Im
Jahr 2021 will die bedeutendste
Architektursammlung des Landes mit
der Eröffnung der neuen
Schausammlung des Az W ein kräftiges
Lebenszeichen geben. Die Ausstellung
„Boden für Alle“ setzt ein Plädoyer
für eine mutige Bodenpolitik und die
Soloschau der mexikanischen
Architektin Tatiana Bilbao holt
erstmals ihre seismografischen
Arbeiten nach Österreich.
Gleichzeitig wird das stark
ausgebaute Onlineangebot
weitergeführt.
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Ausstellungsansicht "Boden für Alle"
Foto © Lina Rastl, Architekturzentrum Wien |
„Vieles musste und
muss in der Pandemie neu gedacht
werden. Nicht verändert, sondern
sogar noch verschärft haben sich
zentrale Fragen für Architektur und
Stadtplanung, wie Klimakrise,
leistbares Wohnen und eine kluge
Bodenpolitik“, so Az W-Präsident
Hannes Swoboda. „Umso mehr freut es
mich, dass wir in das Jahr 2021 mit
der Ausstellung „Boden für Alle“
starten.“
Anschaulich und konkret zeigt die Ausstellung
„Boden für Alle“, wieso wir
den Umgang mit dieser kostbaren
Ressource ändern müssen und wie das
gehen könnte. Über die
fortschreitende Zersiedelung des
Landes wird seit Jahrzehnten
diskutiert und trotzdem wird weiter
Bauland gewidmet, werden neue
Einkaufszentren auf der grünen Wiese
und Chaletdörfer in den Alpen
errichtet. Die Ausstellung „Boden
für Alle“ will aufrütteln und
Alternativen aufzeigen. Im Laufe des
Jahres wird sie in die Bundesländer
wandern und sicher auch dort für
kontroverse Diskussionen sorgen. Im
Az W wird sie aktuell bis 19.07.2021
verlängert.
„Was kann Architektur? Was kann sie
zu einem guten Leben für alle
beitragen? Antworten darauf finden
sich nicht nur in aktuellen
Ausstellungen, sondern auch in
unserer Sammlung. Mit der neuen
Schausammlung entwirft das Az W eine
Blaupause für ein (Architektur)Museum
der Zukunft“, so Az W-Direktorin
Angelika Fitz.
In der Schausammlung
„Hot Questions – Cold Storage“,
deren Eröffnung für Oktober geplant
ist, werden viele Originalobjekte
erstmals zu sehen sein, darunter
prominente und weniger bekannte.
Sieben „heiße Fragen“ erwecken den
„stillen Speicher“ zum Leben, von
den Auswirkungen der Globalisierung
auf unsere Städte und Dörfer über
die Frage „Wie wollen wir wohnen?“
bis zum Beitrag, den Architektur für
unser Überleben auf diesem Planeten
leisten kann.
Ab August stellt das Az W
die mexikanische Architektin Tatiana
Bilbao vor, deren Projekte
von ökologischen und sozialen
Gedanken, aber auch von einer großen
Poesie getragen sind. „Wenn man aus
einem Land kommt, in dem viele
Menschen nur über sehr wenige
wirtschaftliche Ressourcen verfügen,
ist man es gewohnt, diese nicht zu
verschwenden“, so Tatiana Bilbao.
Die Ausstellung
„Critical Care. Architektur für
einen Planeten in der Krise“ setzt
2021 ihre Tournee unter anderem in
Dornbirn und Zürich fort.
Im August wird wieder der
beliebte Architektur.Film.Sommer den
Hof des Az W bevölkern, diesmal zum
Thema „Erde ohne Boden – worauf
bauen wir morgen?“. Das ganze Jahr
über wird es ein dichtes
Veranstaltungs- und
Vermittlungsprogramm geben, sei es
in digitalen, analogen oder hybriden
Formaten.
Rückblick 2020
„Das Jahr 2020 war auch für das
Architekturzentrum Wien eine
Herausforderung und vieles musste
neu gedacht werden. Umso mehr freut
es uns, dass wir das geplante
Programm so gut wie vollständig
umsetzen konnten, wenn auch zum Teil
in den virtuellen Raum verlagert“,
so Az W-Geschäftsführerin Karin Lux.
Wie alle Museen verzeichnete das Az
W im Jahr 2020 einen beträchtlichen
Besucher*innenrückgang, und zwar vor
Ort um rund 60%. Gleichzeitig sind
die Onlineprogramme des Az W und die
damit einhergehenden Onlinekontakte
exponentiell gestiegen. Die
Ausstellung „Balkrishna Doshi.
Architektur für den Menschen“ konnte
Corona-bedingt leider nur kurz
gezeigt werden, zog aber in den
wenigen Wochen ein großes Publikum
an. „Europas beste Bauten“ gewann
angesichts der Erfahrungen mit
Home-Schooling und Home-Office
besondere Anschauungskraft, plädiert
das Gewinnerprojekt von Lacaton &
Vassal doch für eine neue
Großzügigkeit im Sozialen Wohnbau.
Aus der Az W-Sammlung generiert
wurden die Ausstellungen „Kalter
Krieg und Architektur. Beiträge zur
Demokratisierung Österreichs nach
1945“ sowie „Vorarlberg – Ein
Generationendialog“, die Positionen
der legendären Vorarlberger
Baukünstler in Beziehung zur
aktuellen Generation setzte.
Anschließend an die Präsentation im
Az W wurde sie auch im vai in
Dornbirn gezeigt. Ebenfalls auf Tour
war die Az W-Ausstellung „Critical
Care. Architektur für einen Planeten
in der Krise“, die mit großem Erfolg
in Berlin und Dresden gezeigt wurde.
Anfang September widmete sich die
Reihe „Sammlung mit Aussicht“
anlässlich des 100. Geburtstags von
Adolf Loos dem Einfluss seines
Werkes auf die zeitgenössische
Architektur. Und kurz vor
Weihnachten konnte nach mehrjähriger
Recherche die Ausstellung „Boden für
Alle“ eröffnet werden, musste aber
aufgrund des Lockdowns bereits nach
drei Wochen wieder geschlossen
werden. Sie wird nun 2021
verlängert.
Neben dem geplanten
Vermittlungsprogramm von
Architektur.Film.Sommer bis zu
Symposien, Vorträgen, Führungen und
Exkursionen wurden eigene digitale
Formate kreiert, wie die
internationale Diskussionsreihe
„Brot & Rosen“ oder die aus der
Sammlung gespeiste Serie
„Architekt*innen reisen“.
„Kultur ist in diesen Zeiten kein
Luxusgut, sondern ein Menschenrecht,
davon sind wir überzeugt. Das Museum
verstehen wir als zentralen Ort der
gesellschaftlichen Reflexion und des
öffentlichen Lebens. Deshalb hoffen
wir sehr, dass wir das Museum in den
nächsten Monaten als konkreten
Erfahrungsraum und als Ort für
persönliche Begegnungen offen halten
können“, so Az W-Direktorin Angelika
Fitz abschließend.
Meldung:
Architekturzentrum Wien,
Museumsquartier Wien
BODEN FÜR ALLE
Herausgegeben von Angelika Fitz,
Karoline Mayer, Katharina Ritter und
dem Architekturzentrum Wien
1. Auflage, 2020
Broschur, 320 Seiten, 198 farbige
und 2 sw Abbildungen und Grafiken
16.5 x 24 cm
ISBN 978-3-03860-225-5
Wo bleibt angesichts der drohenden
Klimakatastrophe und des sorglosen
oder kapitalgetriebenen Umgangs mit
der endlichen Ressource Boden eine
vorausschauende und mutige
Bodenpolitik?
Der Boden ist unser kostbarstes und
vor allem ein nicht vermehrbares
Gut. Ein sorgloser oder
kapitalgetriebener Umgang mit dieser
Ressource hat die Zersiedelung
beschleunigt. Die fortschreitende
Versiegelung des Bodens trägt zur
Klimakrise bei und gefährdet die
Ernährungssicherheit. Die Hortung
von Grundstücken und die Spekulation
verteuern das Wohnen und führen zu
schleichender Privatisierung des
öffentlichen Raums. Schwache oder
nicht angewandte Instrumente der
Raumplanung, steuerliche Fehlanreize
und eine weithin mutlose Politik
schreiben den Status quo fort,
anstatt Visionen für die Zukunft zu
entwickeln.
Anschaulich und konkret, kritisch
und manchmal auch unfreiwillig
absurd erläutert Boden für Alle die
politischen, rechtlichen und
wirtschaftlichen Hintergründe.
Fallstudien und Begriffserklärungen
bringen Licht in das Dickicht der
Zuständigkeiten. Ländervergleiche
veranschaulichen Stärken und
Schwächen verschiedener Modelle, und
internationale Best-Practice-
Beispiele zeigen Alternativen auf.
Eine Sammlung von bereits
bestehenden und möglichen neuen
Instrumenten weist Wege zu einer
Raumplanung, die die Ressource Boden
schont, den Klimawandel abfedert,
der Wohnungsfrage hilft und eine
gute Architektur ermöglicht.
Angelika Fitz ist seit 2017
Direktorin des Architekturzentrum
Wien. Seit Ende der 1990er- Jahre
ist sie international als Kuratorin,
Vortragende sowie in Beiräten und
Jurys tätig und war unter anderem
2003 und 2005 Kommissärin für den
österreichischen Beitrag zur
Architekturbiennale São Paulo.
Karoline Mayer ist
Architektin, Kuratorin, Fotografin
und Filmemacherin. Seit 2011 ist sie
im Architekturzentrum Wien für das
Veranstaltungsprogramm und den
Architektur. Film.Sommer
verantwortlich.
Katharina Ritter ist Juristin
und Kuratorin und seit 2006
Programmkoordinatorin im
Architekturzentrum Wien. Davor war
sie ab 1994 als freie Kuratorin und
2002 und 2004 als Projektleiterin
des österreichischen Beitrags zur
Architekturausstellung der Biennale
Venedig tätig.
Das Architekturzentrum Wien ist das
österreichische Architekturmuseum.
Das Az W zeigt, diskutiert, sammelt
und erforscht, wie Architektur und
Stadtentwicklung das tägliche Leben
aller Menschen prägen.
Blick ins Buch...