Neue Bauten müssen
nicht immer erfunden werden, sondern
können sich architektonischer
Referenzen bedienen, um eine
angemessene Antwort für die Stadt zu
erzeugen. Dass das ohne
historisierenden Zeigefinger
funktioniert, zeigt die Ausstellung
„Reproduktives Entwerfen“ der
Hochschule RheinMain, die das
gleichnamige Entwurfsprinzip mit
Studierenden am Beispiel Stuttgarter
Lücken durchspielt. Die Schau ist in
Kooperation mit der Bürgerinitiative
„Aufbruch Stuttgart“ entstanden.
|
 |
|
Reproduktives
Entwerfen - Stuttgarter
Lücken. Beispiel
Mehringplatz in Berlin.
Referenz: Hans Poelzigs
Entwurf für ein Hochhaus am
Bahnhof Friedrichstraße in
Berlin 1921/22.
Visualisierung (c) Ole
Burand, HSRM Wiesbaden, 2017 |
Wie viel Historie darf, wie viel
muss sogar in einem
architektonischen Entwurf stecken?
Die Macher von „Reproduktives
Entwerfen“ haben dazu eine
eindeutige Haltung: Mit ihrem
Entwurfsprinzip bekennen sie sich
zunächst zu allem in der
Architekturgeschichte Vorhandenem,
ob gebaut oder nur Papier geblieben.
In der festen Überzeugung, nicht
immer Neues erfinden und somit immer
wieder bei Null anfangen zu müssen
(und dies auch gar nicht zu wollen),
bedienen sie sich konkreter
architektonischer Referenzen, um sie
an anderer Stelle neu aufzuführen.
Die Auseinandersetzung wird dabei
geleitet von der präzisen, möglichst
wörtlichen Aneignung des
Bestehenden, um daran und daraus für
heute zu lernen.
 |
|
Reproduktives
Entwerfen - Stuttgarter
Lücken. Beispiel Parkplatz
am Haus der Wirtschaft in
der Manier von Eileen Gray.
Visualisierung (c) Emily
Paefgen, HSRM Wiesbaden 2022 |
|
Der Begriff des „Reproduktiven
Entwerfens“ – im Jahr 2014 von den
Architekten Georg Ebbing, Moritz
Henkel, Philipp Rentschler und
Ulrich von Ey entwickelt –
beinhaltet sowohl eine historische
als auch fortschrittlich-produktive
Dimension. Es ist ein stetiger
Prozess sanfter Erneuerung, die
Wiederaufnahme und Neukonstruktion
von Traditionen mit zeitgenössischem
Anspruch. Grundlage für die
vorgelegten Entwürfe ist das 2014
formulierte Manifest mit seinen acht
Thesen, das in gedruckter Form auch
aus der Ausstellung mitgenommen
werden kann.
Die Ausstellung in der Raumgalerie
ist in zwei Bereiche unterteilt: Der
erste widmet sich fünf Stuttgarter
Lücken, für die Studierende während
eines Semesters mithilfe
unterschiedlicher Referenzen
mögliche Stadtbilder entworfen
haben, etwa dem Kaufhof-Areal (Bad
Cannstatt), dem Areal der
Neckar-Realschule oder dem Parkplatz
neben dem Haus der Wirtschaft
Baden-Württemberg. Für den Platz der
Deutschen Einheit bei der
Liederhalle wurde zudem ein „Haus
der Musik“ entworfen. Dazu wurde auf
örtliche Referenzen von Paul Bonatz,
Richard Döcker oder Rolf Gutbrod
zurückgegriffen. Ziel der Entwürfe
war, die ausgewählten Orte zu
stärken und ihnen eine
unverwechselbare Identität zu
verleihen. Der zweite
Ausstellungsbereich zeigt eine
Auswahl von Arbeiten des
Reproduktiven Entwerfens von 2014
bis 2022, die in unterschiedlichen
Konstellationen auch mit anderen
Hochschulen in der Lehre entstanden
sind. Bei einem „PAIRfect-Spiel“ in
den Galerieräumlichkeiten können
außerdem spielerisch bedeutende
Referenzbeziehungen aufgedeckt und
entdeckt werden.
Die Ausstellung ist in Kooperation
mit der unabhängigen und
überparteilichen Bürgerinitiative
„Aufbruch Stuttgart e. V.“
entstanden, die sich für eine
Zukunft mit besserer Urbanität,
Lebensqualität, Kultur und
Strahlkraft in Stuttgart einsetzt.
 |
 |
Haus der
Musik in Stuttgart am Platz
der Deutschen Einheit,
Referenz: Gottfried Böhm,
Museum für zeitgenössische
Kunst, Stuttgart 1990 (nicht
realisierter
Wettbewerbeitrag), Abb. (c)
Lukas Gehles, HSRM Wiesbaden
/ Die Raumgalerie, Stuttgart |
PAIRfect-Spiel, Foto (c)
Detlev Podehl, TU Dortmund /
Die Raumgalerie, Stuttgart
|
 |
Eröffnung: Dienstag, 10.
Mai 2022, Einlass ab 18 Uhr
Um bei der
Ausstellungseröffnung das
Abstandhalten zu
ermöglichen, wird das
Get-together möglichst im
Außenraum stattfinden. Der
Zutritt zur Ausstellung
erfolgt nur unter Einhaltung
der geltenden
Corona-Verordnung der
Landesregierung.
Online-Podiumsdiskussion:
Termin und Teilnehmer
werden noch mitgeteilt
Kuratorenführung:
Termin wird noch mitgeteil
Dauer der Ausstellung:
bis 07. Juli 2022
Ort: Die Raumgalerie,
Ludwigstraße 73, 70176
Stuttgart |
Stadttor am
Wilhelmsplatz in Stuttgart,
Bad Cannstatt
Abb. (c) Seda Ünal, HSRM
Wiesbaden / Die Raumgalerie,
Stuttgart
|