MedUni Wien-Studie liefert neue
Erkenntnisse für ein besseres
Verständnis der Erkrankung – und
mögliche Biomarker für die
Impfstoffentwicklung.
Ein Team von
WissenschafterInnen der MedUni Wien
unter der Leitung des Immunologen
Winfried F. Pickl und des
Allergologen Rudolf Valenta (beide
vom Zentrum für Pathophysiologie,
Infektiologie und Immunologie)
konnte in einer im Top-Journal „Allergy“
veröffentlichten Studie zeigen, dass
es bei einer COVID-19-Erkrankung mit
mildem Verlauf sieben
“Erkrankungsformen“ gibt und dass
die Erkrankung nach zehn Wochen
deutliche Veränderungen im
Immunsystem hinterlässt. Diese
Erkenntnisse könnten bei der
Behandlung von PatientInnen und der
Entwicklung eines
Impfstoffs eine wichtige Rolle
spielen.
Die ForscherInnen konnten in der
Studie mit 109 Rekonvaleszenten und
98 gesunden Personen in der
Kontrollgruppe zeigen, dass
verschiedene Symptome bei COVID-19
zusammenhängen und in Symptomgruppen
vorkommen: Sie konnten die sieben
Gruppen 1) „grippale Symptome“ (mit
Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit und
Husten), 2) „Schnupfensymptome“ (mit
Schnupfen, Niesen, trockenem Hals
und Verstopfung der Nase), 3)
„Gelenks- und Muskelschmerzen“, 4)
„Augen- und Schleimhautentzündungen,
5) „Lungenprobleme“ (mit
Lungenentzündung und Kurzatmigkeit),
6) „Magen-Darm-Problemen“ (u.a. mit
Durchfall, Übelkeit und Kopfweh) und
7) „Verlust des Geruchs- und
Geschmackssinns und andere
Symptome“, ermitteln.
„Bei letzterer Gruppe konnten wir
zudem feststellen, dass vom Geruchs-
und Geschmacksverlust vermehrt
Personen mit einem ‚jungen
Immunsystem‘, gemessen an Hand der
Anzahl der kürzlich aus dem Thymus
ausgewanderten Immunzellen (T
Lymphozyten), betroffen sind. Das
heißt, wir konnten ganz klar
systemische (z.B. Gruppe 1 und 3)
von organspezifischen Verlaufsformen
(z.B. Gruppe 6 und 7) der primären
COVID-19 Erkrankung abgrenzen“, so
Pickl.
COVID-19-Fingerabdruck im Blut
Zugleich konnten die WissenschafterInnen feststellen,
dass COVID-19 lange nachweisbare
Veränderungen wie einen
Fingerabdruck im Blut der
Rekonvaleszenten hinterlassen hat:
So ist die Anzahl der Granulozyten,
die im Immunsystem ansonsten für das
Bekämpfen von bakteriellen
Krankheitserregern zuständig sind,
in der COVID-19-Gruppe signifikant
niedriger als üblich. Pickl: „Dafür
entwickelten die CD4- und
CD8-Immunzellen ein Gedächtnis und
CD8-T-Zellen bleiben stark
aktiviert. Das zeigt, dass sich das
Immunsystem auch viele Wochen nach
der ersten Infektion immer noch mit
der Krankheit intensiv
auseinandersetzt. Gleichzeitig sind
die regulatorischen Zellen stark
vermindert – das ist ein
gefährlicher Mix, der auch zu einer
Autoimmunität führen könnte.“ Zudem
konnten auch vermehrt
Antikörper-produzierende Immunzellen
im Blut der Rekonvaleszenten
nachgewiesen werden – je stärker bei
mildem Verlauf der Erkrankung das
Fieber des Betroffenen war, desto
höher waren daher auch die
Antikörperspiegel gegen das Virus
ausgeprägt.
„Unsere Erkenntnisse tragen zu einem
besseren Verständnis der Erkrankung
bei und helfen uns bei der
Entwicklung von möglichen
Impfstoffen, da wir nun auf
vielversprechende Biomarker
zurückgreifen und ein noch besseres
Monitoring durchführen können“,
betonen die WissenschafterInnen.
„Die Studie zeige vor allem, dass
das menschliche Immunsystem bei der
Abwehr einer Erkrankung mit
gemeinsamer Hilfe der Immunzellen
und Antikörper „dopple“ – wie in der
Verteidigung einer modernen
Fußballmannschaft – und dass sich
die Zellen auch bestimmte
„Spielzüge“ des Virus merken (Anm.:
„Gedächtnis“) und darauf reagieren
können. Nun gehe es darum, diese
Erkenntnisse umzusetzen und für die
Entwicklung von Impfstoffen
auszunutzen.“
Service:
Allergy
“Immunological imprint of COVID-19
on human peripheral blood leukocyte
populations.”
B. Kratzer. D. Trapin, P. Ettel, U.
Körmoczi, A. Rottal, F. Tuppy, M.
Feichter, P. Gattinger, K. Borochova,
Y. Dorofeeva, I. Tulaeva, M. Weber,
K. Grabmeier-Pfistershammer, P.
Tauber, M. Gerdov, B. Mühl, T.
Perkmann, I. Fae, S. Wenda, H.
Führer, R. Henning, R. Valenta and
W.F. Pickl.
https://doi.org/10.1111/all.14647
Meldung:
Mag. Thorsten
Medwedeff, Kommunikation und
Öffentlichkeitsarbeit, Medizinische
Universität Wien