Wer nach der sogenannten Freigabe
durch den Versicherer mit der
Schadensbeseitigung beginnt, trägt
das Risiko, später die Schadenshöhe
nicht mehr nachweisen zu können.
Etwa wenn der beschädigte Hausrat
entsorgt oder die beschädigten
Bauteile entfernt wurden. Dies nennt
man dann Beweisvereitelung durch den
Versicherungsnehmer.
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Erhaltenswertes Fachwerkhaus |
Versicherungsnehmer mit eigenem
Risikomanagement sorgen ohnehin vor,
indem es jährlich eine Inventur
gibt, welche das Inventar mit
Anschaffungskosten und Zeitwert
(nicht Steuerwert) abbildet.
Verhängnisvoll wird es für
Versicherungsvermittler, welche sich
auf (falsche) Steuerbilanzen
verlassen – etwa wenn dort bereits
abgeschriebene Wirtschaftsgüter
gänzlich fehlen.
Freigabe des Versicherers zur
Reparatur bedeutet noch keine
Kostenübernahme durch Versicherer
Die sogenannte
Freigabe bedeutet nur, dass der
Versicherer keine Einwände hat, wenn
der Versicherungsnehmer mit der
Reparatur beginnt. Er kann sich
durch die Freigabe später nicht auf
eine Obliegenheitsverletzung berufen
durch die Veränderung des
Schadensbildes und damit Erschwerung
seiner Schadenfeststellungen berufen
und schon deshalb seine Leistung
ganz ablehnen. Eine verbindliche
Kostenübernahmeerklärung ist damit
allerdings regelmäßig nicht
verbunden (OLG Frankfurt a. M.,
Urteil vom 18.04.2001, Az. 7 U
97/00).
Provoziert der Versicherer die
Beweisvereitelung durch Freigabe zur
Schadensbeseitigung?
Weil aber die
Freigabe durch den Versicherer diese
Beweisvereitelung geradezu
provoziert, hat das
Oberlandesgericht Saarbrücken mit
Urteil vom 19. September 2012 (5 U
68/12-9) entschieden, dass nach der
Freigabe die Pflicht zum
Schadensbeweis dem
Versicherungsnehmer nicht mehr
zumutbar sei. Dies sei Folge der
fehlerhaften Information durch den
Versicherer.
Beratungspflicht des Versicherers
bei erkennbarem Beratungsbedarf des
Versicherungsnehmers
Weil
Versicherer nämlich nach § 6 des
Versicherungsvertragsgesetzes (VVG)
zur Beratung verpflichtet sind, wenn
Versicherte diese erkennbar
benötigen, lag in der nicht weiter
erläuterten Freigabe eine Verletzung
dieser Beratungspflicht vor. Daher
läge darin stattdessen eine
Beweisvereitelung durch den
Versicherer. Folge ist dann
allerdings auch nicht, dass der
Beweis durch den Versicherungsnehmer
für jedweden behaupteten Schaden als
erbracht anzusehen ist. Der
eigentlich dem Versicherungsnehmer
obliegende volle Schadensbeweis
allerdings war diesem nicht mehr
zumutbar. Sonst könne sich jeder
Versicherer durch eine fehlerhafte
Beratung bei Freigabe seiner Pflicht
zur Versicherungsleistung entziehen.
Keine
Beweisvereitelung bei Möglichkeit
der Beweissicherung durch
selbständiges Beweisverfahren
Der
Bundesgerichtshof (BGH, Urteil vom
11.06.2015, Az. I ZR 226/13)
entschied, dass im Falle einer durch
die Gegenseite vereitelten
Beweisführung, eine Beweisaufnahme
nicht gänzlich unterbleiben kann.
Vielmehr sind zunächst die (ggf.
ergänzend) angebotenen Beweise der
beweispflichtigen Partei zu erheben.
„Stehen solche Beweise nicht zur
Verfügung oder bleibt die
beweisbelastete Partei nach dem
Ergebnis der Beweisaufnahme
beweisfällig, ist eine
Beweislastumkehr in Betracht zu
ziehen und den Beweisangeboten des
Prozessgegners nachzugehen.“
Der
Schadensregulierer des Versicherers
als potentielle Falle für den
Versicherungskunden?
Versicherungsgesellschaften schalten
(auch freiberuflich tätige)
Schadensregulierer ein. Deren Ziel
kann darin bestehen, die
Entschädigung des
Versicherungskunden in Grenzen zu
halten – im Zweifel vielleicht
verbunden mit einer Erfolgsprovision
bezogen auf die Ersparnis des
Versicherers. Beim Einsatz von
Agenten zur Schadenregulierung kann
dies auch durch dessen gutgemeinte
Botschaft erreicht werden, dass der
Versicherer die Freigabe erklärt
hat.
Vorbeugend
können Versicherte sich durch einen
selbst beauftragten Privatgutachter
unterstützen lassen – wobei dessen
Kosten am Ende möglicherweise den
Schaden nur zunächst erhöht. Eine
von manchen Versicherern empfohlene
eigene genaue Bilddokumentation des
Schadens und aller geschädigten
Gegenstände ist angesichts der
Möglichkeiten moderner
Bildbearbeitungssoftware von
zweifelhaftem Wert – Zeugen helfen,
soweit sie sich dann auch erinnern
können.
Chance
für Versicherer, sich erheblichen
Aufwand bei der Schadensregulierung
zu ersparen
Erfolgreich
aber können Versicherer bei Kunden
von Versicherungs-Maklern lediglich
die Freigabe erklären und diesem die
Beratung überlassen. Wenn der
Maklerkunde dann mit der
Schadenbeseitigung beginnt, kann
sich der deshalb nicht selbst zur
Beratung verpflichtete Versicherer
stets wirksam auf dessen
Beweisvereitelung berufen und so
Leistungen verweigern, soweit der
Geschädigte nun den Schaden nicht
mehr beweisen kann. Die
Maklerhaftung wegen der dafür
ursächlichen fehlerhaften Beratung
allerdings geht dann mangels
beweisbarem Schaden ebenso ins
Leere.
Foto (c)
Kulturexpress
Meldung: Dr. Johannes
Fiala, PhD, RA, MBA
Finanzdienstleistungen (Univ.), MM
(Univ.), Geprüfter Finanz und
Anlageberater (A.F.A.), Bankkaufmann
www.fiala.de
und
Dipl.-Math. Peter A. Schramm,
Sachverständiger für
Versicherungsmathematik, Aktuar DAV,
öffentlich bestellt und vereidigt
von der IHK Frankfurt am Main für
Versicherungsmathematik in der
privaten Krankenversicherung
www.pkv-gutachter.de