Das
japanische Vorbild in der
Architektur der Moderne fällt vor
allem dadurch auf, indem Anleihen bei
der japanischen Teehauskultur
genommen wurden. Eine
traditionsreiche in Leichtbauweise
erstellte Architektur, die viel
Ähnlichkeiten mit der einheimischen
Pavillonarchitektur aufweist, was
nicht von ungefähr ist, da diese
schon im 18. Jahrhundert in Gärten
und Parks aus dem asiatischen Raum kommend
in
Europa auftrat. Am
Beispiel zweier Architekten sollen verschiedene
Zeitströmungen und Einflüsse
japanischer Architektur auf den
Wohnungsbau der Moderne in
Deutschland und Europa untersucht
werden. Band 125 aus der Buchreihe
Grundlagen, ist Anfang 2021 bei DOM publishers in Berlin erschienen.
Im 18.
Jahrhundert war der Bedeutungsinhalt
dieser Bauweise noch ein anderer
gewesen. Pavillons galten bevorzugt
als Rückzugsort und als Ort der
Besinnung und zur Erholung, was sich
im Übrigen nur die Reicheren leisten
konnten. Die Moderne wollte etwas
anderes, einen zusätzlichen Raum
schaffen, der unmittelbar zur
Wohnung dazu gehören sollte. Dabei
verhalf die Asymmetrie japanischer
Raumgestaltung den Häusern zum
Durchbruch im 20. Jahrhundert. Bruno
Taut (1880 - 1938) erkannte darin das
Motiv eines Außenwohnraums, der
immer noch den Bezug zur Wohnung
seiner Umgebung beibehält.
Die Umsetzung
im Siedlungsbau erhöhte die
Anforderungen an ein ästhetisches
Merkmal natürlich. Bei
Mehrfamilienhäusern kann es sich im
weitesten Sinne dann nur um die
Hofgestaltung handeln, die in
Betracht gezogen werden kann bei der
ästhetischen Umgestaltung.
In der
japanischen Kultur dienen die
bewusst schlicht eingerichteten
Teehäuser der Teezeremonie. Das
typische japanische Teehaus, das aus
Holz gebaut ist, umgibt ein kleiner
japanischer Garten, oft mit einem
Wasserbecken. Die einfache, aber
dennoch sehr stilvolle Gestaltung
der japanischen Teehäuser geht auf
Sen no Rikyū zurück, der die
Lehre des Wabi-Cha, die
Ästhetik des Schlichten,
Unvollendeten und Unsymmetrischen
vertrat.
Ein Teehaus
besteht aus mehreren Zimmern,
nämlich dem Vorraum (Mizuya), wo die
Teegeräte aufbewahrt werden, einer
Wartehalle (Machiai), in der die
Gäste bis auf ihren Einlass in den
Teeraum warten, und dem typischen
Gartenpfad (Roji), der Teeraum und
Machiai verbindet und den Übergang
in eine andere Welt symbolisiert.
Herzstück des Teeraums ist die
Wandnische (Tokonoma).
Im Anhang der
Publikation findet sich ein Glossar
zugehöriger japanischer
Fachbegriffe, was die Beschäftigung
mit der japanischen Denkweise
unterstützt. Die Bauweise der
europäischen Formen nach
japanischem Vorbild nehmen die
strenge zeremonielle Bedeutung
japanischer Teehäuser jedoch meist nicht so
genau, vielmehr sollte zusätzlicher
Aufenthaltsraum geschaffen werden.
Bei den Architekten wurden dabei im
Übrigen auch Anleihen im englischen
Landhaustil gesucht, da diese
Vorzüge der Arts-and-Crafts-Bewegung
mitbrachten.
Die Konzeption
eines Hauses als Weg und Platz setzt
sich somit insbesondere in Anlehnung
auf die Reformarchitektur in England
zusammen. Die Deutung lässt aber
zugleich einen Vergleich mit der
japanischen Pavillonarchitektur zu. Josef Frank
(1885 - 1967) entwickelte hierzu den
Grundrisstyp eines Einfamilienhauses
mit Garten, der sich als konstitutiv
für mehrere Bauten erwies. Im Buch
werden mehrere dieser Grundrisstypen
vorgestellt: So basiert Typ 1 von
1913 auf der geometrischen Grundform
des Doppelquadrats, wobei
asymmetrische Verfremdungen und
Achsverschiebungen innerhalb der
jeweiligen Grundrissformen typisches
Kennzeichen sind, was sowohl von
Außen als auch Innen ablesbar ist.
Typ 2 und 3 sind in späteren Jahren
entstandene Weiterentwicklungen aus
Typ 1. Sonst wird wenig Bezug auf
bauliche Details genommen. Vor allem
der Gebäudeentwurf als solcher
zählt, ist sozusagen Statement,
welche Positionen der Ästhetik damit
eingenommen werden und wie diese
innerhalb der Debatte aufgefasst
wurden. Der Band ist reich mit
Abbildungen bestückt. Darunter sind
zahlreiche Grundrisse verschiedener
Einfamilienhäuser, die zum Teil in
einem winzigen Format abgedruckt
sind, was jeodch aufgrund seiner
Auflösung bei Vergrößerung immer
noch lesbar bleibt.
Die
Gartenhauskultur hat durchaus
Zukunft, wenn ökologische Ansätze
dazu beitragen zum Beispiel bei der
hauseigenen Stromgewinnung mit
Sonnenkollektoren, die hilfreich der
Wohnraumgestaltung zur Seite stehen.
Auch die Einrichtung von Biotopen
kann den Raum zwischen Wohnhaus und
Außenraum sinnvoll ergänzen.
Ökologische Gedankengänge verfolgt
die Publikation vordergründig nicht.
Hier geht es vor allem um die
architektonische Auseinandersetzung
mit der frühen Moderne des 20.
Jahrhunderts, womit ein Beitrag zur
Rezeption dieser
Architekturformen und deren
Abstraktion gesetzt wurde. Was
jedoch insgesamt eine Ideengeschichte reflektiert,
die bis in die Gegenwart hinein ihre
Fortsetzung findet.
Blick ins Buch...
Das
japanische Vorbild
Raumkonzeptionen bei Josef Frank und
Bruno Taut
Ein Beitrag zur Ideengeschichte der
Modernen Architektur
von Corinne Elsesser
DOM publishers, Berlin
1. Auflage, 2021
Softcover, 240 Seiten
100 Abb., farbig u. s/w
Größe: 210 × 230mm
ISBN 978-3-86922-775-7