Der US-amerikanische Opernsänger
William Cochran ist am 16. Januar
2022 im Alter von 78 Jahren in
seiner Wohnung in Königstein im
Taunus gestorben. Das teilt die
Familie des Verstorbenen mit. Seit
Anfang seiner international
beachteten Karriere trat William
Cochran als Heldentenor regelmäßig
in den bedeutendsten Opernhäuser
Nord- und Mittelamerikas sowie
Europas und Asiens auf. Während
seines Engagements an der Oper
Frankfurt war er in Ruth Berghaus’
Ring der Siegfried. 1997 erhielt er
in Frankfurt am Main den
Binding-Kulturpreis. Prägend war er
als Sänger mit großer
darstellerischer Präsens über 30
Jahre hinweg vor allem an der Oper
Frankfurt am Main, wo er 15 Jahre
zum Ensemble gehörte.
|
|
|
Städtische
Bühnen Frankfurt |
Nachdem er mit
24 Jahren bereits viele der
bedeutendsten Gesangs-Wettbewerbe
der Vereinigten Staaten - u.a. als
erster Co-Preisträger des Lauritz
Melchior Heldentenor Foundation
Grant - gewonnen hatte, begann der
Schüler Lotte Lehmanns seine
Karriere 1969, als er an den „New
York Metropolitan Opera Auditions“
teilnahm und ihn Sir Rudolf Bing
noch vor dem Halbfinale dieses
Wettbewerbs als „Jugendlicher
Heldentenor“ an die Metropolitan
Opera berief. Ein bis dato
einzigartiger Vorgang in der
Geschichte der Met.
Der 1943 geborene Sänger kam 1969
nach Europa, wo er Mitglied des
Ensembles der Oper Frankfurt am Main
unter Christof von Dohnanyi und
regelmäßiges Mitglied der
Bayerischen Staatsoper in München
wurde. Es folgten regelmäßige
Engagements an den bedeutendsten
Opernbühnen der Welt (z.B.:
Metropolitan Opera New York, San
Francisco Opera, Royal Opera Covent
Garden London, Nationaloper
Amsterdam, Opéra Nationale de Paris,
La Monnaie Brüssel, Opernhaus
Zürich, Wiener Staatsoper, Berliner
Staatsoper, Staatsoper Hamburg,
u.v.m.).
Sein Repertoire
umfasste mehr als 60 Opern, darunter
alle Heldentenor-Partien Richard
Wagners, aber auch – und da lag
seine künstlerische Vorliebe –
Charakterrollen zeitgenössischer
Opern. Große Erfolge feierte er auch
mit Hauptrollen wie beispielsweise
in Leos Janaceks Oper „Jenufa“ sowie
in Benjamin Brittens Opern. Als
„Peter Grimes“ in Willy Deckers
Inszenierung der Brüsseler Oper
brillierte er 1997 auch am Teatro
Real in Madrid. Auch in der
Düsseldorfer Oper am Rhein trat er
langjährig auf, wie beispielsweise
in Schrekers „Die Gezeichneten“
(1987), aber auch in Operetten
Jacques Offenbachs, die seinem
schauspielerischen und
komödiantischen Talent
entgegenkamen. Denn auf die Qualität
des Schauspielerischen in der
Operndarstellung legte William
Cochran größten Wert. Zu erleben war
das unter Ruth Berghaus‘ epochaler
Inszenierung von Wagners „Ring“-Zyklus
(1985-1987) in Frankfurt
eindrucksvoll. „Technisch ist die
deutsche Sängerausbildung nach wie
vor hervorragend“, sagte William
Cochran 2002 gegenüber der dpa,
„aber den Ausschlag für den Erfolg
gibt das Charisma der Sängerin oder
des Sängers. Es kommt auf den
letzten Schliff an.“
Aufnahmen und Preise
Bekannt wurde William Cochran auch
durch Film-, Fernseh- und
Rundfunkaufnahmen sowie mit
zahlreichen Schallplatten, wie der
erste Akt aus „Die Walküre“ (Richard
Wagner/EMI) unter Otto Klemperer und
„Doktor Faustus“ (Ferruccio Busoni/DGG)
mit Dietrich Fischer-Dieskau unter
der Leitung von Ferdinand Leitner.
(Diese Aufnahme gewann den „Grand
Prix du Disque“ 1971.) Zu erleben
war der Sänger auch in Fernseh- und
Rundfunk-Aufnahmen mit Dirigenten
wie Leonard Bernstein, Claudio
Abbado, Richard Kubelik, Bernard
Haitink, Wolfgang Sawallisch und
vielen mehr.
Für sein Wirken erhielt William
Cochran zahlreiche Kritikerpreise.
1991 wurde ihm der Ehrentitel
„Kammersänger“ verliehen und
Frankfurt am Main ehrte ihn mit der
„Harlekin“-Trophäe der Frankfurter
Volksbühne. Im Jahre 1997 wurde
Cochran mit dem Binding-Kulturpreis
zur Ehrung seiner herausragenden,
kulturellen Leistungen als
integraler Bühnenkünstler und als
Verkörperung des Frankfurter
Musiktheater-Stils ausgezeichnet.
„(..)Dass das Gesamtkunstwerk Oper
in diesen dreißig Jahren so bewegend
und so oft zustande gekommen sei,
habe man in hohem Maße auch William
Cochran zu verdanken (..).“,
zitierte die „FAZ“-Sonntagszeitung
die Begründung zur Preisverleihung
am 22.06.1997.
Seine Bühnenkarriere fand 2001 durch
einen Unfall ein jähes Ende, das ihn
am Vorabend der Uraufführung der
Oper „Re in Ascolto“ von Luciano
Berio, deren Hauptrolle er singen
sollte, ereilte. Mit den Folgen des
Unfalles hatte er bis zuletzt zu
kämpfen.
Die Zeit nach seiner aktiven
Karriere widmete William Cochran der
musikalischen Bildung junger
Sänger*innen und dem Ziel, Kinder in
den Schulen möglichst früh an die
spezifische Kunstform Oper
heranzuführen. Mit dem unter der
Schirmherrschaft des Hessischen
Kultusministeriums und des
Hessischen Ministeriums für
Wissenschaft und Kunst stehenden und
geförderten Projekt „Oper in die
Schule!“ erreichte er von 2004 bis
2008 überregional etwa 10.000
Schüler*innen in Grund- und
weiterführenden Schulen. William
Cochrans Wirken und das Projekt mit
Studierenden der Frankfurter
Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst wurde 2004 von
dem damaligen Bundespräsidenten
Johannes Rau mit dem Förderpreis
INVENTIO ausgezeichnet.
Die Frankfurter Oper ehrte ihn zu
seinem 70. Geburtstag mit den
Worten: „William Cochrans szenische
Sprengkraft, das unverkennbare
stimmliche Idiom und die strahlende
Durchschlagskraft seiner hohen
Spitzentöne erzeugten das, was man
im Theater als "magischen Moment"
bezeichnen könnte.“
William Cochran hinterlässt vier
Kinder aus erster Ehe, acht
Enkelkinder sowie seine
Lebensgefährtin und Familie.
Foto (c)
Kulturexpress, Meldung: Städtische
Bühnen Frankfurt am Main GmbH