Kolumne

Europa wird auf die Probe gestellt

"Dies ist nicht nur ein Krieg Russlands gegen die Ukraine. Dies ist ein Krieg gegen unsere Energieversorgung, ein Krieg gegen unsere Wirtschaft, ein Krieg gegen unsere Werte und ein Krieg gegen unsere Zukunft. Hier kämpft Autokratie gegen Demokratie. Und ich bin fest davon überzeugt, dass wir Putin mit Mut und Solidarität zum Scheitern bringen werden und Europa am Ende die Oberhand gewinnt."
 

 

 

EU-Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen und Präsident der Ukraine Volodymyr Zelensky, am 15. September 2022 in  Kyiv in der Ukraine, Photo (c) Dati Bendo

Die Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen, bekräftige erneut die Solidarität Europas mit der Ukraine und kündigte an, noch am 14. September nach Kiew zu reisen und mit Präsident Selenskyj zusammenzutreffen. Dort wolle sie über eine engere Anbindung der Ukraine an den europäischen Markt beraten: "Aufbauend auf dem schon Erreichten wird die Kommission mit der Ukraine darauf hinarbeiten, einen nahtlosen Zugang zum Binnenmarkt zu gewähren. Und umgekehrt. Unser Binnenmarkt ist eine der größten Erfolgsgeschichten Europas. Nun ist es an der Zeit, ihn auch für unsere ukrainischen Freundinnen und Freunde zu einer Erfolgsgeschichte zu machen."

Auch mit der First Lady der Ukraine, Olena Selenska, die bei der Rede im Europäischen Parlament in Straßburg zu Gast war, wird die Kommissionspräsidentin zusammenarbeiten. Um den Wiederaufbau beschädigter ukrainischer Schulen zu unterstützen, werde die Kommission 100 Millionen Euro bereitstellen, so von der Leyen.

An Olena Selensky gerichtet sagte die Kommissionspräsidentin: "Die Ukraine ist stark, weil Menschen wie Ihr Mann, Präsident Selenskyj, in Kiew geblieben sind, um den Widerstand anzuführen - und Sie liebe First Lady sind mit Ihren Kindern an seiner Seite geblieben. Sie haben der gesamten Nation Mut gegeben. Und wir haben in den vergangenen Tagen gesehen, was die Tapferkeit der Ukrainerinnen und Ukrainer alles bewirken kann."

Unabhängigkeit von russischer Energie und Notfallmaßnahme auf den europäischen Energiemärkten

Die Kommissionspräsidentin bekräftigte das entschlossene Handeln der EU in ihrem Kurs gegenüber Russland: "Ich möchte keinen Zweifel daran lassen, dass die Sanktionen von Dauer sein werden. Das ist die Zeit für Entschlossenheit, nicht für Beschwichtigungen." Um sich aus der Energieabhängigkeit von Russland zu befreien, hat Europa bereits viel erreicht. Die Gasspeicher sind zu 84 Prozent gefüllt, die Gasimporte aus Russland von 40 Prozent auf 9 Prozent zurückgegangen. Das werde allerdings nicht ausreichen, so die Kommissionspräsidentin: "Russland manipuliert unseren Energiemarkt weiterhin. Es fackelt Gas lieber ab anstatt es zu liefern. Dieser Markt funktioniert nicht mehr. Zusätzlich dazu verursacht die Klimakrise hohe Kosten. Hitzewellen haben die Stromnachfrage in die Höhe getrieben. Extreme Trockenheit führte zur Abschaltung von Wasser- und Kernkraftwerken."

Die Kommission schlage deshalb Maßnahmen vor, mit denen die Mitgliedstaaten ihren Stromverbrauch insgesamt senken können, so von der Leyen. Darüber hinaus sei weitere Unterstützung nötig: "Deshalb schlagen wir eine Obergrenze für die Einnahmen von Unternehmen vor, die Strom zu niedrigen Kosten erzeugen. Diese Unternehmen machen Gewinne, mit denen sie selbst in ihren kühnsten Träumen nie gerechnet hätten. In unserer sozialen Marktwirtschaft sind Gewinne gut. In Zeiten wie diesen ist es jedoch schwierig, aufgrund des Krieges und auf dem Rücken der Verbraucher Übergewinne zu erzielen. In Zeiten wie diesen müssen Gewinne geteilt und an die Bedürftigsten umgeleitet werden. Unser Vorschlag wird mehr als 140 Milliarden. Euro für die Mitgliedstaaten bringen, um die Not unmittelbar abzufedern", erklärte von der Leyen.

Der fossilen Brennstoffindustrie komme ebenfalls eine besondere Pflicht zu, so von der Leyen weiter: "Auch große Öl-, Gas- und Kohleunternehmen erzielen enorme Gewinne. Sie müssen also ihren gerechten Beitrag leisten - sie müssen eine Krisenabgabe leisten. All diese Maßnahmen sind Notmaßnahmen und vorübergehend, auch unsere Diskussionen über Preisobergrenzen."

Als weiteren Schritt kündigte die Kommissionspräsidentin an, im Oktober den befristeten Rahmen für staatliche Beihilfen zu ändern, um staatliche Garantien zu ermöglichen und gleichzeitig gleiche Wettbewerbsbedingungen zu wahren. Von der Leyen sagte weiter: "Die derzeitige Ausgestaltung des Elektrizitätsmarkts - die auf dem Merit-Order-Prinzip beruht - wird den Interessen der Verbraucherinnen und Verbraucher nicht länger gerecht. Diese sollten die Vorteile der kostengünstigen erneuerbaren Energien nutzen können. Wir müssen deshalb den Strom- vom dominanten Gaspreis entkoppeln. Aus diesem Grund werden wir den Elektrizitätsmarkt einer tiefen und umfassenden Reform unterziehen."

 

Gründung einer Europäischen Wasserstoffbank

 

Um die Transformation der Energieversorgung voranzubringen, kündigte die Kommissionspräsidentin die Gründung einer Europäischen Wasserstoffbank an: "Sie wird dafür sorgen, dass wir Wasserstoff ankaufen können, insbesondere durch die Verwendung von Mitteln aus dem Innovationsfonds. Sie wird in der Lage sein, 3 Milliarden Euro in den Aufbau des künftigen Marktes für Wasserstoff zu investieren.Darauf werden wir die Wirtschaft von morgen aufbauen. Genau das ist unser europäischer Green Deal."

Alle hätten in den vergangenen Monaten gesehen, wie wichtig der europäische Green Deal sei: "Der Sommer 2022 wird uns im Gedächtnis bleiben. Wir alle haben die ausgetrockneten Flüsse, die Waldbrände und die Hitzewelle gesehen. In diesem Sommer haben wir Flugzeuge aus Griechenland, Schweden und Italien zur Bekämpfung von Bränden nach Frankreich und Deutschland geschickt. Da die Katastrophen jedoch immer häufiger und immer intensiver über uns hereinbrechen, braucht Europa mehr Kapazitäten. Deshalb darf ich heute verkünden, dass wir unsere Brandbekämpfungskapazitäten im nächsten Jahr verdoppeln werden. Die Europäische Union wird ihre Flotte um zehn leichte Löschflugzeuge und drei zusätzliche Hubschrauber erweitern.Das ist gelebte europäische Solidarität."

Meldung:  Europäische Kommission in Deutschland, Berlin

 

 

   

Kulturexpress ISSN 1862-1996

 vom 14. September 2022