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Das klingt etwas
abgehoben, wenn von gefährdeter
Raumkunst die Rede ist, so als ginge
es um eine seltene Tierart, die kurz
vor dem Aussterben steht. Hier
werden pulsierendes kulturelles
Leben und das reine Objekt
nebeneinander gestellt und als
gefährdet bezeichnet. Noch
gravierender ist, wenn über
scheinbare Verlustängste nachgedacht
werden soll. Wobei über
Ernsthaftigkeit und Glaubwürdigkeit
eines solchen Anliegens wirklich
noch mal nachgedacht werden kann,
angesichts der Anforderungen die in
solchen Krisenzeiten an die
kulturverwöhnte Stadtgesellschaft
gestellt werden. Es handelt sich bei
dem Objekt um eine Menge
Messingblech, welches an Schnüren
befestigt an der Decke hängt,
langsam oxidiert und sonst als
ausgedehnter Staubfänger seinen
Zweck erfüllt. Das Frankfurter
Wolkenfoyer ist letztlich auch nur
das Aufhängsel für eine viel
weitergehende und tiefgreifendere
Diskussion, die mit dem
bevorstehenden Theaterneubau und dem
Recht nach Ausgefüllt sein durch ein
aktuelles und ausgewogenes
Kulturangebot innerhalb der
Frankfurter Innenstadt zu Gunsten
einer aktiven kulturinteressierten
Bevölkerung befasst ist. Der Anteil und
die Zunahme an kulturellen Angeboten
wird mit den Hochhäusern wachsen, um
ausreichend Ausgleich im städtebaulichen
Hochleistungsbetrieb zu finden. 900
Mio. Euro sind in der Kasse, stehen
für Sanierung oder Neubau der
Städtischen Bühnen zur Verfügung. Ob
das viel ist oder nicht, ob der
Betrag letztendlich ausreicht, steht
auf einem anderen Blatt. Vorerst
geht es um eine rege Diskussion
zwischen Erhalt und Neukonzeption.
Dazu sind alle aufgerufen, die etwas
dazu zu sagen haben. Der Vergleich
mit anderen Bühnen in anderen
Städten ist erlaubt oder sogar
erwünscht, denn auch hier stehen
mehrheitlich Sanierungsbedarf und
Erneuerung auf der Speisekarte, wie
das historische Zürcher
Schauspielhaus auf zeitgemäße und
sachgerechte Umgestaltung innerhalb
der städtischen Blockbebauung
wartet. Gerade unter Theaterleuten
gelten Dialog und Aussprache immer
als Schlüsselelement einer
bevorstehenden Aufführung.
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Wolkenfoyer
bei Nacht |
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Dass das Wolkenfoyer erhalten
bleiben soll, steht dabei ganz außer
Frage, der Denkmalschutz ist längst
eingeschaltet und hat seine
bewahrende Hand auf das Objekt
geworfen. Es geht vielmehr darum,
soll neben dem Wolkenfoyer auch das
gesamte Gebäude miterhalten bleiben?
Ein Haus, das jedenfalls stark
renovierungsbedürftig ist. Die
Komplettsanierung würde ebenso hohe
Kosten verursachen wie ein Neubau.
Wobei die Begrifflichkeiten längst
am verschwimmen sind, denn bei
umfänglicher Sanierung des Gebäudes
wird ebenfalls schon wieder von
einem Neubau gesprochen. Warum also
nicht gleich der einzigartige
Entwurf, der die Ansprüche aller
Beteiligten aufnimmt und jeden
verzaubert, der auf einen
ansehnlichen Theaterneubau wartet.
Etwas was den Frankfurtern zusteht,
soviel Emphase sie für das Haus und
mit seinen Bühnen immer übrig gehabt
haben. Die Städtischen Bühnen
Frankfurt haben sowohl international
als auch innerhalb der deutschen
Theaterlandschaft einen guten Ruf
als Kultur prägende Institution zu
verteidigen, was durchaus mit
saisonalen außergewöhnlichen
Highlights im ständig wechselnden
und vielfältigen Programmaufgebot zu
tun hat und eine Bühne die auf individuelle
Persönlichkeiten, die dem Haus
zugetan sind, heroisch aufblicken
kann.
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Buchvorstellung zu Zoltan
Kemenys Frankfurter
Wolkenfoyer, abends am 11.
Juli 2022 in den
Räumlichkeiten des DAM
Interimsgebäudes im
Frankfurter Ostend,
Henschelstraße 18
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Am 11. Juli 2022 fand aus diesem
Anlass eine Buchvorstellung zu
Zoltan Kemenys "Frankfurter
Wolkenfoyer" in den Räumen des DAM
Interimsgebäudes im Frankfurter
Ostend statt. Buchvorstellung mit
Philipp Oswalt, Herausgeber,
Alfons Maria Arns, Autor und
Kulturhistoriker, Astrid Wuttke,
Autorin, Partnerin bei
schneider+schumacher Architekten,
Anna Ranches, Grafikerin mit
einem Statement von Brigitte
Franzen, Direktorin des
Senckenberg Naturmuseums Frankfurt
mit anschließender Diskussion.
Begrüßung sprach Peter Cachola
Schmal, Direktor des Deutschen
Architekturmuseums (DAM). Neben
Herausgeber, seinem Verlag waren
mehrere Beteiligte anwesend, die
über ihre subjektiven Erfahrungen
mit den Frankfurter Städtischen
Bühnen berichteten und teilweise aus
der Erinnerung und aus der Kindheit
erzählten, wie sie das Haus und
seine Umgebung in der Frankfurter
Innenstadt damals erlebt haben.
Dabei kamen viele Standpunkte und
Einsichten zum Vorschein, die das
berechtigte Interesse an den
Räumlichkeiten mit seinen baulichen
Gegebenheiten zwischen Hofstraße und
Taunusanlage bildhaft
verdeutlichten. Unter den
Teilnehmern an der Veranstaltung
waren auch einige derjenigen, die im
Rahmen einer Masterarbeit konkrete
Entwurfsvorschläge zum baulichen
Umgang mit den Städtischen Bühnen
und seinem Gebäudeensemble am
Willy-Brandt-Platz
abgegeben haben. Das sind zum Teil
einfühlsame Untersuchungen, die von
Teilsanierung und teilweise Neubau
ausgehen, also nur die Teile des
Gebäudes sanieren wollen, die
erhaltenswert erscheinen mit dazu
passender Nutzung. Insgesamt ein
komplexes Unterfangen, da die
Architektur der Blockbebauung nicht
gerade einfach gestaltet wurde. Die
Städtischen Bühnen befinden sich auf
einem Carré, das von vier
Straßenzügen umgeben ist, ein
Gelände das Platz für ein ganzes
Hochhaus böte. So befinden sich die
beiden großen Häuser der Städtischen
Bühnen, Theater und Oper Frankfurt,
in einem Gebäude, was jedoch auf
unterschiedlichen Höhen der
Stockwerke konzipiert wurde, was
wiederum nur durch Treppenaufgänge
auf die jeweilige Ebene des anderen
Hauses überwunden werden kann. Das
schränkt natürlich die Möglichkeiten
zu Veränderungen erheblich ein.
Bauliche Besonderheiten benötigen
für gewöhnlich sehr viel Platz, was
auf Kosten der vorhandenen
Raumgrößen gehen dürfte. Die
Wegbarkeiten an sich zwischen Räumen
und Ebenen sollen jedoch
entsprechend der Anforderungen
erhalten bleiben.
Aufbauend
auf neuen Forschungen stellt das
Buch Künstler, Kunstwerk und die
Genese und Rezeption des den
Frankfurtern ans Herz gewachsenen
Werks in Text und Bild vor. Neue
studentische Entwürfe zeigen
unterschiedliche Optionen auf, wie
der Erhalt des vor Kurzem unter
Denkmalschutz gestellten Werkes mit
einer konzeptionellen Revision der
Städtischen Bühnen Hand in Hand
gehen können. Die Raumskulptur von
1963 des Künstlers Zoltán Kemény im
Glasfoyer der Städtischen Bühnen
Frankfurt am Main prägt das Gesicht
des Hauses. Von weit her sichtbar,
kontrastiert das über 100 Meter
lange Kunstwerk in seiner
organischen Dynamik und betonten
Handwerklichkeit mit der Architektur
des Gebäudes.
PDF-Download Inhaltsverzeichnis...
Zoltan Kemenys Frankfurter
Wolkenfoyer
Entstehung und Zukunft einer
gefährdeten Raumkunst
Herausgegeben von Philipp Oswalt
Deutscher Kunstverlag, Berlin/
München
1. Auflage, 2022
150 Seiten mit 105 Abbildungen,
Format: 17 × 24 cm, Gebunden
ISBN: 978-3-422-98825-5
DKV Titel sind über den De Gruyter
Webshop erhältlich
Foto (c)
Kulturexpress