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tinyBE Kuratorin Cornelia Saalfrank
Foto (c) Jan Hassenpflug/ Stadt Frankfurt am Main |
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Ein Tisch, ein Bett, ein Stuhl. Was
klingt wie die spartanische
Einrichtung einer Gefängniszelle,
definiert in der interaktiven
Ausstellung „tinyBE – living in a
sculpture“ in Darmstadt, Wiesbaden
und vor allem im Metzlerpark des
Museums Angewandte Kunst die
bewusste Rückbesinnung auf das
Wesentliche. Eine minimalistische
Ausstattung eint alle bewohnbaren
Skulpturen. Über den abstrakten
Arrangements schwebt die Frage: Was
braucht es wirklich zum Leben? Nicht
nur die Künstler haben sich mit
dieser existenziellen Fragestellung
auseinandergesetzt. Auch die
zufälligen Besucher der öffentlichen
Parkanlage sind eingeladen, zu
reflektieren, was mitten im
materiellen Überfluss unserer Zeit
verzichtbar sein könnte. Neugierige
Blicke sind den seltsamen Häuschen
jedenfalls sicher.
„Niemand wird dieses Erlebnis jemals
vergessen“
Wer noch tiefer in die
Selbstreflexion des eigenen
Lebensentwurfs eintauchen möchte,
kann sich sogenannten „day“ oder „night
experiences“ anschließen. Denn die
Behausungen lassen sich tatsächlich
am Tag und sogar für eine Nacht
buchen. Was sind das für Menschen,
die sich dieser Erfahrung stellen?
„Unter ihnen sind natürlich viele
Abenteurer*innen, Kunst- und
Kunstinteressierte“, verrät
Kuratorin und Initiatorin Cornelia
Saalfrank. „Aber unabhängig von
Hintergrund und Vorwissen hilft die
Kunst dabei, intuitiv das
Wesentliche zu erfassen, zu sich
selbst und zu grundlegenden
Bedürfnissen zurückzukehren. Egal
mit welchen Teilnehmer*innen wir
bisher gesprochen haben – alle sind
sich einig: Es macht etwas mit dir.
Niemand wird dieses Erlebnis jemals
vergessen.“ Das Interesse ist groß.
Schon bald will tinyBE auch kurze
Stippvisiten anbieten. Die gesamten
Erlöse refinanzieren den Bau der
Behausungen und decken das
Engagement der beteiligten
Kunstschaffenden ab.
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Blick in den
Metzler Park im Juli und
Ausstellungsprojekt
tinyBE
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Maximal 30 Quadratmeter Wohnfläche,
nachhaltige Baumaterialien und eine
sanitäre Anlage außerhalb der
Behausung – so die übersichtlichen
Vorgaben, die das Team von tinyBE
den Künstlern mit auf den Weg
gegeben hat. „Für die Premiere in
diesem Jahr haben wir bewusst nicht
ausgeschrieben, sondern
eigeninitiativ sowohl junge,
unbekannte als auch international
renommierte Kunstschaffende
eingeladen. Es war uns wichtig,
nicht etwa reinen Architekt*innen
oder Designer*innen, sondern
Künstler*innen eine Plattform zu
geben“, gibt Saalfrank einen
Einblick in die Vorbereitungen.
Im Hintergrund ragt der
Commerzbank-Turm zwischen den
Baumwipfeln hervor. Er schafft einen
unwirklichen Kontrast zum länglichen
Zeltpavillon, der umgeben von einem
goldenen Gerüst am nördlichen Ende
des Metzlerparks steht. Die
Installation des US-amerikanischen
Künstlerduos Mia Eve Rollow und
Caleb Duarte widmet sich Aspekten
von Vertreibung, Flucht und
Migration. Vier Migranten aus
Frankfurt haben selbst beim Aufbau
mitgewirkt. So haben viele Projekte
in ihrer Entstehung schon einen
interaktiven Charakter. Der „Käfig“
symbolisiert einen ambivalenten
Zufluchtsort, spielt an auf
Ausgrenzung und Integration, die
stetig zu verhandelnden Grenzen
zwischen Innen und Außen, denen jede
Migrationsgeschichte auf ihrem Weg
begegnet. Seefrachtkisten gestalten
das Innere. Sie verweisen darauf,
wie Grundrechte im Kontext der
Flucht verschwinden und der Mensch
zur Ware wird. Überhaupt ist jedes
Detail sorgsam durchdacht. Auch die
goldene Farbe wurde nicht ohne Grund
gewählt. Sie steht für die
Rettungsfolie, die unterkühlten
Körpern, zum Beispiel nach einem
langen Aufenthalt im Wasser, das
Leben sichern kann.
„Jedes tinyBE-Haus greift einen
bestimmten Aspekt auf. Wir haben uns
bewusst für ein interdisziplinäres
Konzept entschieden, bei dem viele
Themen unserer Zeit zum Tragen
kommen“, erklärt Saalfrank. Neben
sozialen Perspektiven haben
mediengeschichtliche Einflüsse, gar
Erkenntnisse aus der Pilzbiotechnik,
oder Hochschul-Kooperationen ihren
Platz. Nachhaltigkeit ist das
verbindende Element. Nicht nur die
Verwendung entsprechender
Baumaterialien festigt dieses
übergeordnete Motiv. Das
Freiluft-Baumhaus von Terence Koh
etwa ist darauf ausgelegt, die
Elemente, Wind und Wetter
unmittelbar spürbar zu machen. Die
Verbindung zur Natur ist hier
allgegenwärtig.
Interaktives Kunsterlebnis mitten im
öffentlichen Raum
Ganz bewusst sind die
Kunstinstallationen keine isolierte
Inszenierung, sondern Teil des
öffentlichen Raums. Die urbane
Atmosphäre ringsherum bleibt
unverändert. Touristen strömen durch
die Parkanlage, Kinder tollen auf
der Wiese herum, Jugendliche sitzen
auf Picknickdecken und hören Musik.
So verliert das Kunstprojekt seinen
Ausstellungscharakter. Stattdessen
verschmilzt es mit der Umgebung und
betont einmal mehr den Gegensatz
zwischen einem minimalistischen
Innenleben der abstrakten Wohnräume
und der urbanen Reizüberflutung im
Außen. Auch das ist Teil der
Erfahrung.
Was ist wirklich wichtig, um
glücklich zu leben? Wenn man sich
mit der Idee hinter tinyBE
auseinandersetzt, lässt einen diese
Frage so schnell nicht mehr los. Sie
trifft den Nerv einer Welt, die sich
wie selten zuvor mitten im Wandel
befindet. Auch wenn das Projekt
einem Kunstcharakter entsprechend
keine eindeutigen Antworten liefert,
so regt es doch dazu an, sich
wesentliche Fragen wieder und wieder
zu stellen. Im Rhythmus von zwei
Jahren will das Team um Cornelia
Saalfrank andere Städte, vielleicht
sogar Frankfurter Partnerstädte, zum
Schauplatz von „tinyBE – living in a
Scuplture“ machen. Dann wieder mit
neuen spannenden Ideen. Ganz sicher
werden auch wieder Menschen
ahnungslos vorbeigehen, stutzig
stehen bleiben und sich Tage später
gedankenversunken Fragen: Was ist
wirklich wichtig?
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Über das bekannte Ticketportal
eventim.de können maximal zwei
Personen eine zweistündige „day
experience“ (Sonntag bis Donnerstag
90 Euro, Freitag bis Samstag 140
Euro pro Ticket) oder eine Nacht
(Sonntag bis Donnerstag 120 Euro,
Freitag bis Samstag 180 Euro pro
Ticket) buchen. Stippvisiten sind
schon ab fünf Euro möglich. Für eine
Führung bezahlen die Besucher 18,50
Euro, ermäßigt 9,50 Euro. Alle
Informationen zum Projekt und
Kunstvermittlungsprogramm samt
Terminen zu einzelnen Führungen
finden sich unter
tinybe.org im Internet.
Autor Jan Hassenpflug
Foto (c)
Kulturexpress, Meldung: Presseinfo
der Stadt Frankfurt am Main (pia)