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Städtische Bühnen Frankfurt von der
Mainseite aus |
Das
monatelang vorenthaltene
Validierungsgutachten zur
Sanierung der Städtischen Bühnen
ist dank des Insistieren des
Fraktionsvorsitzenden der Grünen
im Römer, Sebastian Popp,
endlich von der Stadt Frankfurt,
wenn auch widerwillig,
veröffentlicht worden. Da dies
im Widerspruch zu Aussagen und
Schlussfolgerungen der
Stabsstelle steht, ist es nicht
verwunderlich, dass diese die
Relevanz des Gutachtens in
Zweifel ziehen will, in dem sie
„Bedenken zur Qualität“ des von
ihr beauftragten und
abgenommenen Gutachtens erhebt,
ohne dies zu begründen.
Die Brisanz
der Aussagen des Gutachtens
zeigen sich erst bei einem
genauen Blick, da es eine Reihe
wichtiger Aussagen des
Planerteams und der Stabsstelle
zum Bestand durchaus bestätigt.
In einigen wesentlichen Fragen
kommt es aber zu anderen
Ergebnissen, welche die
vermeintliche
Alternativlosigkeit einer
Neubaulösung in Frage stellt. Es
stimmt demnach nicht, das man
mit einer Sanierung für mehr
Geld etwas Schlechteres erhält.
Eine optimierte Sanierung mit
ausgelagertem Produktionszentrum
wird voraussichtlich etwas
billiger als ein Neubau, ist
funktional zum status quo
deutlich verbessert und damit
auch vergleichbar zu anderen
internationalen Häusern, auch
wenn er die Funktionalität einer
Neubaulösung nicht ganz
erreichen kann. Dafür aber wird
eine Bestandslösung dem bislang
ignorierten Denkmalschutz
gerecht und hat eine deutlich
bessere Ökobilanz. Die
gegenwärtigen Erwartungen an
einen Neubau sind bzgl. Kosten,
Risiken und Funktionalität zu
optimistisch.
Die andere
Bewertung der Handlungsoptionen
ergibt sich aus einer Reihe an
Korrekturen von Einzelfragen. So
sind in der bisherigen
Sanierungsplanung die
Opernprobebühne fast doppelt so
groß wie üblich, die Flächen für
Haustechnik ca. 1000 qm zu groß.
Nicht nachvollziehbar ist, warum
der für € 60 Millionen erstellte
Werkstattturm bereits 6 Jahre
nach Fertigstellung nicht mehr
für eine Werkstattnutzung
geeignet sein soll. Zudem
bestehen bei einer
Bestandslösung bislang nicht
genutzter Raumpotenziale durch
Erweiterung von über 2.000 qm
Bruttogeschossflächen. Zu bisher
ungünstigen Bewertung von
Bestandslösungen tragen auch die
Interimskosten von über 100 Mio.
€ bei. Die von der
Opernintendanz gestellten
Anforderungen an das Interim
aber sind völlig unüblich und
weltweit einmalig. Nirgends
wurden bislang Interims mit
Drehbühnen realisiert, was zu
sehr hohen Mehrkosten führt.
Weder der andernorts bereits
erfolgreiche praktizierte
Weiterverkauf von Interimsbauten
noch die Koppelung mit anderen
Planungen wie dem Kinder- und
Jugendtheater oder dem
Kulturcampus Bockenheim wurden
bislang in Betracht gezogen.
Die
funktionalen Erwartungen an den
Neubau sind zu hoch. Auch eine
jede Neubaulösung wird
funktional Kompromisse eingehen.
Das Fehlen eines konkreten
Standort und einer Planung führt
zu großen Ungewißheiten. Während
der Risikozuschlag für die
Sanierung bei 30 Prozent liegt,
sind für den Neubau in der
Planung nur 10 Prozent
vorgesehen, was deutlich zu
gering ist.
Über das
Gutachten hinausgehend ist
festzustellen, dass bei den von
Planerteam und Stabsstelle
vorgelegten Schätzungen die
Kosten für Baugrundstück,
Freimachung, Erschließung und
Außenanlagen ausgespart sind,
was die Neubaulösungen deutlich
preiswerter erscheinen lässt als
sie es wirklich sind.
Einen eigene
Kostenberechnung, welche die
aufgezeigten planerischen
Optimierungsmöglichkeiten
berücksichtigt, hat das
Validierungsteam nicht
vorgelegt. Das Gutachten zeigt
aber, das die vom Planerteam und
der Stabsstelle für die
Sanierungslösung veranschlagten
Kosten zu hoch und die für den
Neubau zu niedrig sind, auch
wenn sich anders als
zwischenzeitlich erhofft die
Kosten für Neubau oder Sanierung
sich in einer gleichen
Größenordnung bewegen. Aber
anders als bislang dargestellt
ist im Vergleich nicht die
optimierte Sanierungslösung
(plus) die teuerste, sondern die
günstigste.
Für den
ökologischen Fußabdruck legt das
Validierungsgutachten aber
erstmals eine Berechnung vor.
Ein sanierter Bestand ist im
Betrieb energetisch so effizient
wie ein Neubau. Bezieht man
allerdings auch die Fragen des
Herstellungsaufwand (graue
Energie) mit ein, ist eine
Bestandslösung mit Abstand
wesentlich ökologischer. In der
Gesamtbilanz (Bau und Betrieb
mit erneuerbaren Energien über
50 Jahre) liegt der ökologische
Schaden eines Neubaus um 67
Prozent über der optimierten
Sanierungslösung. Die
Neubauvariante hat im Vergleich
zu einer Bestandslösung eine
zusätzlichen Produktion von 410
Mio. Tonnen CO2-Äquivalenten zur
Folge.
Am 03.
September 2020 wird sich die
Stadtverordnetenversammlung
Frankfurt erneut mit den
Städtischen Bühnen befassen.
Eine Entscheidung über
Investition und Standort wird
aber nicht vor den
Kommunalwahlen am 14. März 2021
erwartet.
Eine
detaillierte Auswertung des
Validierungsgutachten sowie das
Originaldokument finden Sie
unter: