Kontaktbeschränkungen und
Stay-at-Home: Im Jahr 2020 haben
aufgrund der Einschränkungen der
Covid-19-Pandemie mehr Menschen zu
Büchern, vor allem zu eBooks,
gegriffen. Für die angeschlagene
Verlagsbranche ist das eine echte
Chance, neue Umsätze zu generieren –
wenn sie auf eine intelligente
Preisdifferenzierung setzen, so die
Branchenexpertinnen Lisa Jäger,
Partnerin und Global Head der
Software, Internet & Media Practice,
sowie Frauke Becker, Director, der
globalen Strategie- und
Marketingberatung Simon-Kucher &
Partners.
Im Zuge der Covid-19-Pandemie ist
der eBook-Markt in Deutschland im
vergangenen Jahr gewachsen,
berichtete jüngst der Börsenverein
des deutschen Buchhandels: Der
Umsatz von eBooks am
Publikumsbuchmarkt stieg im Jahr
2020 im Vergleich zum Vorjahr um
16,2 Prozent und der Absatz erhöhte
sich um 10,8 Prozent von 32,4 auf
35,8 Millionen verkaufte Exemplare.
Damit wuchs der Umsatzanteil von
eBooks am Publikumsbuchmarkt von 5,0
Prozent im Jahr 2019 auf 5,9 Prozent
in 2020.
Bedeutet mehr eBook-Leser auch
gleich höhere Gewinne für Verlage?
Auf den ersten Blick sehen diese
Zahlen nach guten Nachrichten für
die Verleger von eBooks aus. Das
bestätigt auch eine unserer jüngsten
Simon-Kucher-Umfragen: Sie zeigt,
dass die Zahlungsbereitschaft für
eBooks im Vergleich zu Print höher
und in den vergangenen Jahren sogar
stark gestiegen ist. Während der
akzeptable Preisaufschlag für eBooks
im Vergleich zu gedruckten Büchern
im Jahr 2011 bei +4 Prozent lag,
betrug er 2020 satte +80 Prozent.
Problematisch ist aber: Diese
Zahlungsbereitschaft schlägt sich
nur bedingt in der Preisentwicklung
des eBook-Marktes nieder. Wie der
Börsenverein des deutschen
Buchhandels ebenfalls feststellte,
sind die Durchschnittspreise für
eBooks zwischen 2012 und 2019 von
10,71 Euro auf 6,32 Euro
kontinuierlich gefallen.
Es ist fraglich, ob sich der Trend
nun umkehrt: 2020 ist der
durchschnittlich vom Käufer gezahlte
Preis um fünf Prozent im Vergleich
zum Vorjahr von den eben erwähnten
6,32 Euro auf 6,63 Euro gestiegen.
Diesen Preisanstieg führen wir
(größtenteils) darauf zurück, dass
mehr höherpreisige Bestseller als
eBooks verkauft wurden. Denn: Stark
nachgefragte Neuerscheinungen auf
Bestsellerlisten sind deutlich
teurer als ältere Bücher mit
geringen Verkaufszahlen. Und so sind
zahlreiche Leser während der
zeitweisen Schließung des
Buchhandels im vergangenen Jahr
umgestiegen und haben Bestseller
nicht als gedrucktes Buch, sondern
als eBook gekauft.
Preisdifferenzierung sorgt für mehr
Absatz
Die gestiegene Anzahl von
eBook-Nutzern lohnt sich monetär vor
allem dann für Verlage, wenn die neu
gewonnene Leserschaft die Vorteile
von eBooks nicht nur kurzzeitig
„ausprobiert“, sondern langfristig
nutzen wird und damit sowohl die
eBook-Nachfrage als auch der Umsatz
durch den Verkauf zusätzlicher Titel
(auch im Longtail) langfristig
steigt. Ansonsten droht lediglich
eine Verschiebung von Print zu
Digital. Dazu ist im nächsten
Schritt eine kluge
Preisdifferenzierung anzuraten, um
die Zahlungsbereitschaft der
potenziellen Leser optimal
auszuschöpfen: Neue Bestseller
können dabei deutlich teurer als
bisher verkauft werden, und Werke
mit geringen Verkaufszahlen werden
zu niedrigen Preisen angeboten. Mit
einer derart gestalteten
Preispolitik haben Verlage gute
Chancen, in Zukunft nicht nur den
Absatz von eBooks zu steigern,
sondern auch deren
durchschnittlichen Preis langfristig
zu erhöhen.