Modulbau RWTH Aachen Campus

Das Center Building and Infrastructure Engineering (CBI) im Cluster Bauen auf dem RWTH Aachen Campus veröffentlicht den ersten Praxisleitfaden für brandschutztechnische Nachweise im Modulbau. Die Mitglieder im CBI - führende Raumzellen-Hersteller sowie RWTH-Experten - erarbeiteten in Kooperation mit dem Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW innerhalb von einem Jahr ein Dokument, in dem Hinweise zum Nachweis von brandschutztechnischen Eigenschaften von Modulbaukonstruktionen komprimiert zusammengefasst wurden.

 

 

 

Typ 1 (Seefrachtcontainer) | Wertheim | Containerwerk

Foto (c) Stefan Hohloch

"Die Bedeutung von modularem Bauen steigt immer weiter an. Die steigenden Bevölkerungszahlen und der demographische Wandel erfordern eine schnelle und qualitätsvolle Schaffung von Wohnraum sowie von Gesundheits-, Bildungs- und Betreuungsimmobilien. Für den Erfolg dieser Bauweise mit Raummodulen, Containern oder auch ehemaligen Seefrachtcontainern, auch übergeordnet als Raumzellen bezeichnet, sind unter anderem drei Themen aktuell von hoher Relevanz: der Zulassungs- und Genehmigungsprozess zum Brandschutz, die Nachhaltigkeitsbewertung von Raumzellengebäuden und das Building Information Modeling (BIM). Der Modulbau hat sich dabei in den letzten Jahren in vielfältiger Art und Weise weiterentwickelt. Mit dem neuen Praxisleitfaden werden Unsicherheiten für Bauherrschaften, Planer, Hersteller und Behörden in puncto Brandschutz beseitigt", erläutert Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW.
 

Im Center Building and Infrastructure Engineering schlossen sich Raumzellenexperten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Landesverwaltung zusammen, um sich mit aktuellen, relevanten Herausforderungen für eine erfolgreiche Bauweise mit Raummodulen, Containern oder auch ehemaligen Seefrachtcontainern zu befassen. Das Konsortium umfasst das Institut für Stahlbau der RWTH Aachen University mit seinem Lehrstuhl für Stahl und Leichtmetallbau sowie dem Lehr- und Forschungsgebiet Nachhaltigkeit im Metallleichtbau,die Raumzellen-Experten Algeco, ALHO, AMTRA, BOLLE, Cadolto, containerwerk, ELA, SÄBU, KLEUSBERG, ProContain, Zeppelin Rental sowie den Brandschutz-Experten BFT Cognos.  Im ersten Schritt sah das Konsortium die gemeinsame Herausforderung darin, grundsätzliche rechtliche Fragen bei der Verwendung von Raumzellen unter brandschutztechnischen Aspekten zu klären.

Erstes Konsortialprojekt: Brandschutztechnische Nachweisführung im Modulbau
 

 

Typ 2 Interimsschule, Wiesbaden, KLEUSBERG

Foto (c) Rüdiger Mosler

 

In Bauprojekten mit Raumzellen stellen sich Bauherrschaften, Planer, Hersteller und Behörden immer wieder die Frage, welche bautechnischen Nachweise, insbesondere zum Brandschutz, konkret erforderlich sind. Da bisher kein einheitliches Verständnis bei allen Beteiligten hinsichtlich der Eigenschaften, Voraussetzungen und Eignungen der Nachweise besteht, führt dies zu Unsicherheiten und Verzögerungen in den Projektabläufen sowie letztendlich Kostenanstiegen. Die Folge: Die eigentlichen Vorteile der Raumzellen-Bauweise gegenüber der konventionellen Bauweise, die neben ökologischen Aspekten insbesondere in einer kürzeren Projektdauer sowie in potentiell geringeren Projektkosten liegen, kommen nicht zum Tragen. Das Industrie- und Wissenschaftskonsortium erarbeitete in regelmäßigen Arbeitstreffen den ersten Praxisleitfaden zu Anforderungen an Bauteile von Raumzellengebäuden als Stahltragkonstruktion aus Gründen des Brandschutzes. Diese einheitliche Hilfestellung für Bauherrschaften, Planer, Hersteller sowie Behörden umfasst

- die Einführung und Definition von Begrifflichkeiten und Anforderungen,
- die Unterteilung in drei Raumzellentypen: Typ I (Seefrachtcontainer), Typ II (nach außen freie Stahlrahmen) und Typ III (nach außen beplankte Stahlrahmen),
- die Auflistung und Evaluierung der Nachweisformen der Verwendbarkeit und Anwendbarkeit auf nationaler sowie europäischer Ebene und
- die Darstellung alternativer Nachweisansätze auf Basis der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen.

 

 

Typ 3 (nach außen beplankte Stahlrahmen) | Modulbau für VOLVO
Foto (c) ALHO Holding GmbH

Jörg Löber, Geschäftsführer der ALHO Systembau GmbH und mit seinem Unternehmen Premium-Mitglied im Center Building and Infrastructure Engineering (CBI), über das Konsortialprojekt: "Als führendes Modulbauunternehmen stehen wir für innovative und hochwertige Immobilien. Daher freuen wir uns, dass wir als Premium-Mitglied des Campus unsere Kompetenz und Erfahrung in den Praxisleitfaden einbringen und für Planungssicherheit in unserer Bauweise sorgen können." Jens Vetter, Geschäftsführer der KLEUSBERG GmbH & Co KG, ebenfalls Premium-Mitglied im CBI, fügt hinzu: "Als Hersteller modularer Gebäude sind wir von KLEUSBERG sehr froh über den konstruktiven Austausch mit Bedarfsträgern, Planern und Genehmigungsbehörden. Zielsetzung ist die eindeutige Differenzierung zwischen den am Markt befindlichen Lösungen und deren spezifischen Eigenschaften - insbesondere hinsichtlich Brandschutz und damit der baurechtlich abgesicherten Genehmigungsfähigkeit."

 

Weitere Lösungen für den Modulbau

 

Die Veröffentlichung des Praxisleitfadens ist der erste Teil zum Brandschutz im Modulbau. In Phase 2 werden die Mitglieder im CBI verschiedene Konstruktionsmerkmale für Raumzellentypen in brandschutztechnischer Hinsicht erarbeiten und versuchen, Standards zu definieren und Bauprozesse zu beschleunigen.

"Seit vielen Jahren lösen wir die brandschutztechnischen Herausforderungen bei der Umsetzung von Individuellen Raumzellengebäuden mit der gesamten Bandbreite des Brandschutzingenieurwesens. Im CBI haben wir die Chance gesehen, die Stan-dardisierung dieser Bauweise konsortial und gemeinschaftlich mit den Herstellern, den Materialprüfern, der Wissenschaft und dem Bauministerium anzugehen. Mit dem Praxisleitfaden haben wir einen großen ersten Schritt in die richtige Richtung getan", so Georg Spennes, Geschäftsführender Gesellschafter der BFT Cognos GmbH.

Nachhaltigkeitsbewertung von Raumzellengebäuden

Nachhaltiges Bauen erfährt einen immer höheren Stellenwert auch im Modulbau. Das Center Building and Infrastructure Engineering führt bereits ein Konsortialprojekt mit einer vertieften Bestandsaufnahme des aktuellen Technikstandes sowie der Nachhaltigkeitsbewertung von Raumzellengebäuden durch. Dabei werden mit den Konsortialpartnern die möglichen Anwendungsfelder definiert.

Building Information Modeling (BIM) im Modulbau

Mit der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung steht das Bauwesen vor einem grundlegenden Paradigmenwechsel über die gesamte Wertschöpfungskette des Bauens und Betreibens. Mit dem Fokus auf Modulbau initiiert das Center Buil-ding and Infrastructure Engineering gemeinsam mit dem BIM Center Aachen einen Workshop zum Thema BIM. Weitere Informationen hierzu folgen in Kürze.

Dr. Carl Richter, Geschäftsführer des Centers Building and Infrastructure Engineering (CBI), über die Modulbau-Aktivitäten auf dem RWTH Aachen Campus: „ir freuen uns, dass wir innerhalb des letzten Jahres eine sehr starke Community und Expertise im Modulbau in Aachen aufgebaut haben. Das gemeinsame Wissen bringen wir auch in die nächste Projektphase sowie den nächsten Projekten wie die Nachhaltigkeitsbewertung von Raumzellengebäuden und das Building Information Modelling ein."

 

Typ 3 (nach außen beplankte Stahlrahmen) | Verwaltungsgebäude Regensburg | KLEUSBERG Modulares Bauen
Foto (c) Rüdiger Mosler

 

Das Center Building and Infrastructure Engineering (CBI)

Das Center Building and Infrastructure Engineering (CBI) im Cluster Bauen ging An-fang 2019 mit zehn immatrikulierten Unternehmen an den Start. Mittlerweile sind 22 Unternehmen aus verschiedenen Bereichen des Bauwesens im CBI aktiv. Die Ziel-setzung des CBI liegt in der Entwicklung einsatzoptimierter Materialien und maßge-schneiderter Bauprodukte und -systeme sowie in der digitalen Abbildung der Prozesse im konstruktiven Ingenieurbau. Das CBI möchte zusammen mit der Industrie Innovationen sowie Technologietransfers effizienter umsetzen und somit schneller vom Labor auf die Baustelle bringen.

Erster Praxisleitfaden für brandschutztechnische Nachweise im Modulbau

Wissenschaft, Wirtschaft und Politik schaffen gemeinsam eine Grundlage zur weiteren Entwicklung von systemrelevanten Standards

Die Bedeutung von modularem Bauen nimmt immer weiter zu. Die steigenden Bevöl-kerungszahlen und der demographische Wandel erfordern eine schnelle und qualitäts-volle Schaffung von Wohnraum sowie von Gesundheits-, Bildungs- und Betreuungs-immobilien. Für den Erfolg dieser Bauweise mit Raummodulen, Containern oder auch ehemaligen Seefrachtcontainern sind die bauordnungsrechtlichen Anforderungen beim Zulassungs- und Genehmigungsprozess relevant. In Bauprojekten mit Raumzel-len stellen sich Bauherrschaften, Planer, Hersteller und Behörden immer wieder die Frage, welche bautechnischen Nachweise, insbesondere zum Brandschutz, konkret erforderlich sind. Da bisher kein einheitliches Verständnis bei allen Beteiligten hinsicht-lich der Eigenschaften, Voraussetzungen und Eignungen der Nachweise besteht, führt dies zu Unsicherheiten und Verzögerungen in den Projektabläufen sowie letztendlich Kostenanstiegen. Die Folge: Die eigentlichen Vorteile der Raumzellen-Bauweise ge-genüber der konventionellen Bauweise, die neben ökologischen Aspekten insbeson-dere in einer kürzeren Projektdauer sowie in potentiell geringeren Projektkosten liegen, kommen nicht zum Tragen.

Konsortialprojekt zum Brandschutz im Modulbau

Das deutschlandweit tätige Sachverständigenbüro BFT Cognos (Aachen), immatriku-liertes Mitglied im Center Building and Infrastructure Engineering auf dem RWTH Aachen Campus, erkannte das Potenzial eines Industrie- und Wissenschafts-konsor-tiums im Modulbau. Georg Spennes, Geschäftsführer der BFT Cognos und Centerlei-ter Dr. Carl Richter ergriffen gemeinsam die Initiative. Nach einem ersten Treffen mit einigen Raumzellenherstellern schlossen sich mit der Zeit elf Unternehmen als Kon-sortium zusammen und wurden Mitglied im Center Building and Infrastructure Engine-ering: Algeco, ALHO, AMTRA, BFT Cognos, BOLLE, Cadolto, containerwerk, ELA, SÄBU, KLEUSBERG, ProContain, Zeppelin Rental. Von der wissenschaftlichen Seite ist das Institut für Stahlbau der RWTH Aachen University mit seinem Lehrstuhl für Stahl und Leichtmetallbau sowie dem Lehr- und Forschungsgebiet Nachhaltigkeit im Metall-leichtbau in dem Konsortium vertreten. Parallel sah ebenfalls das Ministerium für Hei-mat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes Nordrhein-Westfalen eine hohe Relevanz dieses Themas und wurde Kooperationspartner des Konsortiums.

Der aktuelle Nutzen

Der Praxisleitfaden bietet Bauherrschaften, Planern, Herstellern sowie Behörden eine einheitliche Hilfestellung. Für das Aachener Konsortium ergeben sich jedoch noch weitere Vorteile durch diese Zusammenarbeit: 3/4

Die beteiligten Hersteller bringen ihre Fragestellungen direkt auf politischer Ebene ein.

 Da sie direkt an der Ausarbeitung beteiligt waren konnten sie mit ihrem Wissens-vorsprung früher auf die gewonnenen Erkenntnisse reagieren beziehungsweise diese umsetzen.

 Das Institut für Stahlbau der RWTH erweitert aufgrund dieses Konsortialprojektes sein Lehrangebot, in dem es gemeinsam mit dem Brandschutzexperten BFT Cog-nos eine neue Brandschutzvorlesung für Studierende entwickelt.

Fortsetzung folgt: Konstruktionsmerkmale und technische Standards

 

 

Typ 2 (nach außen freier Stahlrahmen) | Baustellenbüro München | ProContain, Foto (c) ALHO Holding GmbH

Der Praxisleitfaden ist Teil einer mehrstufigen Strategie des Centers Building and Inf-rastructure Engineering und seiner Mitglieder, der in Phase 1 nun mit Veröffentlichung abgeschlossen wurde. In Phase 2 werden jetzt mit einer Projektlaufzeit von bis zu ei-nem Jahr Konstruktionsmerkmale für die drei Raumzellentypen erarbeitet. Das Kon-sortium steht dabei beispielsweise vor der Herausforderung, für den Raumabschluss einer Raumzelle mehrere Konstruktionsmerkmale für einen technischen Standard für den Brandschutz zu entwickeln. Der gesamte Raumabschluss muss die Fähigkeit be-sitzen, einem Brand so standzuhalten, dass kein Rauch oder Feuer aus der Raumzelle austritt. In aktuellen Testverfahren werden derzeit nur einzelne Bauteile einer Raum-zelle verbrannt, um das Verhalten raumabschließender Materialien zu bewerten. Per-spektivisch könnten in Phase 3 die final erarbeiteten Konstruktionsmerkmale in einer Richtlinie für Modulbaukonstruktionen zusammengefasst werden.

Meldung: RWTH Aachen Campus

 

Kulturexpress ISSN 1862-1996

 vom 16. Januar 2021