Trotz Einschränkungen
und zahlreicher Auflagen für Hotel-
und Gastronomiebetriebe, trotz des
langen Lockdowns 2021 – die
Auslobung des Awards für Die
schönsten Restaurants & Bars 2022
stellten weder Verlegerin Dr.
Marcella Prior-Callwey noch der
Deutsche Hotel- und
Gaststättenverband DEHOGA als
Branchenvertreter zu irgendeinem
Zeitpunkt in Frage. Denn der
Zuspruch aus der Branche und
insbesondere die Entdeckung
zahlreicher Neueröffnungen aus den
vergangenen zwei Jahren bestätigten
nicht nur die Entscheidung für eine
erneute Auslobung, sondern vor allem
auch das Bild einer Branche, die
nicht aufgibt und mit immer wieder
neuen Ideen und Konzepten flexibel
und kreativ auf die derzeitige
Situation reagiert.
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Auf bemerkenswerte Weise spiegeln
die eingereichten Projekte diese
Einschätzung wider: Knapp zwei
Drittel der gastronomischen
Betriebe, aus denen wir
Jurymitglieder unsere Top 50
auswählen durften, sind
Neueröffnungen aus den Jahren 2020
und 2021. Mit dabei einige bekannte
Adressen in neuem Gewand wie „The
Grill“, dessen Betreiber die
Zeit des Lockdowns im Frühjahr für
ein Makeover mit Farben und
Materialien genutzt hatten. Ebenso
die „Bullerei“: War der
eigentliche Auslöser für ihre
Sanierung zwar ein Wasserschaden, so
hätte der Zeitpunkt aber wahrlich
unpassender sein können.
Schwieriger gestaltet sich die
Situation nach wie vor für Bars und
Clubs. Aber auch hier lassen sich
die Betreiber nicht entmutigen. Wie
in Bad Kötzting, wo sich der Hof im
Außenbereich eines Clubs mit viel
Engagement und Eigenleistung des
Teams kurzerhand in die „Strandbar
FRIDA“ verwandelte: Eine
Freiluft-Location, die unter
Hygiene- und Abstandsbedingungen
geöffnet bleiben durfte. Das „Mochi“
wurde nach rund zehn Jahren Betrieb
während der Lockdown-Monate einem
Re-Design unterzogen. Als
Weiterentwicklung, als Anpassung an
aktuelle Bedürfnisse – und vor allem
als Zeichen des Anspruchs an
zeitgemäße, nachhaltige Materialien
und eine Produktion aus der Region:
Die neue Theke aus Stampflehm stammt
aus Vorarlberg.
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Im "Goldy"
auf Norderney |
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Nachhaltigkeit bestimmt aber nicht
nur die Materialwahl für das
Interior. Wie Seismographen lassen
die gastronomischen Betriebe die
unterschiedlichsten Bedürfnisse,
Themen und Fragen unserer Zeit
sichtbar werden – und das nicht nur
auf der Seite der Planenden. Kaum
eine Bar, ein Restaurant, Bistro
oder Café unter den eingereichten
Projekten, das nicht mit regionalen
und saisonalen Produkten arbeitet
oder dessen Konzepte gänzlich darauf
basieren. Im „Goldy“ wird
dazu alles selbst gemacht – vom
Burger Bun über das Patty bis zur
Mayonnaise. Im „baers-place“
wachsen die Kräuter im speziellen
Kräuterkühlschrank vor den Augen der
Gäste, in der Hotelbar „Freiraum“
werden die „Alps inspired Drinks“
mit Kräutern aus dem eigenen Garten
hergestellt und verfeinert. Das
„Strandhotel Berg“ verwendet so
viel wie möglich von der Pflanze und
dem Tier, im Idealfall alles. Das
Prinzip „from nose to tail“
gilt ebenso im „Farmer’s Club“
auf „Gut Sonnenhausen“,
wo trotz Feuerküche auch andere
Garmethoden Verwendung finden.
Gemüse, Salate und Kräuter haben
hier sowieso den kürzesten Weg: von
den eigenen Feldern direkt in die
Küche.
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„baers-place“
in Tuttlingen |
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Auch im sozialen Kontext zeigt sich
die Nachhaltigkeit: Eine neue Form
der Wertschätzung, ablesbar an
Betriebskantinen, von denen gleich
vier in den Top 50 vertreten sind.
Allein das Wort erinnert noch an die
einst dunklen Räume im
Untergeschoss: Ganztägig geöffnet
ist das „Vi“ ein
lichtdurchfluteter Ort des
Austauschs geworden, seine
unterschiedlichen Bereiche richten
sich nach den individuellen
Bedürfnissen der Mitarbeiter.
Transparenz spielt hier ebenso eine
Rolle wie im „Ristorante La
Visione“: Offene Küche und Theke
ermöglichen nicht nur den Blick über
die Schulter, sondern verbinden auch
die Mitarbeiter von Büro und
Gastronomie miteinander. Das „SRF
Live Restaurant & Bar“ erlaubt
darüber hinaus sogar den Blick in
die Fernsehstudios, auch externen
Gästen. Ein Bauunternehmen bei Cham
übernahm dabei nicht nur
Verantwortung für seine Mitarbeiter:
Das historische Klostergebäude auf
dem Gelände des Neubaus sollte in
die Planung miteinbezogen werden.
Kernsaniert begrüßt es nun als
„’s Kloster“ die Belegschaft und
ihre Gäste.
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kplus-konzept
Vinothek Heinrichshof
in Zeltingen an der Mosel
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Welche Qualitäten das Bauen im
Bestand hat – und wie es dabei noch
das Konzept der Gastronomen und
Gestalter prägen kann –, davon
erzählen das „Hiltl Sihlpost“
in einer Ikone des neuen Bauens oder
die „Pudelbar“, die mit ihrem
Betrieb das zweitälteste Gebäude
Kassels wieder ins Bewusstsein der
Bevölkerung rückt. Während die
„Blaue Brigitte“ über den
Dächern Innsbrucks zur Zeitreise
durch den geschichtsträchtigen Ort
einlädt, hat man sich bei der „Weinbar
Meier“ den Herausforderungen
eines barocken Gewölbekellers
gestellt. Dass mit der
Revitalisierung alter Bauten auch
die der Umgebung einhergehen kann,
ist die Idee hinter dem „Le Quai
Steffen“ im Luxemburger
Hauptbahnhof. Und mit dem
„Tabakschuppen“ ist für die
Nachbarschaft Rheinstettens ein
neuer Treffpunkt entstanden.
In Darmstadt zieht das „Shokudo“
dagegen die Einwohner nach den
Geschäftszeiten in die Neubauten der
Bürostadt und belebt damit das
Quartier. Gelingen kann dies auch in
touristischen Gegenden: Mit dem
Hotelneubau des Restaurants
„Bibers“ im alpinen Warth
verschwanden die Parkplätze aus der
Ortsmitte, die Gasträume dürfen sich
auf einen neuen Dorfplatz hin
orientieren.
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"Le Quai
Steffen" im Luxemburger
Hauptbahnhof
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Dass der Anspruch, relevante
Fragestellungen aufzugreifen, selbst
mit kleinem Budget vereinbar ist,
beweisen das „Guts&Glory“ in
einer einst unscheinbaren
Verbindungsstraße in Karlsruhe
ebenso wie das „Rossbarth“
zweier junger Haubenköche in Linz
hinter denkmalgeschützten Mauern.
Beeindruckt vom Einfallsreichtum der
Gestalter und Betreiber, wie sie die
Anliegen unserer Gesellschaft in
erlebbare Räume umsetzen, würdigen
wir mit dem Award und der
Publikation Die schönsten
Restaurants & Bars 2022 die gesamte
Branche und ihren Einsatz für uns
Gäste, gerade wieder im vergangenen
Pandemiejahr. Den Lesern wünschen
wir viel Vergnügen bei einer
inspirierenden Entdeckungsreise
durch die unterschiedlichsten Häuser
– von Luxemburg, über Deutschland
nach Österreich und in die Schweiz.
Autorin Cornelia Hellstern
Die schönsten Restaurants & Bars
2022
von Cornelia Hellstern und Ludwig
Maurer
Hrsg. Deutscher Hotel- und
Gaststättenverband e.V. DEHOGA
Callwey Verlag, München
1. Auflage, 2022
gebunden, 288 Seiten
300 Farbfotos und Pläne
Format: 30 x 23 cm
ISBN 978-3766725585