Buchrezension

German Room und US-Writers-Room in der deutschen Serienentwicklung

Der gedachte Raum ist hier nicht räumlich zu verstehen, zumindest nicht auf seiner ersten Ebene, sondern beruht vielmehr auf einem Format, deren Statuten innerhalb der Filmbranche einzuhalten gilt. Wobei eine gelungene Stoffentwicklung entscheidend für gute Filme ist. Die Master School Drehbuch aus Berlin bietet seit 1995 Seminare und Lehrgänge in den Bereichen Drehbuch schreiben und Dramaturgie an. Den beiden Writers-Room erfahrenen Autoren, Katrin Merkel und Timo Gößler, ist es wichtig, tiefer in dramaturgische und filmwissenschaftliche Themen einzusteigen und deren Hintergründe aufzuzeigen.

 

 

 

 

Nur deshalb entstand dieses Buch, das sehr viel darüber erzählt, wie sich die aktuelle Filmbranche organisiert und wie sie sich manchmal dabei selbst übertölpelt. So stellt sich eine der wesentlichen Fragen, mit welchem Budget können Akteure agieren, woher kommt dieses Geld und welche Filmprojekte sollen damit finanziert werden? Wie positionieren sich die Teams, gehen in geschlossene Einheiten, dem sogenannten Writers'-Room, um Gedanken auszutauschen und mit der weiteren Arbeit unter Beweis zu stellen, dass sie in der Lage sind, ein qualitativ anspruchvolles Filmprojekt von Anfang bis Ende durchzuziehen. Schon hier taucht der Showrunner auf, der beinahe gleichzusetzen ist mit dem Regisseur des Filmprojekts. Wer das ist und wie er oder sie sich präsentieren, ist die Hauptsache und für das Zusammenwirken in den Rooms erhellend. Diese haben die Bedeutung von Zeitkapseln, wer involviert ist im Format, genießt Immunität, solange bis das Projekt erfolgreich beendet wurde. Der Modus muss gewahrt bleiben, andernfalls wäre eine Zusammenarbeit nicht mehr möglich und damit das Filmprojekt zum Scheitern verurteilt. Rooms funktionieren nur in Teamwork. Ideenfinder können viele sein, wer genau welche Aufgabe übernimmt, verschwimmt bisweilen. Hinterher wird oftmals nicht mehr erkennbar, wer beim Entwickeln von Ideen die prägende Figur im Team gewesen ist und wer die meiste Durchsetzungskraft bewiesen hat mit seinen Vorschlägen und Beiträgen zur Filmserie.

Hier zeigt sich, der Einfluss der USA auf die deutsche Produktionslandschaft ist unübersehbar. Das hängt sicherlich auch mit dem Kreativfluss zusammen, der in den Staaten viel stärker ist als in den German Rooms. Hier schließt sich eine europäische Dimension an, da neben dem German- auch der Danish Room eine außerordentliche Eigendynamik entfaltet. Die Dänen gehörten zu den ersten, die mit nicht-englischsprachigen Serien Welterfolge feierten.

Der Anspruch ist, den die beiden Autoren mit ihrem Buch verbinden, sie wollen ihr praktisches Know-how anderen zugänglich machen. Der 296 Seiten umfassende Band teilt sich in sieben große Kapitel gespickt mit Anglizismen wie plots, breakdown, daily soap und sonstigen Fachausdrücken der Filmbranche. Die ersten beiden Kapitel handeln von Serien, wie sie in Deutschland produziert werden, womit sie explizit zu einer deutschen Serienlandschaft beitragen. Der German Room kann jedoch nur als Surrogat aus dem US-Writers-Room verstanden werden, der über eine andere Zusammenstellung verfügt und in anderen Begriffen lebt. Das kann von elementarer Bedeutung sein, gerade wenn es darum geht, Hierarchien aufzubauen und einzuhalten, die gebraucht werden, um ein Projekt erfolgreich zu leiten und weiterzuentwickeln.

Im Anhang werden die Ergebnisse einer Umfrage zur Serienentwicklung in Deutschland präsentiert, an der insgesamt 21 aktuelle und neuentwickelte Serienproduktionen teilgenommen haben. Beteiligt sind mehrere Streamingplattformen, vier Pay-TV-, sechs Privatsender und drei öffentlich-rechtliche Sender.

www.masterschool.de

Der German Room:
Der US-Writers-Room in der deutschen Serienentwicklung
von Timo Gößler u. Katrin Merkel
Master School Drehbuch Edition, Berlin

1. Auflage, 2021
Language: German
Softcover, 296 Seiten
ISBN: 978-3-946930-05-1

auch als ebook

ISBN: 978-3-946930-06-8

 

 

 

 

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

 vom 05. Oktober 2021