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Foto © UNICEF/UNI367861/Lagoutaris/AFP |
In der Nacht zum
Mittwoch (09.09.2020) haben starke Brände das
Flüchtlingslager Moria auf Lesbos
völlig zerstört. 12.000 Menschen
sind obdachlos geworden, darunter
auch unbegleitete Kinder. "Die Feuer
sind mittlerweile gelöscht, aber die
Situation ist völlig außer
Kontrolle. Die Menschen harren
teilweise seit Jahren in dem Lager
aus und sind in einem schrecklichen
Zustand: Erschöpft, müde und
verzweifelt. Die Grenze des
Ertragbaren ist schon lange
erreicht. Seit Jahren rechnen wir
damit, dass die Situation eskaliert.
Das ist eine Katastrophe mit
Ansage!", sagt Popi Gkliva,
SOS-Nothilfekoordinatorin in
Griechenland.
Moria:
400 unbetreute Kinder umfassend
schützen
Besonders dramatisch sei die
Situation der Kinder. Popi Gkliva
sagt: "Sie sind in einem schlimmen
Zustand, das Ausmaß an
Vernachlässigung ist
unbeschreiblich." Vielfach seien
ihre Eltern depressiv und
hoffnungslos und könnten ihre Kinder
kaum unterstützen. Auch die
griechischen Bewohner der Insel
seien mit der Situation überfordert,
bereits im Winter war es zu
Spannungen zwischen Einheimischen
und Geflüchteten gekommen. Popi
Gkliva sagt: "Stress und Anspannung
sind auf beiden Seiten groß und nach
unseren Informationen kommt es
bereits zu Konflikten!" Eine weitere
Eskalation sei nicht auszuschließen.
Popi Gkliva rechnet damit, dass nun
ein Großteil der Menschen im zweiten
Flüchtlingslager auf Lesbos, dem
Camp Kara Tepe, unterkommen könnte,
wo die SOS-Kinderdörfer Kinder und
Familien seit Jahren kontinuierlich
unterstützen. Doch auch dort sei man
längst am Rande des Machbaren.
George Protopapas, Leiter der
SOS-Kinderdörfer in Griechenland,
sagt: "Wir müssen jetzt mehr denn je
an der Seite der Kinder stehen und
dafür Sorge tragen, dass sie diese
furchtbare Situation überleben!"
Die SOS-Kinderdörfer haben bereits
mit Nothilfemaßnahmen begonnen,
Matratzen und Decken verteilt und
stehen im Austausch mit den
griechischen Behörden, um die
Menschen bestmöglich unterstützen zu
können.
Nach dem Brand im griechischen
Flüchtlingslager auf Moria liefen
Kinder, Jugendliche, Familien
buchstäblich um ihr Leben. Die
SOS-Kinderdörfer weltweit bitten die
Bundesregierung dringend, rasche
humanitäre Hilfe zu leisten, um
vorrangig jenen 400 unbetreuten
Kindern vollen Schutz zu gewähren,
die nun auf das Festland gebracht
werden.
"Ein Tropfen auf den wahrlich heißen
Stein ist es, 400 Kinder aus der
Lebensgefahr in Lesbos ans Festland
zu bringen. Seit Jahren hat sich
Europa dem Schicksal dieser Kinder
nicht angenommen, die EU-Staaten
haben keine humanitären Lösungen
gefunden. Jetzt müssen die
griechischen Behörden und NGOs
massiv unterstützt werden, um im
ersten Schritt für unbetreute Kinder
und alleinerziehende Mütter Schutz
und Rehabilitation nach dem Trauma
des Brands zu leisten. Nicht mehr
darüber reden, handeln!", sagt Boris
Breyer, Sprecher der
SOS-Kinderdörfer weltweit.
Darüber hinaus sei die
Bundesregierung am Zug, ihrer
humanitären Verantwortung gerecht zu
werden und im Rahmen der deutschen
EU-Ratspräsidentschaft darauf
hinzuwirken, dass eine dauerhafte
Lösung für schutzbedürftige Kinder
in Flüchtlingslagern gefunden wird.
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Nach dem
Brand im griechischen
Flüchtlingslager auf Moria
liefen Kinder, Jugendliche,
Familien buchstäblich um ihr
Leben. Die SOS-Kinderdörfer
weltweit bitten die
Bundesregierung dringend,
rasche humanitäre Hilfe zu
leisten, um vorrangig jenen
400 unbetreuten Kindern
vollen Schutz zu gewähren,
die nun auf das Festland
gebracht werden. Greece/Lesbos/
Sept 9, 2020. Moria camp in
fire.
Foto (c)
SOS-Kinderdörfer weltweit/
Giorgos Moutafis |
Europas Sündenfall heißt Moria
Im Flüchtlingslager Moria herrscht
nicht erst seit dem Ausbruch von
Corona und Feuer eine humanitäre
Katastrophe. Nein, auch schon in den
Monaten davor war Moria das Synonym
für den Sündenfall in der
europäischen Flüchtlingspolitik. Auf
2800 Plätzen hausen rund 12.500
Flüchtlinge - seit Monaten. Hunger,
Gewalt, Krankheiten sind an der
Tagesordnung.
Der politischen Führung in ganz
Europa war klar, dass diese
Situation auf Dauer nicht haltbar
ist. Aber niemand wollte
Verantwortung für die Menschen
übernehmen. Die bittere Wahrheit:
Moria gehört zum Konzept der
Abschreckung, damit sich nicht noch
mehr Menschen auf den Weg in die EU
machen.
Nun kann Europa tatsächlich nicht
Millionen von Menschen aufnehmen,
die aus wirtschaftlichen Gründen den
afrikanischen Kontinent verlassen
wollen. Europa ist aber sehr wohl
stark und organisiert genug, solchen
menschlichen Dramen, wie sie sich
gerade auf Lesbos abspielen,
vorzubeugen. Für die Härtefälle von
Moria muss es nun eine humanitäre
Lösung geben, die nur Aufnahme in
Europa nach einem fairen Schlüssel
bedeuten kann.
Langfristig muss Moria endlich der
Wendepunkt in der europäischen
Flüchtlingspolitik werden. Jene
Staaten, die etwas geben auf die
europäischen Werte von Freiheit und
Wohlstand, von Verantwortung und
Humanität, müssen endlich Regeln für
Asyl und Zuwanderung schaffen, die
praxistauglich und menschlich sind.
Dabei kann Europa nicht auf Polen,
Ungarn und andere warten, die sich
jeder Verantwortung in dieser Frage
entziehen. Diese Länder sollten dann
aber bei der Vergabe von
EU-Subventionen spüren, dass
Solidarität keine Einbahnstraße ist.
Mit dem Verschließen der Augen vor
menschlicher Not wird Europa die
Flüchtlingsfrage niemals lösen.
Ein Kommentar von
Eva Quadbeck, Rheinische Post
Flüchtlingslager Moria: Symbol des
Versagens
(...) Moria ist zum Symbol geworden
für das Versagen der Europäischen
Union in der Migrationspolitik, und
die deutsche Politik ist Teil dieses
Versagens. Seit der humanitären
Anstrengung vor fünf Jahren ist der
Umgang mit Flüchtlingen hierzulande
kleinmütig geworden. Das war teils
nachvollziehbar, weil der liberale
Kurs die Gesellschaft gespalten und
viele Bürgerinnen und Bürger
überfordert hatte. Es war aber
teilweise auch zu ängstlich, weil
das Schielen auf rechtspopulistische
Strömungen dazu führte, die Kraft
und den Willen der weltoffenen
Mehrheit zu unterschätzen. Man
laviert in Deutschland seit Jahren
und bringt mit dieser Haltung
natürlich nichts voran in der EU,
die in Flüchtlings- und Asylfragen
ohnehin zerstritten und
handlungsunfähig ist. Was direkt zu
der Frage führt: Soll die
Bundesrepublik nun auf eigene Faust
helfen? (...) Auf die EU braucht man
(...) nicht zu bauen. Da sollte die
Antwort nicht schwer fallen.
Ein Kommentar von
Thomas Fricker, Badische Zeitung
Moria, das ist das Symbol einer
gescheiterten europäischen
Flüchtlingspolitik: 12.600 Menschen
lebten in einem völlig überfüllten
Camp, das gerade einmal für 2800
vorgesehen ist. Sie hausten in
Zelten und Holzverschlägen, die
hygienischen Bedingungen waren eine
Katastrophe, oft mussten Bewohner
stundenlang für Essen anstehen.
Internationale Beobachter zeigten
sich erschüttert angesichts der
Zustände. Und all das geschah mitten
in Europa - weil die reiche EU mit
ihren 450 Millionen Einwohnern nicht
in der Lage war, ein paar Tausend
Migranten zu verteilen. So wurde
Moria zur moralischen
Bankrotterklärung eines Kontinents.
Auch Deutschland trägt daran eine
Mitschuld. Auch hier hatte man das
Problem lange hingenommen und
schlicht ignoriert. Viele
Bundesländer und Kommunen hatten
sich in der Vergangenheit zwar
bereit erklärt, Flüchtlinge
aufzunehmen - doch Horst Seehofer
hatte dem stets eine Absage erteilt.
Das war schon damals unverständlich.
Jetzt ist seine Verweigerung
schlicht zynisch. Wenn Europa - und
Deutschland - es ernst meint mit
seinen vielbeschworenen Werten, dann
muss es die Flüchtlinge aufnehmen.
Jetzt, nicht irgendwann.
Ein Kommentar der
Rhein-Neckar-Zeitung
Die Katastrophe war voraussehbar.
Mehr noch: Europa nahm sie billigend
in Kauf. Niemand kann behaupten, er
habe von den Zuständen in Moria
nichts gewusst. Die griechische
Regierung, die EU-Kommission und
auch die Bundesregierung sind
bestens informiert. Nun liegt Moria
in Trümmern - und damit auch Europas
sogenannte Asylpolitik. Dabei hätte
bereits vor Ort wenig Hilfe viel
bewirken können: Zelte, mobile
Toiletten,
Trinkwasseraufbereitungsanlagen und
Essenspakete hätten mühelos
bereitgestellt werden können. Die
EU-Staaten hätten auch mehr
Sachbearbeiter für Asylanträge
entsenden können, wie es der
EU-Türkei-Deal ja vorsieht.
Mitteldeutsche Zeitung zum Lager
Moria, von Hartmut Augustin
Asylpolitik in Trümmern
Moria liegt in Trümmern - und damit
auch Europas sogenannte Asylpolitik.
Dabei hätte bereits vor Ort wenig
viel bewirkt: Zelte, mobile
Toiletten,
Trinkwasseraufbereitungsanlagen und
Essenspakete hätten mühelos
bereitgestellt werden können.
Angesichts des minimalen
erforderlichen Aufwands, um halbwegs
erträgliche Bedingungen für die
Geflüchteten zu schaffen, liegt der
Schluss nahe, dass Europas
Regierungen nicht helfen wollten.
Dass Bilder vom Elend gewollt sind,
um Geflüchtete von Europa
fernzuhalten. Moria ist zur Chiffre
geworden für eine EU, die ihre Werte
verrät. Die Verantwortlichen müssen
damit rechnen, der Doppelmoral
bezichtigt oder verlacht zu werden,
wenn sie gegenüber Dritten auf die
Einhaltung von
Menschenrechtsstandards pochen. Die
Folgen davon sind noch nicht zu
ermessen. Fürs Erste geht es um
Schadensbegrenzung. Deutschland und
die EU müssen Helfer und Material
nach Lesbos schicken.
Frankfurter
Rundschau, Ressort Politik
Asylschutz - Das Symbol Moria
Es ist einmal mehr erstaunlich, wie
leicht es sich manche mit ihren
Schuldzuweisungen machen. Moria ist
wegen seiner unmenschlichen Zustände
zwar zu Recht zum Symbol des
Versagens geworden. Doch versagt
haben weder "die" EU noch "die
Mitgliedstaaten". Denn es gibt
genügend Beispiele für Regierungen,
die ein ums andere Mal Hilfesuchende
aufgenommen haben, die Italien und
Griechenland eben nicht
hängenließen. Wer Schuldige sucht,
sollte sie auch benennen: Die
Kaltblütigkeit, mit der die
Regierungen im Osten der Union die
Flüchtlinge nutzten, um vor der
Islamisierung des Abendlandes zu
warnen, blockierte jede solidarische
Lösung. Dort sitzen die Schuldigen.
Straubinger
Tagblatt, Ressort
Politik/Wirtschaft/Vermischtes
"Es muss endlich geholfen
werden" Nach Brand in Moria:
Mit einem gemeinsamen Appell haben
die Leitenden Geistlichen der
Gliedkirchen der Evangelischen
Kirche in Deutschland (EKD) heute
auf den Brand im griechischen Lager
Moria reagiert. "Wir sind
erschüttert über das Leid, das
erneut über die schutzsuchenden
Menschen gekommen ist und entsetzt,
dass es der Europäischen Union trotz
vielfacher Warnungen nicht gelungen
ist, diese Eskalation der
menschenunwürdigen Situation in dem
Lager zu verhindern", heißt es in
der an die deutsche
Ratspräsidentschaft und den
Bundesinnenminister gerichteten
Erklärung der Bischöfinnen und
Bischöfe. Sie setzen sich darin für
eine europäische Lösung für die
Verteilung der Schutzsuchenden auf
aufnahmebereite Länder ein und
appellieren, die Angebote von
Bundesländern und Kommunen,
Geflüchtete aus den griechischen
Lagern aufzunehmen, anzunehmen. "Mit
diesem Appell wollen wir an die auf
erschreckende Weise deutlich
gewordene Dringlichkeit erinnern,
den Geflüchteten, die in den Lagern
unter menschenunwürdigen Bedingungen
leben, sofort und dauerhaft zu
helfen", so der EKD-Ratsvorsitzende,
Heinrich Bedford-Strohm. Eine
gemeinsame Erklärung der Leitenden
Geistlichen der Gliedkirchen der EKD
hatte es zuletzt 2015 gegeben.
Feuer in Moria
UNICEF: „Solche Orte der
Verzweiflung darf es nicht länger
geben“
„Wir sind erschüttert über das Feuer
im Flüchtlingslager Moria. Solche
Orte der Verzweiflung wie Moria darf
es nicht länger geben. Die
europäischen Staaten müssen dringend
handeln und den Schutz der
betroffenen geflüchteten und
migrierten Menschen sicherstellen.
UNICEF steht bereit, um die mehr als
4.000 Kinder aus dem vom Feuer
verwüsteten Lager in dieser
schwierigen Situation zu
unterstützen. Insbesondere 407
unbegleitete Kinder und Jugendliche
sind jetzt in Gefahr. Zusammen mit
seinen Partnern vor Ort hat UNICEF
das Kinder- und Familienzentrum in
der Nähe des Flüchtlingslagers in
eine Notunterkunft umgewandelt. Dort
können besonders schutzbedürftige
Menschen wie unbegleitete
Minderjährige und schwangere Frauen
vorübergehend versorgt werden, bis
Alternativen gefunden sind. Derzeit
sind dort mehr als 150 unbegleitete
Minderjährige untergebracht. UNICEF
dankt den örtlichen Behörden und den
Rettungsdiensten, die den Menschen
seit Ausbruch des Feuers geholfen
haben. Vor dem Hintergrund der
Corona-Pandemie sind schnelle und
sichere Maßnahmen umso dringlicher.
Priorität ist es, in dieser
schwierigen Situation gemeinsam mit
unseren Partnern und den
griechischen Behörden den Schutz der
Kinder sicherzustellen. Die
Ereignisse der letzten Nacht zeigen
erneut: ein humaner
EU-Asyl-Migrationspakt, der das
Recht eines jeden Kindes auf Schutz
und Hilfe garantiert, ist dringend
erforderlich.“
Statement von
Christian Schneider, Geschäftsführer
UNICEF Deutschland
Nach Brand in Flüchtlingscamp Moria:
Kinder in Sicherheit bringen
Nach dem verheerenden Brand im
Flüchtlingslager Moria auf der
griechischen Insel Lesbos fordert
Plan International Deutschland die
Evakuierung des Camps ein. "Dabei
müssen Kinder durch die Europäische
Mitgliedsstaaten und Deutschland
priorisiert behandelt und gemeinsam
mit ihren Familien in Sicherheit
gebracht werden", fordert Maike
Röttger, Vorsitzende der
Geschäftsführung von Plan
International Deutschland. Ihre
Rechte sind in dem Flüchtlingslager
massiv verletzt worden. In einem
Zustand von Chaos und Panik wie bei
diesem Feuer leiden Kinder ganz
besonders. Es ist nicht abzusehen,
welches Trauma die Mädchen und
Jungen dadurch erleiden. Erneut wird
ihnen das Recht auf Unversehrtheit,
Bildung, Spiel und einen
kindgerechten Alltag verwehrt - und
auf eine glückliche Kindheit
genommen."
Plan International setzt sich
weltweit an Flüchtlingsrouten und in
Deutschland für die Rechte und den
Schutz von geflüchteten Mädchen und
Jungen ein. In diesem Zusammenhang
hat die Kinderrechtsorganisation die
deutsche Regierung und die
Europäische Union bereits lange
zuvor ermahnt, sich an die
UN-Kinderrechtskonvention zu halten.
Deutschland müsse nun die
Aufnahmeanzahl an die hohe
Aufnahmekapazitäten der Bundesländer
anpassen, ohne Rücksicht darauf, ob
andere Mitgliedsstaaten sich
überhaupt oder mit einer geringeren
Anzahl beteiligten, so Maike Röttger
weiter. "Die Europäische Union hat
sich dazu verpflichtet, bisher
erreichte humanitäre Werte zu
schützen. Dies funktioniert nicht,
indem man restriktive
Abschottungspolitik betreibt und die
Augen davor verschließt, welche
Konsequenzen sie für die Menschen -
insbesondere für Kinder - hat.
Gerade in Krisenzeiten ist es
wichtig, Menschenrechte zu
verteidigen, statt sie zu
beschneiden.
Insbesondere Mädchen und junge
Frauen sind in dieser Situation
gefährdet, Opfer von
Diskriminierung, Missbrauch und
Gewalt zu werden. Wir von Plan
International fordern die
Europäische Union daher auf, den
Schutz von Mädchen und Frauen zu
einem expliziten Bestandteil ihrer
Unterstützung für geflüchtete
Menschen zu machen."
Das Feuer im Flüchtlingslager Moria
offenbare das Versagen der
europäischen, aber auch deutschen
Migrationspolitik. Maike Röttger:
"Es wurde versäumt, die unsägliche
Lage der Menschen in Moria durch
eine frühzeitige Verteilung auf die
EU-Mitgliedsländer kontrolliert zu
verbessern. Spätestens mit der
Verbreitung von Covid-19 hätte das
Camp evakuiert werden müssen.
Deutschland alleine hätte eine
größere Rolle in der Aufnahme
spielen können."
Bei dem Feuer im Flüchtlingslager
Moria haben nahezu 13.000 Menschen
ihre Unterkunft verloren. Das
jüngste Unglück verschärft die
ohnehin schon menschenunwürdige Lage
der Geflüchteten, insbesondere die
der Kinder und ihrer Familien, auf
Lesbos. Das Camp war nicht nur
maßlos überfüllt. Zuletzt waren
zahlreiche Migrant:innen positiv auf
das Coronavirus getestet worden.
Statement der
Kinderrechtsorganisation Plan
International zum Feuer auf der
griechischen Insel Lesbos
Brand im Flüchtlingslager Moria
Kindernothilfe fordert: "Weitere
Geflüchtete müssen aufgenommen
werden. Jetzt erst recht."
Mitten in Europa auf der
griechischen Insel Lesbos brennt das
völlig überfüllte Flüchtlingslager
Moria. "Es ist beschämend, dass
Deutschland bisher erst 465 Kinder
aus dieser Hölle aufgenommen hat.
Sie leben seit Jahren in ständiger
Angst und unter
menschenrechtsverachtenden
Bedingungen", so
Kindernothilfe-Vorstandsmitglied
Carsten Montag, "was muss noch alles
passieren, damit wir in Europa
endlich handeln. Es ist Zeit, jetzt
erst recht."
Das Feuer verwüstete vergangene
Nacht das Lager. Angaben über
Verletzte und Tote gibt es bislang
nicht. Die Bilder der lodernden
Flammen im Camp Moria sind
erschreckend. "Die Menschen,
darunter viele Mädchen und Jungen,
müssen endlich in Sicherheit
gebracht werden", betont Carsten
Montag. Täglich leiden sie unter
Angst, Gewalt und der entsetzlichen
Gesundheitsversorgung sowie den
unmenschlichen Bedingungen. Bereits
seit Jahren fordern
Hilfsorganisationen wie die
Kindernothilfe weltweit die Aufnahme
der Geflüchteten in sichere Länder.
Vor wenigen Tagen wurden die ersten
bestätigten Fälle von Covid-19 im
immer noch völlig überfüllten Camp
Moria bekannt. Ein Ort mit mehr als
12.000 Geflüchteten, der jedoch nur
die Kapazität für 2.800 Menschen
hat. Die Wut und Angst der Menschen
vor Ort steigt. Sie protestieren
gegen die Umstände und die nicht
ausreichenden Maßnahmen zur
Eindämmung des gefährlichen Virus.
Die Hygienebedingungen dort sind
menschenunwürdig. Mittlerweile gibt
es 35 Fälle. Deshalb setzt sich die
Kindernothilfe mit
Partnerorganisationen in
Griechenland für den Schutz von
geflüchteten Kindern ein. Außerdem
macht sie sich zusammen mit der
National Coalition für eine
verbindliche humanitäre politische
Lösung zur Aufnahme der geflüchteten
Kinder stark.
Als eine der größten
Kinderrechtsorganisationen in Europa
unterstützt die Kindernothilfe seit
mehr als 60 Jahren weltweit
benachteiligte Mädchen und Jungen
auf ihrem Weg in ein eigenständiges
und selbstbestimmtes Leben.
Wissing zu Moria: Beschämend, dass
Bundesregierung humanitäre Gesten
verhindert
Angesichts der dramatischen Lage im
Flüchtlingslager Moria auf der
griechischen Insel Lesbos forderte
der designierte Generalsekretär der
FDP, Volker Wissing, dass Kommunen
in Deutschland Flüchtlinge aufnehmen
dürfen. "Es ist schlichtweg nicht
vermittelbar, dass Kommunen, die
sich in der Lage sehen, Menschen in
Not zu helfen, und diese aufnehmen
wollen, dies seitens des Bundes
verwehrt wird", sagte Wissing der
"Neuen Osnabrücker Zeitung" (NOZ).
Wissing nannte es "beschämend, wenn
die Bundesregierung solche
humanitären Gesten verhindert,
gleichzeitig aber selbst Lösungen
auf nationaler wie internationaler
Ebene schuldig bleibt". "Eine
Regierungspartei, die ihre Politik
aus dem christlichen Menschenbild
ableitet, dürfte so nicht handeln",
sagte Wissing der "NOZ".
Brand in Moria: Caritas
international stellt Soforthilfe
bereit
50.000 Euro für materielle und
psychologische Unterstützung -
Kritik an EU-Flüchtlingspolitik:
"Katastrophe mit Ankündigung"
Caritas international stellt für die
Versorgung der nach dem Brand im
Lager Moria Hilfe suchenden
Migranten und Flüchtlinge 50.000
Euro Soforthilfe bereit. "Unser
Partner Caritas Hellas bereitet
bereits die Aufnahme und Betreuung
weiterer Geflüchteter vor. Schnelle
materielle und psychologische Hilfe
für die Betroffenen ist jetzt
entscheidend", so Oliver Müller,
Leiter von Caritas international.
Die griechische Caritas ist unter
anderem in dem benachbarten Lager
Kara Tepe aktiv.
Seit langem herrschten im Lager
Moria unzumutbare Zustände für die
Flüchtlinge und Migranten. Die
ersten Corona-Fälle hatten die Lage
nochmals verschärft. Caritas
international, das Hilfswerk des
Deutschen Caritasverbandes, hatte
immer wieder auf die prekäre
humanitäre Situation hingewiesen:
"Der Brand ist letztendlich Ergebnis
der Abschottungspolitik der
Europäischen Union. Die Politik hat
bis heute die Augen verschlossen.
Die Menschen sind trotz aller Kritik
und in Kenntnis der verheerenden
Zustände in Moria ihrem Schicksal
überlassen worden. Das ist eine
Katastrophe mit Ankündigung", so
Müller. Viele Bewohnerinnen und
Bewohner der Lager litten seit
langem unter schweren psychischen
Problemen.
Mit Hilfe von Caritas international,
dem Hilfswerk des Deutschen
Caritasverbandes, bietet die
griechische Caritas den Geflüchteten
in Lesbos, Athen, Chios und
Thessaloniki Rechtsberatung sowie
Sprach- und Integrationskurse an,
unterstützt sie bei der Suche nach
Arbeit und Wohnraum, leistet
psychologische und psychosoziale
Hilfe und verteilt Hilfsgüter.
Moria ist eine europäische Krise,
und eine Krise der Kinder
Karen Mets, Migrationsexpertin von
Save the Children Europe:
"Dieses Feuer ist das Ergebnis einer
unmenschlichen Politik, die
Zehntausende seit fünf Jahren unter
schrecklichen Bedingungen in
überfüllten Lagern leben lässt.
Tausende von Kindern wurden auf der
Straße zurückgelassen, ohne Obdach
und unter hohem Risiko von Gewalt
und Ausbeutung. Unbegleitete Kinder
haben das brennende Lager auf sich
allein gestellt verlassen und suchen
nun verzweifelt nach einem sicheren
Ort, an den sie gehen können. Sie
sind verängstigt, hungrig und
frieren. Viele Familien haben die
wenigen Habseligkeiten, die sie
besaßen, verloren und haben nun
keine Nahrung, kein Wasser und
keinen Schutz. Die Mehrheit der
betroffenen Kinder stammt aus
Konfliktzonen wie Afghanistan,
Syrien und Irak und hat
unvorstellbares Leid erfahren. Sie
kamen auf der Suche nach Sicherheit
nach Europa, aber stattdessen lebten
sie am Ende in Armut. Save the
Children hat die Selbstverletzung
und den Drogenmissbrauch
dokumentiert, denen sich viele
Kinder zuwenden, wenn sie jegliche
Hoffnung verlieren."
Jakob Preuss, Migrations- und
Rechtsexperte von Save the Children
Deutschland:
"Moria ist eine europäische Krise,
und es ist eine Krise der Kinder.
Nicht erst seit dem Brand ist die
Situation untragbar. In dem
hoffnungslos überfüllten Lager leben
hunderte unbegleitete Kinderunter
unhygienischen Bedingungen, die ihre
physische und psychische Gesundheit
gefährden. Die Verteilung der
Bewohner auf andere EU-Staaten hätte
längst geschehen müssen. Kinder,
Familien und andere hilfsbedürftige
Menschen müssen unverzüglich aus
diesen unhaltbaren Zuständen
herausgeholt werden und
menschenwürdige Unterkünfte
bekommen. Die Bundesregierung muss
den Ländern und Kommunen, die zur
Aufnahme von Geflüchteten bereit
sind, den Weg frei machen. Vor allem
die Kinder brauchen eine geschützte
Umgebung mit Zugang zu Bildung,
Gesundheitsversorgung und Schutz vor
Retraumatisierung. Diese Kinder
verdienen die Einhaltung der
Standards, denen wir uns nach der
Kinderrechtskonvention. Es ist
höchste Zeit, dass wir uns daran
erinnern, wer wir als Europäische
Union sein wollen und eine
gemeinsame Antwort finden."
Reaktion nach Feuern im griechischen
Flüchtlingslager Moria
Mehrere Feuer haben in der Nacht zum
Mittwoch das Aufnahmezentrum in
Moria auf der griechischen Insel
Lesbos zerstört. International
Rescue Committee (IRC) berichtet,
dass mehr als 12.000 Menschen nun
auf der Insel gestrandet sind.
Mindestens 35 von ihnen wurden
vorher positiv auf COVID-19
getestet. Nun besteht die Gefahr,
dass sich im Zuge der Evakuierungen
weitere Menschen mit dem Virus
infizieren könnten.
Dimitra Kalogeropoulou,
IRC-Landesbeauftragte in
Griechenland, sagt: „Die Ereignisse
der letzten Nacht in Moria sind
unvorstellbar. Tragischerweise waren
sie aber vorhersehbar: Die
schrecklichen Bedingungen dauern auf
den griechischen Inseln schon viel
zu lange an.
Inzwischen sind alle Bewohner des
Lagers evakuiert worden. Offiziellen
Angaben zufolge wurde niemand
verletzt. Wir hören jedoch Berichte,
die etwas anderes aussagen. Dazu
kommt, dass diejenigen, die in Moria
lebten – bereits extrem
traumatisierte Menschen – nun auch
noch ihr letztes Hab und Gut
verloren haben.
IRC unterstützt diese Menschen u.a.
mit psychosozialer
Gesundheitsversorgung. Unser Team
aus Psycholog*innen und
Therapeut*innen steht bereit, um den
vom Feuer Betroffenen zu helfen.
Unser Team verteilt dabei auch
überlebenswichtige Güter, darunter
Schlafsäcke und Planen.
Bei allen nächsten Schritten muss
immer die Sicherheit der
Überlebenden berücksichtigt werden.
Natürlich bleibt COVID-19 ein großes
Risiko. Die Regierung hat deshalb
den Ausnahmezustand ausgerufen. Es
müssen nun sichere Unterkünfte
eingerichtet und Corona-Massentests
durchgeführt werden, um die weitere
Ausbreitung des Virus zu verhindern.
Es ist höchste Zeit, dass die
EU-Länder mit der griechischen
Regierung zusammenarbeiten, um
Geflüchtete und Asylsuchende nicht
nur auf das griechische Festland,
sondern auch in andere EU-Länder
umzusiedeln. Die Menschen auf den
Inseln leben seit Jahren im
Ungewissen. Der künftige EU-Pakt
über Asyl und Migration bietet eine
Gelegenheit, diesen Zustand zu
beenden. Diese Gelegenheit darf
nicht versäumt werden.“
Riexinger fordert Aufnahme von
Geflüchteten aus Moria
Linken-Chef: Seehofer für Drama auf
griechischer Insel "persönlich
mitverantwortlich" - "Deutschland
darf nicht auf europäische Lösung
warten"
Nach dem Brand im griechischen Lager
Moria hat Linken-Chef Bernd
Riexinger die Bundesregierung zur
Aufnahme der Flüchtlinge von dort
aufgefordert. "Deutschland muss die
Menschen aus dem zerstörten Lager in
Moria jetzt schnellstmöglich
aufnehmen. Die Not ist akut. Auf
eine europäische Lösung zu warten
ist weniger denn je eine Option",
sagte Riexinger der "Neuen
Osnabrücker Zeitung" (NOZ). "Wir
haben es mit über 12.000 Menschen in
Not zu tun. In einer Not, die die
Regierungen der EU sehenden Auges
geschehen ließen."
Scharfe Kritik übte der Linken-Chef
an Bundesinnenminister Horst
Seehofer (CSU). "Einen Teil der
Verantwortung trägt auch ganz
persönlich Innenminister Seehofer,
der es den Bundesländern und
Kommunen in Deutschland verbot,
freiwillig Geflüchtete aus Moria
aufzunehmen. Es ist überfällig, dass
Deutschland Verantwortung
übernimmt", sagte Riexinger.
Die Verantwortlichen für das Drama
auf den griechischen Inseln "sitzen
nicht auf Moria. Die wahren
Verantwortlichen sitzen in den
Hauptstädten einer EU, die dem Elend
in Moria über Jahre tatenlos
zugesehen hat", kritisierte der
Vorsitzende der Linkspartei. Die EU
habe zugesehen, als die Menschen
dort auf engstem Raum
zusammengepfercht worden seien, und
sich geweigert, das Lager zu
evakuieren, als mit Corona eine neue
Gefahr für die Massenunterkunft
aufgetaucht sei. "Die EU hat auch
keine Konsequenzen gezogen, als
Corona das Lager bereits erreicht
hatte", so Riexinger.
Feuer in Moria: Flüchtlinge umgehend
angemessen unterbringen!
Die Tausenden Männer, Frauen und
Kinder, die sich vor den Bränden in
dem Flüchtlingslager Moria retten
konnten, müssen umgehend versorgt
und angemessen untergebracht werden.
Das fordert Ärzte der Welt nach dem
verheerenden Feuer auf der
griechischen Insel Lesbos.
"Das Camp war schon lange eine
Schande für Europa. Eine Eskalation
der Lage war angesichts der
desaströsen Umstände in Moria nur
eine Frage der Zeit. Die
Bundesregierung und die EU müssen
endlich Verantwortung übernehmen und
alles dafür tun, damit die
Betroffenen versorgt werden und
medizinische und psychologische
Hilfe bekommen. Dazu gehört,
Flüchtlinge nach Deutschland und in
andere europäische Länder zu
bringen", sagt François de
Keersmaeker, Direktor von Ärzte der
Welt Deutschland.
Unter den Flüchtlingen, die
versuchen, sich nach den Bränden in
Sicherheit zu bringen, befinden sich
offenbar mehrere Dutzend, die
positiv auf das Coronavirus getestet
worden sind. Es besteht die Gefahr,
dass sich das Virus ungehindert
ausbreitet. Viele Menschen haben
durch die katastrophalen
Lebensbedingungen in Moria ein
geschwächtes Immunsystem und sind
durch ihre Fluchterfahrung
traumatisiert. Ärzte der Welt
verstärkt seine Aktivitäten auf
Lesbos, um die Betroffenen zu
unterstützen.
2016 musste sich Ärzte der Welt aus
Moria zurückziehen, als die
griechische Regierung die
Organisation der medizinischen
Versorgung und anderer
Unterstützungsleistungen übernahm.
Seitdem haben sich die Zustände
massiv verschlechtert. Heute bieten
auf Lesbos 22 Ärzte der
Welt-Mitarbeiter*innen im
Kara-Tepe-Camp medizinische und
psychologische Versorgung für
besonders vulnerable Flüchtlinge an.
NRW-Flüchtlingsrat fordert Auflösung
griechischer "Elendslager"
Nordrhein-Westfalens Flüchtlingsrat
hat der schwarz-gelben
Landesregierung vorgeworfen,
Gelegenheiten zur humanitären Hilfe
verstreichen zu lassen. "Wenn es ihr
tatsächlich ernst wäre, hätte die
Landesregierung längst ein eigenes
Aufnahmeprogramm gestartet", sagte
die Geschäftsführerin des
Flüchtlingsrates, Birgit Naujoks,
der Neuen Westfälischen
(Freitagausgabe). Trotz der
Corona-Pandemie "könnte diese
christlich-liberale Koalition viel
mehr leisten, um schutzbedürftigen
Menschen zu helfen".
NRW-Ministerpräsident Armin Laschet
(CDU) und Flüchtlingsminister
Joachim Stamp (FDP) waren Anfang
August auf die griechische Insel
Lesbos geflogen, um sich über die
Zustände in den Flüchtlingscamps zu
erkundigen. Naujoks sagte jetzt,
einen Ausweg sehe sie nur in der
Auflösung der "Elendslager", zudem
solle von dem EU-Prinzip der "Hotspots"
Abstand genommen werden.
"Wenig Bereitschaft signalisiert":
Stamp kritisiert Seehofer
Stamp verteidigte die
Flüchtlingspolitik des Landes. NRW
stehe zu seiner humanitären
Verpflichtung und sei weiter bereit,
seinen Beitrag zu leisten, sagte der
Vizeministerpräsident der Neuen
Westfälischen. "Die Bundesregierung
sollte den Anspruch haben, unter der
EU-Ratspräsidentschaft Deutschlands
das wilde Camp um Moria, den
sogenannten Dschungel, aufzulösen."
Bislang aber habe der Bund "wenig
Bereitschaft signalisiert, sich in
Griechenland über die laufenden
Maßnahmen hinaus zu engagieren",
kritisierte der FDP-Politiker.
Stamp forderte Bundesinnenminister
Horst Seehofer (CSU) erneut zu einer
Videokonferenz mit den Bundesländern
auf, "damit wir eine abgestimmte
deutsche Position für die
europäischen Hilfen für Griechenland
formulieren können". Die Lage auf
den griechischen Inseln sei "völlig
inakzeptabel", betonte Stamp. Die
Europäische Union müsse "dringend
handeln - vor allem, weil sich die
Situation im Winter noch einmal
verschlechtern wird".
Neue Westfälische,
News Desk