Der geplante Gebäudeeffizienzerlass der Bundesregierung kann zu einer Abrisswelle bei öffentlichen Bundesgebäuden führen. Der Erlass soll die längst überfälligen, angemessenen Effizienzanforderungen für den Neubau und die Sanierung öffentlicher Bundesgebäude festschreiben, damit diese zukünftig den Klimazielen entsprechen. Eine Betrachtung des Lebenszyklus eines Gebäudes als Voraussetzung für die Entscheidung, ob ein Gebäude saniert oder neu gebaut wird, fehlt bisher jedoch. Aus betriebswirtschaftlicher Perspektive scheint deshalb häufig der Abriss und daran anschließende Neubau die wirtschaftlichere Variante. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) warnt deshalb vor einem vorzeitigen Abriss der Gebäude und fordert, die Betrachtung des Lebenszyklus als notwendige Voraussetzung im Erlass stärker einzubeziehen.
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Sanierungsfall ehemaliges
Arbeitsgericht in Frankfurt am Main, Februar 2021 |
In der Regel ist es am
klimafreundlichsten, bestehende
Gebäude solange wie möglich zu
nutzen. Ein Abriss und Neubau lässt
die klimaschädlichen CO2-Emissionen
und den Ressourcenverbrauch im
Bausektor in die Höhe schnellen.
Dabei ist der Effizienzerlass Teil
des Klimaschutzprogramms 2030 und
wurde von der Bundesregierung als
wichtiger Baustein für
Emissionsminderungen im
Gebäudesektor angekündigt.
Dazu Barbara Metz, Stellvertretende
Bundesgeschäftsführerin der DUH:
"Die Bundesregierung verantwortet
einen unglaublichen Sanierungsstau
bei den öffentlichen Gebäuden. Jetzt
droht sie mit einer stümperhaften
Umsetzung des Effizienzerlasses
dafür zu sorgen, dass sich die
Situation zusätzlich verschlechtert.
Das ökologischste Gebäude ist das
Gebäude, das schon da ist. Indem nur
die Emissionen aus der Betriebsphase
der Gebäude zählen, werden viele
Bestandsgebäude schnell zu Altlasten
deklassiert und für den Abriss
freigegeben. Diese Herangehensweise
vernachlässigt völlig die Klima- und
Umweltbelastungen, die durch Abriss
und Neubauten entstehen. Die
Bundesregierung muss den
Gebäudeeffizienzerlass
schnellstmöglich auf eine
ganzheitliche Bewertung von Gebäuden
umstellen. Wir dürfen keine Zeit
mehr verlieren beim Klimaschutz in
öffentlichen Gebäuden."
Allein der Bausektor mit seinen vor-
und nachgelagerten Prozessen trägt
zu acht Prozent der deutschen
Treibhausgas-Emissionen bei. Auch
aus Sicht einer ressourcenschonenden
Baupolitik wären Abriss und Neubau
genau der falsche Schritt für die
Vorbildfunktion von öffentlichen
Gebäuden, auf die im
Klimaschutzprogramm explizit
verwiesen wird. Doch nicht nur die
eingesetzten Materialien für den
Neubau, auch die Bauabfälle belasten
die Ressourcenbilanz des Bausektors
enorm. Aktuell machen Bauabfälle
über die Hälfte des nationalen
Müllaufkommens aus.
Constantin Zerger, Bereichsleiter
Energie und Klimaschutz bei der DUH:
"Mit der Abrissbirne lässt sich im
Gebäudebereich keine gute
Klimapolitik machen. Schon gar
nicht, wenn die öffentliche Hand
ihrer Vorbildfunktion gerecht werden
möchte. Der Erlass blendet
Emissionen und Ressourcenverbrauch
aus dem gesamten Lebenszyklus aus.
Dabei liegen bereits heute
etablierte Verfahren für eine
ganzheitliche Bewertung von Gebäuden
vor. Die Betrachtung des gesamten
Gebäude-Lebenszyklus muss auch in
weiteren gesetzlichen Regelungen
Eingang finden, speziell im
Gebäude-Energie-Gesetz und der
Bundesförderung für effiziente
Gebäude. Nur so können die enormen
Einsparpotenziale in öffentlichen
Gebäuden zielgerecht angegangen
werden."
Hintergrund:
Der Gebäudeeffizienzerlass für
öffentliche Bundesgebäude ist
innerhalb der Ministerien bereits
seit dem letzten Jahr in der
Abstimmung. Aktuell blockiert das
Bundesfinanzministerium noch den
endgültigen Beschluss, die
Verabschiedung durch das
Bundeskabinett wird in wenigen Woche
erwartet. Der Erlass ist
Voraussetzung für die Erstellung von
Sanierungsfahrplänen für die
Bundesliegenschaften.
Links:
Gemeinsamer Aufruf: Den ganzen
Lebenszyklus beim Bauen in den Blick
nehmen - eine Schlüsselfrage für den
Klimaschutz:
https://www.duh.de/lebenszyklus-beim-bauen/
Foto (c)
Kulturexpress, Meldung: Deutsche
Umwelthilfe (DUH), Radolfzell