Seit dem Einmarsch
der russischen Truppen in der
Ukraine Ende Februar sind die
ohnehin hohen Preise für Benzin,
Strom, Gas und Heizöl stark
gestiegen. Auch Lebensmittel wie
Getreide, Fleisch oder Pflanzenöl
werden immer teurer. Die Mehrkosten
für einen durchschnittlichen
deutschen Haushalt belaufen sich
laut Szenario-Berechnungen der
Wirtschaftsprüfungs- und
Beratungsgesellschaft PwC
Deutschland auf Basis von aktuellen
Zahlen des Statistischen Bundesamts
und des ifo-Instituts auf bis zu 242
Euro im Monat.
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Die Verbraucher:innen reagieren auf
Preissteigerungen, indem sie
verstärkt auf Sonderangebote
zurückgreifen (58 Prozent) und
günstigere Eigenmarken wählen (39
Prozent). Gut jede:r Vierte (27
Prozent) geht für bestimmte Produkte
zum Discounter. Fast ebenso viele
(24 Prozent) üben Verzicht - und
kaufen weniger von bestimmten
Produkten, etwa Fleisch und Wurst.
Zu diesen Ergebnissen kommt eine
Befragung von PwC Deutschland in
Kooperation mit dem
Crowdsourcing-Marktforschungsunternehmen
POSpulse, an der 1.001 Personen ab
18 Jahren in Deutschland
teilgenommen haben. Die Umfrage fand
im Januar 2022 statt und somit noch
vor Beginn der russischen Invasion.
Die seitdem beschleunigte Inflation
dürfte die Änderungen des
Konsumverhaltens verstärken.
Einschnitte gehen über Lebensmittel
hinaus
"In der aktuellen Situation schauen
die Verbraucher:innen notgedrungen
wieder verstärkt auf das
Preisschild: Sie greifen zu
Sonderangeboten und günstigen
Eigenmarken, während verzichtbare
Genussmittel und teure
Bio-Lebensmittel vermehrt im Regal
bleiben", kommentiert Dr. Christian
Wulff, Leiter des Geschäftsbereichs
Handel und Konsumgüter bei PwC
Deutschland und EMEA.
Die Auswirkungen des Preisanstiegs
bei Lebensmitteln beeinträchtigen
auch weitere Konsumbereiche, erklärt
Andreas Späne, Partner Retail &
Consumer Practice bei Strategy&, der
globalen Strategieberatung von PwC:
"Haushalte werden zugunsten des
Lebensmittelkaufs an anderen Stellen
sparen und beispielsweise ihre
Ausgaben für Mode, Gastronomie und
Reisen drastisch reduzieren. Somit
drohen diese Marktsegmente einen
möglichen Aufschwung zu verpassen,
der mit der Rücknahme der
Coronamaßnahmen zu erwarten gewesen
wäre."
Mehrkosten für den
durchschnittlichen Haushalt
Laut Statistischem Bundesamt betrug
die Preissteigerung für Lebensmittel
im Februar 2022 bereits über fünf
Prozent gegenüber dem Februar des
Vorjahres. Das ifo-Institut rechnet
damit, dass die Preise für
Lebensmittel 2022 um insgesamt
sieben Prozent im Vergleich zum
Vorjahr zulegen werden. Die
PwC-Expert:innen rechnen dabei mit
deutlich stärken Preissteigerungen
in bestimmten Produktgruppen. Preise
für Fleisch und Fleischwaren könnten
im Worst-Case-Szenario
beispielsweise um bis zu 50 Prozent
steigen, etwa aufgrund höherer
Preise für Futtermittel (zum
Beispiel Mais), Transport und
Kühlung. Für einen
durchschnittlichen deutschen
Haushalt bedeuten die
Preissteigerungen monatliche
Mehrkosten von insgesamt rund 242
Euro- das sind 2.904 Euro im Jahr.
Davon entfallen 65 Euro auf
Lebensmittel. 89 Euro resultieren
aus den steigenden Energiekosten im
Haushalt wie Strom, Gas und Heizöl.
40 Euro werden für steigende
Verkehrsausgaben fällig. Die
weiteren Mehrkosten ergeben sich aus
den Auswirkungen der insgesamt
steigenden Inflation auf die übrigen
Warengruppen.
Einkommensschwache Haushalte
besonders betroffen
Menschen mit geringem Einkommen
leider unter der aktuellen Situation
besonders: So müssen Haushalte mit
einem Nettoeinkommen unter 1.300
Euro - das sind rund 14 Prozent
aller deutschen Haushalte - mit
einer monatlichen Mehrbelastung von
115 Euro rechnen. Wer zwischen 1.300
und 1.700 Euro monatlich zur
Verfügung hat - knapp zehn Prozent
aller deutschen Haushalte - muss mit
151 Euro an Mehrkosten kalkulieren.
"Knapp ein Viertel aller deutschen
Haushalte muss mit weniger als 1.700
Euro netto auskommen und hat kaum
Puffer, um die zusätzlichen Kosten
zu stemmen. Menschen mit geringem
Einkommen treffen die
Preissteigerungen also besonders
hart - auch wenn die Regierung mit
dem kürzlich beschlossenen
Maßnahmenpaket teilweise
Entlastungen schafft. Schlussendlich
geht es auch um den sozialen
Frieden", sagt Andreas Späne.
Die Preissteigerungen verändern das
Konsumverhalten
Die Konsument:innen werden ihr
Einkaufsverhalten anpassen (müssen).
Bei steigenden Preisen setzen die
Verbraucher:innen insbesondere auf
aktuelle Angebote (58 Prozent). 39
Prozent kaufen öfter Eigenmarken, um
die steigenden Kosten für den
Einkauf zu kompensieren. In der
Krise schlägt zudem die Stunde der
Discounter: Gut ein Viertel der
Verbraucher:innen (27 Prozent) gibt
an, bestimmte Produkte eher im
Discounter zu kaufen.
"Während viele Verbraucher:innen
während der Corona-Pandemie den
Vollsortimenter für ein
One-Stop-Shopping-Erlebnis
aufgesucht haben, steht nun die
Kehrtwende an. Aufgrund der
steigenden Preise werden die
Discounter Marktanteile von rund 1
bis 2 Prozent zurückgewinnen", so
die Prognose von PwC-Experte
Christian Wulff.
Fast ein Viertel reagiert mit
Verzicht
Rund jede:r vierte Verbraucher:in
reagiert auf die Preisspirale mit
Verzicht beim Essen und kauft
weniger Produkte ein. Vor allem
verzichtbare Lebensmittel wie
Fleisch und Wurst oder auch Süßwaren
landen seltener im Einkaufskorb. Bei
Nahrungsmitteln, auf die viele
Menschen weniger leicht verzichten
können - etwa Milch und
Molkereiprodukte - greifen die
Käufer:innen verstärkt zu
günstigeren Eigenmarken und
Sonderangeboten, um den Geldbeutel
zu schonen.
Sparstrategien funktionieren nicht
alle gleich
"Diese Sparstrategien funktionieren
jedoch nicht für alle Menschen
gleich gut: Haushalte, die bereits
vor den Preissteigerungen wenig Geld
zur Verfügung hatten und beim
Einkauf von Lebensmitteln längst auf
Discounter, günstige Eigenmarken und
Sonderangebote gesetzt haben, können
kaum weiter sparen. Haushalte, denen
mehr Budget zur Verfügung steht und
die bislang regelmäßig teurere
Marken- und Bio-Produkte gekauft
haben, können durch günstigere
Substitute Geld sparen", so
Christian Wulff.
Unternehmen der Branche empfiehlt
der PwC-Experte vor diesem
Hintergrund, ihre Eigenmarken zu
stärken und die Kunden mit
attraktiven Angeboten zu binden:
"Für Verbraucher:innen sind in der
aktuellen Lage Sonderangebote im
Einzelhandel hoch relevant - ebenso
wie Eigenmarken als Ersatz für
klassische Herstellermarken", so das
Fazit.
Methodik:
Die Berechnungen zu den
Mehrbelastungen der Haushalte
basieren auf Zahlen der
"Konsumausgaben privater Haushalte
in 2020" des Statistischen
Bundesamtes (Destatis) sowie
aktuellen Prognosen des
ifo-Instituts zu Inflation und
Konjunktur. Mittels einer
Szenario-Analyse wurde ein "Worst
Case" mit einer Inflationsrate von
6,1 Prozent sowie ein "Base Case"
mit einer Inflationsrate von 3,3
Prozent erstellt. Die konkreten
Werte zu den Mehrbelastungen
entsprechen der Differenz aus beiden
Szenarien.
Der "durchschnittliche Haushalt"
entspricht einem gewichteten
Durchschnitt der deutschen Haushalte
und berücksichtigt somit auch das
Einkommen. Umgekehrt ist somit nicht
ein Zwei-Personen-Haushalt gemeint,
was dem Durchschnitt entspricht,
sofern lediglich die Haushaltsgröße
/ Personenzahl betrachtet wird.
Die Angaben zum geändertem
Konsumverhalten beim
Lebensmittelkauf basieren auf einer
Befragung von PwC Deutschland in
Kooperation mit dem
Crowdsourcing-Marktforschungsunternehmen
POSpulse, an der im Januar 2022
insgesamt 1.001 Personen ab 18
Jahren in Deutschland teilgenommen
haben.
www.pwc.de/Ernährungstrends
Foto (c)
Kulturexpress, Meldung: PwC,
Düsseldorf