Berühmte russische
Architektur-Schule, Vorreiter des
Bauhaus & Konstruktivismus. Während
der 1920er und 30er Jahre übernahmen
die Höheren Kunst- und
Technikstudios in Moskau, besser
bekannt als Vkhutemas, die
sogenannte „objektive Methode“, um
den Unterricht in großem Maßstab zu
erleichtern. Die Schule war die
erste, die eine Massenausbildung in
Kunst und Technik einführte, die als
wesentlich für das vorherrschende
modernistische Paradigma der
Sowjetunion angesehen wurde.
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Mit Avant-Garde als Methode
erforscht die Architektin und
Historikerin Anna Bokov das Wesen
der Kunst- und Technikerziehung in
der Sowjetunion. Sie zeigt, dass das
pädagogische Programm von Vkhutemas
langjährige akademische Ideen und
Praktiken mit denen der beginnenden
Industriezeit kombiniert hat, um
eine neue Art von Pädagogik zu
initiieren, die einen explorativen
Ansatz verfolgt und ihre Stärke aus
dem kontinuierlichen Feedback und
dem Austausch zwischen Studierenden
und Lehrenden schöpft. Bokov
erläutert, wie der Lehrplan von
Vkhutemas etablierte Kanons der
akademischen Tradition
herausforderte, indem er sie durch
offene Untersuchungen ersetzte, und
zeigt dann, wie dies in
architektonischen und
städtebaulichen Projekten in den
fortschrittlichen Studios der Schule
artikuliert wurde.
Blick ins Buch...
Anna Bokov ist Architektin und
Architekturhistorikerin. Sie ist
Dozentin an der Irwin S. Chanin
School of Architecture der Cooper
Union, New York. Ihr Buch wurde
ausgezeichnet als eines der
schönsten deutschen Bücher 2021 und
als Gewinner des DAM Architectural
Book Award 2021.
DAM Jurybegründung
Anna Bokovs Übersichtsband zur
Vkhutemas, dem ukrainisch-russischen
Vorläufer und Pendant zum Bauhaus,
und deren pädagogischer Praxis kann
in Umfang und Dichte schon jetzt als
Standardwerk gelten.
Auf über 600 Seiten wird
Archivmaterial zutage gefördert, das
bisher in dieser Fülle und
Systematik nicht publiziert wurde.
In insgesamt vier großen Kapiteln
betrachtet Bokov die Vkhutemas unter
den Gesichtspunkten Schule („The
School: Institutionalizing the
Avant-Garde“), Labor („Laboratory:
Architecture as Science“), Pädagogik
(„Pedagogy: Teaching as Experiment“)
und Praxis („Praxis: Inventing a
Universal Future“). Bokovs
wissenschaftliche Abhandlung wird
illustriert durch Fotografien,
Pläne, Skizzen und Grafiken, ergänzt
durch historische Textdokumente aus
den Reihen der Vkhutemas.
Grafik und Layout schaffen den
Spagat zwischen Interpretation und
Eigenständigkeit, sie passen zum
Thema ohne sich anzubiedern. Einer
grafisch starken Bild-Text-Setzung
steht eine klare Gliederung des
Buchs gegenüber: Schrift links,
Bilder – sofern sie keine
Doppelseite einnehmen – rechts. Die
vier Kapitel, die das Buch gliedern,
sind durch rote Seiten gut
erkennbar. Text und
Hintergrundfarben beschränken sich
auf schwarz und weiß. Bokovs Text
ist in Serifenschrift auf weißem
Grund abgedruckt, Textauszüge aus
Originaldokumenten in serifenloser
Schrift und – ebenso wie sämtliche
Abbildungen – auf schwarzem Grund.
Abbildungen werden, wo möglich, in
Farbe gezeigt.
Mut zum Experiment und Statement
wird dennoch sichtbar: Die strenge
Grundlayout des Buches lässt es zu,
dass sich Schriftsatz, Illustration
und Bildunterschriften stellenweise
freispielen. Den Lesefluss stört das
aber keinesfalls, im Gegenteil
ermöglicht die durchdachte Setzung
mit ihren Akzentuierungen eine gute
Gliederung und Orientierung auf den
Seiten und in dem umfangreichen Werk
insgesamt.
Bokovs gebündeltes Wissen, das in
dieser außergewöhnlichen und
monumentalen Publikation alle
Facetten der Vkhutemas einbezieht,
wird für die zukünftige Betrachtung
und Erforschung der Kunstschule
Maßstäbe setzen und kann kaum genug
gewürdigt werden. Andrea
Jürges und Co-Autorin Katleen Nagel
Avant-Garde as a Method
Vkhutemas and the Pedagogy of
Space, 1920 – 1930
Autorin: Anna Bokov.
Mit einem Vorwort von Kenneth
Frampton und Alexander Lavrentiev
Parks Books, Zürich
1. Auflage, 2020
Text in English
Hardcover, 624 Seiten
Gestaltung: Bonbon, Zürich
965 farbige und 80 s/w Illustr.
Format: 24 x 31 cm
ISBN 978-3-03860-134-0