Das Bundesverwaltungsgericht in
Leipzig hat am 03. November die
Rechtmäßigkeit einer festen
Fehmarnbelt-Querung beschlossen. Mit
dieser Entscheidung hat das Gericht
den Planfeststellungsbeschluss vom
31. Januar 2019 bestätigt. Die
anhängige Klage gegen den deutschen
Vorhabenabschnitt der Festen
Fehmarnbeltquerung von Puttgarden
nach Rødby wurde somit abgewiesen.
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Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
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Ohne die
bevorstehende schriftliche
Urteilsbegründung gelesen zu haben,
ist Scandlines daran interessiert,
dass das Gericht die
Schiffssicherheit verstärkt
berücksichtigt und den
Scandlines-Fähren Vorfahrt lässt,
wenn Transportschuten, mit denen
Aushubmaterial nach Dänemark
gebracht werden soll, ihre Fahrt
aufnehmen, so dass der Fährbetrieb
während der Bauphase so wenig wie
möglich beeinträchtigt wird. Genauso
müssen seeseitige Arbeitsbereiche
bezüglich ihrer maximalen Anzahl und
Ausdehnung eingeschränkt werden.
Scandlines erkennt an, dass Femern
A/S eine Vielzahl von Maßnahmen mit
den zuständigen deutschen Behörden
abstimmen muss – ein Vorgehen, das
so im Planfeststellungsbeschluss
nicht vorgesehen war. „Wir fordern
jedoch immer noch eine
gleichberechtigte straßenseitige
Anbindung des Fährhafens in
Puttgarden. Die geplante Anbindung
ist für uns nur eine marginale
Anpassung und weiterhin eine
signifikante Herabstufung im
Vergleich zu der aktuellen Anbindung
und durchaus zugunsten unseres
staatlichen Tunnelkonkurrenten. Wir
können daher diese Lösung nicht
akzeptieren und werden sie örtlich
wie in der EU anfechten. Es kann
nicht sein, dass Femern A/S einen
schlechteren Zugang zu unserem
Fährterminal entwerfen kann,“ so
Søren Poulsgaard Jensen.
Scandlines hat stets betont, auch
während des Baus und nach der
Öffnung der Festen
Fehmarnbelt-Querung ein wichtiger
Bestandteil der europäischen
Verkehrsinfrastruktur zu bleiben.
Gegenstand des
Planfeststellungsbeschlusses vom 31.
Januar 2019 ist ein kombinierter
Straßen- und Eisenbahntunnel, der
die Insel Fehmarn mit der dänischen
Insel Lolland verbinden soll. Der
Tunnel ist rund 18 km lang; etwa die
Hälfte davon entfällt auf den
deutschen Vorhabenteil. Das Bauwerk
ist bis zu 47 m breit und bis zu 13
m hoch. Es wird aus Fertigelementen
zusammengesetzt. Diese werden in
einer eigens hierfür auf Lolland
errichteten Fabrik hergestellt und
dann in eine auf dem Meeresboden
gegrabene Rinne abgesenkt. Der
Tunnel umfasst in getrennten Röhren
eine vierstreifige Straße, eine
zweigleisige elektrifizierte
Bahnstrecke sowie einen Wartungs-
und Evakuierungskorridor. Nach dem
der Planung zugrundeliegenden
deutsch-dänischen Staatsvertrag von
2009 wird Dänemark die Feste
Fehmarnbeltquerung auf eigene Kosten
errichten und betreiben. Zu diesem
Zweck hat Dänemark eine private
Gesellschaft gegründet. Die Kosten
sollen über Mautgebühren und
Schienen-Nutzungsentgelte
refinanziert werden.
Das Bundesverwaltungsgericht hatte
über insgesamt sechs Klagen zu
entscheiden. Kläger sind zwei
Umweltverbände, drei Unternehmen -
darunter die Betreiberin der
bestehenden Fährlinie
Puttgarden-Rødby - sowie die Stadt
Fehmarn. Die Klageverfahren dreier
weiterer Gemeinden sowie eines
Landwirts wurden einvernehmlich
beendet. Die noch anhängigen Klagen
blieben ohne Erfolg.
Dem Vorhaben fehlt es nicht an der
Planrechtfertigung. Der
Verkehrsbedarf für die Feste
Fehmarnbeltquerung ist gesetzlich
festgestellt. Die EU-Kommission
zählt die Fehmarnbeltquerung
unverändert zu den fünf wichtigsten
grenzüberschreitenden Projekten des
transeuropäischen Verkehrsnetzes.
Die mit der Verwirklichung des
Projekts verbundene Verkürzung der
Fahrzeit zwischen Hamburg und
Kopenhagen wird absehbar zu einer
Verlagerung von Verkehren führen,
die derzeit mit einem erheblichen
Umweg über den Großen Belt
abgewickelt werden. Zwar bleibt auch
dann das erwartete
Kraftfahrzeugaufkommen deutlich
unterhalb der durchschnittlichen
Auslastung deutscher Autobahnen.
Davon mussten die Vertragsstaaten
aber den Bedarf für eine Anbindung
der wesentlich dünner besiedelten
und an der Peripherie Europas
gelegenen skandinavischen Staaten an
das kontinentaleuropäische
Verkehrsnetz nicht abhängig machen.
Rechtswidrig ist die Planung auch
nicht unter dem Gesichtspunkt einer
fehlenden Finanzierbarkeit des
Projekts. Die Finanzierung ist
grundsätzlich weder Gegenstand der
Planfeststellung noch ihrer
gerichtlichen Überprüfung. Die zu
Gunsten der Betreibergesellschaft
vorgesehenen dänischen
Staatsbeihilfen sind jedenfalls
nicht evident europarechtswidrig.
Der angegriffene
Planfeststellungsbeschluss verstößt
nicht gegen das Naturschutzrecht. So
wurde zum Schutz der im Fehmarnbelt
lebenden Schweinswale vor Baulärm
ein vorsorglicher Grenzwert
festgesetzt, der deutlich unter dem
Quellpegel großer Schiffe und Fähren
liegt. Für eine eventuell
erforderliche Unterwassersprengung
von Munitionsaltlasten werden Geräte
zur Erzeugung eines sogenannten
Blasenschleiers vorgehalten, der die
Schallausbreitung um 90 Prozent
reduziert. Eingehende Untersuchungen
haben auch plausibel gemacht, dass
die Durchführung des Projekts kein
erhebliches Störungs- oder gar
Tötungsrisiko für Rastvögel,
insbesondere die im Fehmarnbelt
zahlreich überwinternden Eiderenten,
bewirkt.
Im Hinblick auf die im Fehmarnbelt
vorhandenen Riffe trägt die Planung
ferner dem Biotopschutz hinreichend
Rechnung. Die Vorhabenträger haben
eine methodisch ordnungsgemäße
Bestandsaufnahme erstellt. Sie
durften sich dabei auf eine
repräsentative Beprobung des
Meeresbodens in dem großen
Untersuchungsgebiet beschränken.
Soweit Riffe im näheren Bereich der
Tunneltrasse erst nach Erlass des
Planfeststellungsbeschlusses durch
ein wissenschaftliches
Forschungsprojekt der Universität
Kiel erkannt worden sind, führt dies
nicht zur Rechtswidrigkeit des
Planfeststellungsbeschlusses. Wegen
des gesetzlichen Verbots, Biotope zu
zerstören oder zu beschädigen, darf
allerdings das Vorhaben in diesem
Bereich nicht durchgeführt werden,
ohne dass über eine
Eingriffsvermeidung bzw. eine
Befreiung von dem Verbot
nachträglich entschieden wird. Zu
diesem Zweck haben Vorhabenträger
und Planfeststellungsbehörde die
Durchführung eines ergänzenden
Verfahrens angekündigt.
Bezüglich der Ausführungsvarianten
des Tunnels durfte sich die
Planfeststellungsbehörde für einen
Absenktunnel und gegen einen
Bohrtunnel entscheiden, obwohl
dieser unter Umweltgesichtspunkten
günstiger gewesen wäre. Denn ein
Bohrtunnel hätte nicht nur ein
Drittel höhere Baukosten verursacht,
sondern wäre auch wegen des
erforderlichen Durchmessers der
Tunnelvortriebsmaschinen, der Länge
der Bohrstrecke und des hohen
Wasserdrucks mit unvertretbaren
Risiken verbunden gewesen.
Ein durchgreifender Abwägungsfehler
ist der Behörde auch nicht in Bezug
auf die Belange einzelner Kläger
unterlaufen. Das gilt insbesondere
für das Unternehmen Scandlines, das
seinen Fährbetrieb auch nach dem
Tunnelbau aufrechterhalten will. Der
Fährhafen wird dann zwar über keine
kreuzungsfreie Straßenanbindung mehr
verfügen. Die Planung wird aber noch
im laufenden Verfahren optimiert,
insbesondere durch eine eigene
Einfädelungsspur vom Hafen auf die B
207 und verkehrsabhängig gesteuerte
Ampeln, die auch künftig eine zügige
Entleerung der Fähren ermöglichen.
Foto (c)
Bundesverwaltungsgericht, Leipzig