z.B.
AG Nürnberg, Beschluß vom
15.08.2006, Az. 8004 IN 1326 -
1331/06). Der Star war jedenfalls
willkommen und hat sich gut
eingelebt. Über dem Eingangstor
stand „Welcome to Her Majesties
Prison“!
*von Dr.
Johannes Fiala, PhD, RA, MBA
Finanzdienstleistungen (Univ.), MM
(Univ.), Geprüfter Finanz-und
Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann
(www.fiala.de) und Dipl.-Math. Peter
A. Schramm, Sachverständiger für
Versicherungsmathematik, Aktuar DAV,
öffentlich bestellt und vereidigt
von der IHK Frankfurt am Main für
Versicherungsmathematik in der
privaten Krankenversicherung (www.pkv-gutachter.de
).