Der Klappentext
umschreibt meiner Meinung umfassend
den Inhalt des umfangreichen
utb-Bandes. Lediglich eine
Beschreibung der einzelnen Beiträge
kann Licht ins Dunkel bringen zu
dem, was sich hinter den Methoden
einer qualitativen Raumforschung
verbergen soll. Einblicke in das
weitergehende Forschungsgebiet
liefert hierzu der mehrere Seiten
umfassende Einführungstext, der zur
vorliegenden Publikation aus dem transcript Verlag herausgegeben
wurde.
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Räume zu erforschen
bedeutet, dem Sprechen über Räume
zuzuhören, die Räume selbst zu
erleben, zeichnerisch zu erfassen
und zu interpretieren. Das
interdisziplinäre Handbuch zu
Methoden der qualitativen
Raumforschung präsentiert ein
breites Spektrum etablierter
Methoden und innovativer
Methodenentwicklung und führt somit
Ansätze der Raumforschung aus der
Soziologie, Architektur,
Stadtforschung und der Geographie
erstmals systematisch zusammen. Auf
diese Weise wird es möglich,
verschiedene Facetten von Räumen zu
erfassen, zu verstehen und
aufeinander zu beziehen. Instruktive
Erläuterungen und konkrete Beispiele
machen die sehr unterschiedlichen
qualitativen Methoden der
Raumforschung
disziplinenübergreifend verständlich
und anwendbar. Den Rahmen bildet
dabei eine Pluralität von
theoretischen und methodologischen
Ansätzen. Ein Schwerpunkt liegt in
visuellen Methoden.
Handbuch qualitative und visuelle
Methoden der Raumforschung (1. Aufl.
2021) Hg. von Anna Juliane Heinrich,
Séverine Marguin, Angela Million u.
Jörg Stollmann
Die Autoren sind der Überzeugung,
dass der Herausforderung nur
interdisziplinär begegnet werden
kann. Nur durch die Kombination
unterschiedlicher Herangehensweisen
kann ein methodisches Set entwickelt
werden, das eine umfassende
empirische Untersuchung der
aktuellen dynamischen Transformation
von Räumen ermöglicht. Der Umfang
der ausgewählten Methoden ist
deshalb so besonders groß, da viele
Instrumente der gestaltungs- und
handlungsorientierten Disziplinen in
die Forschungsarbeit integriert
wurden.
Das erste Kapitel will den Raum an
sich erforschen und damit zugrunde
liegende Raumtheorien angehen. Die
nachfolgenden Kapitel haben
verschiedene Zugänge zu
Erkenntnissen, wie Sprechen
-Erzählen, Beobachten -Erleben,
Zeichnen & Visualisieren sowie Lesen
-Rezipieren. Diese umfassende
Ordnung erlaubt es den Autoren,
verschiedene Disziplinen in die
Arbeit aufzunehmen.
In
einem Dialog spricht die Soziologin
Martina Löw mit zwei der
Herausgeberinnen, der Raumplanerin
Anna Juliane Heinrich und der
Soziologin Séverine Marguin, über
das Verhältnis zwischen Raumtheorie,
Sozialtheorie und
Untersuchungsmethoden. Die drei
Beteiligten definieren die
Verwobenheit und den wechselseitigen
Einfluss zwischen Forschungsdesign,
Forschungsfragen und zugrunde
liegenden raum- sowie
sozial-theoretischen Annahmen. Im
Anschluss folgt der Beitrag der Anthropologen
Ignacio Farias und Julio Paulos über
die Frage des Raums in der
Akteur-Netzwerk-Theorie (ANT). Das
ist eine sozialwissenschaftliche
Schule, die sich ab den 1980er
Jahren im Bereich der Science and
Technology Studies (STS)
entwickelte, um sich von dort aus
auch in anderen Bereichen wie
Architekturforschung und Raumtheorie
auszudehnen.
Im
zweiten Kapitel geht es um die
Methode der Interviews, anhand derer
über das Sprechen und Erzählen
Erkenntnisse über den Raum
produziert werden. Ebenfalls ein
interessantes Thema, da nur so die
Dinge ausgesprochen werden, die
sonst im Verborgenen liegen bleiben
würden. Die Sprache und deren
Artikulation sind die einzige
Möglichkeit, um Missständen in einer
auf ortsbezogenen, räumlich
gestalteten Architektur, um die es
letztlich in einer von Menschen
bewohnten Umwelt geht, auch
nur ansatzweise auf die Spur zu
kommen.
Den Einstieg in die Thematik über
das Beobachten und Erleben machen
die Anthropologin Carolin Genz und
die Kulturanthropologin und
Architektin Aylin Yildirim Tschoepe,
indem sie methodologisch beleuchten,
wie Räume und Raumpraktiken
ethnografisch erforscht werden. Die
räumliche Dimension videografischer
Untersuchungen wird von den
Soziologen Hubert Knoblauch und René
Tuma fokussiert.
Im
vierten Kapitel steht die
Erkenntnisgewinnung durch Zeichnen
und Visualisieren im Vordergrund.
Die Stadtplanerin und Städtebauerin
Angela Million diskutiert die
Anwendung von Mental Maps und
narrativen Landkarten. Diese eignen
sich insbesondere, um in Kombination
mit Leitfadeninterviews subjektives
Raumwissen, Raumwahrnehmungen und
Relevanzzuschreibungen zu erheben.
Der Städtebauer Felix Bentlin widmet
sich der städtebaulichen
Schichtenanalyse, einem Werkzeug der
Entwurfs- und Planungsdisziplinen
für die Analyse von räumlichen
Ordnungsprinzipien der Stadt.
Hierbei legt er besonderen Wert
darauf, die wichtigen Prinzipien der
zeichnerischen Reduktion der
möglichen Untersuchungsgegenstände
und deren Organisation in Schichten
bzw. Ebenen auch für
Nicht-Planerinnen nachvollziehbar zu
machen.
Auf die städtebauliche
Schichtenanalyse aufbauend, kann der
Beitrag der Planungssoziologin Emily
Kelling und der Architektinnen
Dagmar Pelger und Jörg Stollmann zur
Methode des multiskalaren Mappings
gelesen werden. In der Analyse
urbaner Räume werden beim Mapping
auch die sie konstituierenden bzw.
von ihnen konstituierten
Lebensformen erfasst.
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Handbuch qualitative und visuelle
Methoden der Raumforschung
Hrsg. von Anna Juliane Heinrich,
Séverine Marguin, Angela Million u.
Jörg Stollmann
transcript Verlag, Bielefeld
1. Auflage, 2021
Kartoniert, 400 S., 50 farb. Abb.
Format: 23,8 x 16,9 x 3,2 cm
ISBN: 9783825255824
ebook
ISBN: 9783838555829