In diesem Buch
erläutern Bart Decroos und Raamwerk
(Architekten Gijs De Cock und Freek
Dendooven) den Entwurfsprozess des
Lichtervelde Youth Centers anhand
einer Reihe unveröffentlichter
Arbeitsdokumente, darunter Skizzen,
maßstabsgetreue Modelle, Pläne und
Bilder. Anhand von vier Anekdoten
erkunden sie, wie die Realität der
Baustelle es ihnen ermöglichte, den
Entwurfsprozess während der
Realisierung des Gebäudes selbst
fortzusetzen. Über die
Einzigartigkeit dieses
bemerkenswerten Projekts hinaus
zeigt das Buch die kritische
Relevanz des Bauens in
Architekturtheorie und -diskursen.
Drei weitere Beiträge werfen ein
Seitenlicht auf die Ebene der
Forschungspädagogik und -theorie:
Der äußere Blick und das innere
Wissen ergänzen sich.
|
|
|
|
Das Buch ist das Ergebnis der
Zusammenarbeit zwischen KU Leuven,
ULB und U Liège im Rahmen von
Architecture In Practice, einer
universitätsübergreifenden
Forschungsgruppe, die die
vielfältigen Möglichkeiten
untersucht, wie Einzelpersonen ihre
professionelle Architekturpraxis in
der akademischen Forschung und
gegenseitig einbringen können. Das
Buch wurde einem doppelblinden
Peer-Review unterzogen.
DAM Jurybegründung
Belgien ist als
Architekturwunderland mittlerweile
das, was früher einmal die Schweiz
oder die Niederlade waren: Von dort
kommen momentan die Entwürfe, die im
internationalen Architekturdiskurs
die markanteste Eigenständigkeit
haben. Das Buch der (relativ) jungen
Architekten von Raamwerk fügt sich
hier ein, setzt aber besondere,
eigene Akzente. Raamwerk wurde
gegründet von Gijs De Cock (Jahrgang
1987) und Freek Dendooven (ebenso)
und ist in Gent beheimatet.
Das Buch ist eine anrührende
Reportage über den Bau des
Jugendzentrums in Lichtervelde. Wo
das genau ist, ist eigentlich egal:
„The village of Lichtervelde lies
somewhere between the pronvincial
towns of Bruges and Kortrijk”.
Somewhere im Nowhereland des Sprawl
also, aus dessen Hässlichkeiten die
belgischen Architekt*innen momentan
so aufregende Experimente mit der
Banalität zu destillieren in der
Lage sind.
Durch groß gesetzte Texte wird man
hindurchgeführt und erfährt vieles
über die alltäglichen Probleme des
Bauens. Ist es im sehr beschränkten
Budget möglich, eine gekurvte Mauer
zu bekommen? Nein, war man sich im
Vorhinein einig. Aber dann, spontan,
mit den Handwerkern auf der
Baustelle geht es dann doch. Oder
die Geschichte mit den Öffnungen:
Nachdem der Rohbau fertig gemauert
wurde, ein Sichtziegelbau wegen der
Einfügung in die Umgebung, wird
nochmals Maß genommen, um daraufhin
die Fenster anfertigen zu lassen.
Doch bei der Messung entsteht ein
Fehler und alle Fenster werden 4
Zentimeter zu klein geliefert. Also
muss improvisiert werden, die Rahmen
werden aufgedoppelt, eine Art
Passepartout entsteht.
Von dieser Art, nämlich lässig,
unverkrampft und neugierig auf das
Abenteuer Baustelle, wünscht man
sich viel mehr Architekturbücher. Es
liest sich so weg wie eine
Kurzgeschichte. Und das Ergebnis
aller Bemühungen ist ein schönes,
sehr schlichtes, geradezu
neo-brutalistisches Jugendzentrum.
Weil ja meistens dann am Ende doch
noch Wünsche offenbleiben hätte man
nun noch gerne gewusst, wie es denn
eigentlich den Jugendlichen gefällt,
wenn doch schon die Architekten
erkennbar viel Spaß bei der Sache
gehabt haben. Oliver Elser
Raamwerk In Practice:
Lichtervelde Youth Centre
(Hg.) Harold Fallon, Benoît
Vandenbolcke, Benoît Burquel
Autoren: Freek Dendoven, Gijs De
Cock, Bart Decroos, Harold Fallon,
Benoît Vandenbolcke, Benoît Burquel
MER Borgerhoff & Lamberigts, Gent/ Belgien
1. Auflage, 2020
gebunden, 180 Seiten
Gestaltung: Orfée Grandhomme and
Ismaël Benanni
Foto u. Illustr: Raamwerk, Stijn
Bollaert
Sprache: Englisch
Format: 17.1 x 1.9 x 24.3 cm
ISBN: 978-9-46393-342-1