Futuristische Fassaden, dynamische
Formen, innovative Funktionen: Das
Amsterdamer Architekturbüro UNStudio
steht seit 33 Jahren für Projekte,
die weltweit Anerkennung finden. Ein
Attribut, das für den
Projektentwickler Bauwerk im Jahr
2018 ausschlaggebend dafür war, eine
Zusammenarbeit für ein Objekt
anzustoßen, das seit Frühjahr 2021
in der Münchner Infanteriestraße
nahe dem neuen Kreativquartier
entsteht. Gemeinsam haben UNStudio
und Bauwerk über zwei Jahre ein
Gebäude entwickelt, das Wohnen nicht
in Quadratmetern, sondern in
Qualitätsmetern denkt und das mit
seiner Fertigstellung 2023 eine
architektonische und konzeptionelle
Benchmark für München setzen wird.
Der Name des Projektes, Van B, ist
angelehnt an den Mitgründer von
UNStudio: Ben van Berkel. In diesem
Interview gibt der visionäre
Vordenker Antworten darauf,
inwiefern Van B niederländische
Wohnprinzipien in die
Architektursprache des Münchner
Projektes übersetzt, warum das
Gebäude wie ein maßgefertigtes Möbel
im Stadtraum wirkt und welche
Bedeutung Van B für ihn persönlich
hat.
„Diese
Art zu leben, ist die Zukunft“
Ein
Interview mit Architekt Ben van
Berkel von UNStudio Amsterdam über
das Münchner Wohnbauprojekt Van B.
|
|
Ben van Berkel
Foto (c)
Els Zweerink/ Van B |
|
Herr Van Berkel, Sie selbst sagen
über Van B, das Projekt werde eine
Hauptrolle innerhalb der
zeitgenössischen Architektur
Münchens spielen. Was macht Van B so
besonders?
Ben van Berkel: Van B ist
eine innovative Mischung aus
multifunktionaler und
anpassungsfähiger Raumnutzung, einem
Indoor-Outdoor-Wohngefühl und einem
Sinn für Gemeinschaft.
Und es ist sehr aktuell: Es zielt
darauf ab, eine Antwort auf die
Wohnungskrise zu formulieren, die
wir derzeit in unseren Städten
erleben. Mit einer Vielzahl von
neuen Ideen und Konzepten wird Van B
Teil des notwendigen Diskurses über
die Verdichtung in München, da es
einen alternativen Weg für die
horizontale und nicht die vertikale
Expansion bietet.
Dieser Diskurs ist durch die
Corona-Pandemie noch wichtiger
geworden. Denn sie hat die
Wohnsituation vieler Menschen und
damit den Wohnungsmarkt zusätzlich
unter Druck gesetzt, da einzelne
Räume in unseren Wohnungen sehr
schnell multifunktional werden, also
zugleich als Büro, Fitnessstudio,
Wohnzimmer und Schlafecke dienen
mussten.
Sie haben die Corona-Pandemie
angesprochen. Es scheint, als ob die
dadurch erzwungene Distanz die
Menschen zu etwas beflügelt hat, was
in deutschen Großstädten bisher
keine allzu wichtige Rolle spielte:
dem Miteinander – auch unter
Nachbarn. Van B greift diesen Trend
auf und setzt neben Sharing-Flächen
auch auf ein „Innen-Außen-Wohnen“.
Was ist unter diesem Ansatz zu
verstehen und woher kommt er?
Die Idee des Inside-Outside-Living
ist eine sehr niederländische. Wenn
bei uns die Sonne auch nur droht
herauszukommen, kann man uns oft
dabei beobachten, wie wir unsere
Tische und Stühle auf die
Bürgersteige vor unseren Häusern
schleppen. Schon in den ersten
Frühlingstagen versammeln sich die
Menschen vor ihren Haustüren und
genießen ein Familienessen oder sie
treffen sich mit ihren Nachbarn.
Dieses Lebensgefühl wollten wir in
Van B zitieren. In dem Projekt
erwachsen viele Qualitäten aus einer
Verbindung mit der Natur und der
Schaffung von Zusammengehörigkeit
und Lebendigkeit: der Außenraum als
Erweiterung unserer Wohnräume. In
den Wohnungen schaffen große
Erkerfenster – auch Bay Windows
genannt – sowie Balkone
Sichtverbindungen zwischen den
Wohnungen und der von schönen
Platanen gesäumten Infanteriestraße.
Fast werden die eigenen vier Wände
so zu einem kleinen Baumhaus. Zum
Hof hin haben wir im Erdgeschoss
Gallery-Lofts entworfen, die die
Bewohner einladen, ihren Wohnraum zu
öffnen und in den Garten zu
erweitern. Mit eigener Hausnummer
ausgestattet, wirken diese
dreistöckigen Wohnungen fast wie
kleine Häuser, die in das Gebäude
eingebettet sind.
Warum glauben Sie, dass das
Prinzip auch in München
funktionieren wird?
Sicherlich sind wir in den
Niederlanden mehr an das
Innen-Außen-Wohnen gewöhnt. Aber wir
sind der festen Überzeugung, dass
ein gutes Wohnprojekt, wo auch immer
es verortet ist, nicht nur schöne
private Innenräume schaffen sollte,
sondern auch Räume, in denen sich
Menschen begegnen und miteinander
interagieren können. Die Pandemie
hat deutlich gemacht, wie wichtig
soziale Verbindungen für unser
Wohlbefinden sind. Wir sehen heute
mehr denn je, dass viele Menschen
das Bedürfnis haben, regelmäßig mit
ihren Familien, Freunden und
Nachbarn zusammenzukommen. Aber
gerade bei Nachbarn sind solche
Begegnungen meist spontan und müssen
daher erleichtert werden.
Architektur kann einen Rahmen
schaffen, in dem sich
Nachbarschaftsgemeinschaften bilden
und spontane Treffen stattfinden
können – egal, ob man in
Deutschland, den Niederlanden oder
anderswo lebt.
Die Dynamik, die im Inneren durch
Interaktion entsteht, trägt das
Gebäude auch nach außen. Denn es
scheint tatsächlich wie in Bewegung
versetzt. Die Fassade von Van B
wirkt futuristisch. Ihre Plastizität
wird durch das Materialkonzept
verstärkt. Und dennoch wirkt der
Baukörper nicht, als sei er in die
Umgebung hineingepresst. Wie haben
Sie das geschafft?
Unsere Entwürfe sehen zwei
Fassaden-Prinzipien vor, die auf die
Gegebenheiten des Grundstücks
reagieren. Zu den belebten
Straßenraum-Seiten öffnet sich das
Gebäude und generiert mit
hervorstehenden Erkern und Balkonen
Nahtstellen zwischen privatem und
öffentlichem Raum. Diese Nischen
laden die Bewohner dazu ein, aktiv
am Straßenleben teilzunehmen und
dieses mitzugestalten. Von der
Barbarastraße weg zum Innenhof hin
öffnen sich diese Erker zu einem
terrassenartigen Fassadenmotiv.
Diese Plastizität der Fassade wird
durch ein Materialkonzept verstärkt,
das auf der Dualität von zwei
Materialien beruht. Die rötlich
schimmernden und präzise
geschnittenen Metallflächen bilden
einen deutlichen Kontrast zur
monolithischen und rauen Oberfläche
des Glasfaserbetons. Das schafft
eine starke Identität für das
Gebäude. Zugleich nehmen die
Metalldetails farblich Bezug auf
Materialien, die vor Ort schon
vorkommen – und lassen das Gebäude
dadurch wie ein maßgefertigtes Möbel
im Stadtraum wirken.
Wie sehr hat die Umgebung – wie
beispielsweise das zukünftige
Kreativquartier – den Entwurf
geprägt oder inspiriert?
Zu Beginn des Entwurfsprozesses
haben wir uns die Gebäude in der
Umgebung angesehen – insbesondere im
Hinblick auf die verwendeten
Materialien, die verschiedenen
städtebaulichen Typologien und die
Merkmale des Geländes als Ganzes –,
um diese vorhandenen Qualitäten in
Van B aufzunehmen. Als Teil dieser
Analyse untersuchten wir auch die
künftig geplanten Entwicklungen rund
um das Grundstück und welche Art von
Nutzern diese anziehen würden. Die
schöne Infanteriestraße in
Kombination mit dem Geist des
zukünftigen Kreativquartiers gleich
nebenan haben uns zu der Idee
geführt, das Innen-Außen-Wohnkonzept
auf diesen Standort zu übertragen.
Das Projekt ist so konzipiert, dass
es mit dem Stadtgefüge der Umgebung
zusammenwirkt, ohne aber seine
eigenständige Identität aufzugeben.
Ihr Architekturbüro entwickelt
weltweit Projekte, die Benchmarks
setzen, für Visionen stehen und
immer wieder ausgezeichnet werden.
Vor diesem Hintergrund: Welche
Bedeutung hat Van B für Sie
persönlich?
Van B ist eines der aufregendsten
Projekte, an denen wir in den
vergangenen Jahren gearbeitet haben,
weil es so einzigartig und so
notwendig ist und weil es eine
Antwort auf so viele aktuelle
Bedürfnisse gibt. Es ist das erste
Mal, dass wir diese Art Wohnen
designen: ein Gebäude, das kompakten
und flexiblen Wohnraum bietet und
die Idee von Gemeinschaft mitdenkt.
Gleichzeitig schafft es durch seine
stilvolle Geometrie ein elegantes
Erscheinungsbild. Und ich glaube,
dass diese Art zu leben die Zukunft
ist.
www.van-b.de
Meldung: Anschütz +
Company, PR-Agentur Van B/ Bauwerk
Siehe auch:
Münchner Wohnbauprojekt Van B von
UNStudio