Das MMK kauft mehr als 13
Arbeiten von Künstlerinnen und
Künstlern, darunter eine gesamte
Werkgruppe von Pamela Rosenkranz.
Dabei sind ebenfalls Ankäufe von
Marcel Duchamp, Joseph Beuys und
Bruce Nauman, die herausragende
Ergänzungen der Konvolute des Hauses
und auch seltene Glücksfälle sind,
denn Arbeiten dieser Künstler in
dieser Qualität finden sich sehr
selten auf dem Markt.
„Die Museen sind das
kulturelle Kapital unserer
Gesellschaft. Umso wichtiger war der
Schritt, den Ankaufsetat im
städtischen Doppelhaushalt 2020/21
in Höhe von 1,1 Millionen Euro
einzuführen“, erklärt
Kulturdezernentin Ina Hartwig. „Eine
wichtige Rolle dabei spielen
weiterhin auch die Spenden privater
Mäzene und der Freundeskreise der
Museen, denen ich für ihre
Unterstützung sehr danke. Gemeinsam
ist es möglich, die Sammlungen der
Häuser sukzessive auszubauen, denn
sie sind das Herzstück eines jeden
Museums. Wir müssen die öffentlichen
Museen als staatliche Akteure auf
dem privaten Kunstmarkt
handlungsfähig halten.“
Hartwig ergänzt: „Die Sammlungen der
städtischen Museen Frankfurts
gehören den Bürgerinnen und Bürgern
der Stadt. Es ist wichtig, dass wir
die Sammlungen mit Ankäufen
erweitern und dadurch den
Identitätskern der Museen stärken.
Es bedeutet aber auch, das Vermögen
der Stadt zu mehren.“
Durch die Ankäufe des MMK von Anne
Imhof und Pamela Rosenkranz werden
die Sammlungsbestände zu zwei der
bedeutendsten jüngeren Künstlerinnen
unserer Zeit um wesentliche Arbeiten
ergänzt. Mit Isaac Julien wird der
Weg der Erweiterung des
Sammlungskanons konsequent
weitergegangen. Der Ankauf von „Territories“
von 1984 bedeutet für die Sammlung
die Fortschreibung der Erweiterung
des stark
europäisch-nordamerikanisch
geprägten Kanons um bisher nicht
oder nicht ausreichend
repräsentierte Stimmen.
Durch den neu eingerichteten
städtischen Ankaufsetat ist es dem
Museum MMK für Moderne Kunst
mittlerweile regelmäßig möglich,
sehr strategisch und zielgerichtet
zu agieren und einen wesentlichen
Grundstein für die zukünftige
Aktualität und Attraktivität des
Hauses zu legen.
„Auf der Grundlage von Jahrzehnten
fortdauernder und großzügiger
Unterstützung durch die Freunde des
MMK und anderer Förderer bietet der
zusätzliche städtische Ankaufsetat
die Möglichkeit, die eigentliche
Aufgabe des Museums noch besser zu
erfüllen. Das heißt Künstlerinnen
und Künstler zu unterstützen und
eine Sammlung für die Menschen in
Frankfurt zu entwickeln, die es
ermöglicht, die Gegenwart zu
reflektieren und zu bewahren“,
kommentiert Prof. Susanne Pfeffer,
Direktorin des MMK, die Entscheidung
des Kulturausschusses vom 20.
August.
MMK-Neuerwerbungen
Joseph Beuys
La rivoluzione
siamo Noi, 1972 Lichtpause auf
Polyesterfolie, mit
handschriftlichem Text, gestempelt
191 x 100 cm Auflage: 180 + 18 AP
signiert und nummeriert
La rivoluzione
siamo Noi, 1972 La rivoluzione siamo
Noi, 1972, zeigt den Künstler Joseph
Beuys (1921 in Kleve–1986
Düsseldorf) annähernd in Lebensgröße
und ganzfigurig in seinem typischen
Künstlerhabit mit Hut, Anglerweste,
weißem Oberhemd, Jeans und
Lederstiefeln. Voller Dynamik läuft
er mit weitausholenden Schritten auf
die Betrachter_innen zu. Beuys
richtet dabei seinen Blick frei und
selbstbewusst nach vorne. Er
verkörpert regelrecht die
revolutionäre Energie, die der
handschriftlich hinzugefügte Titel
suggeriert: La rivoluzione siamo Noi
– Die Revolution sind Wir. Auf
Einladung von Lucio Amelio war Beuys
erstmals im Herbst 1971 nach Neapel
gereist und bekundete seit dieser
ersten Reise eine große Zuneigung
zur Landschaft, Kultur und den
Menschen des Mezzogiorno. Das Motiv
wurde zunächst als Plakat für eine
Ausstellung in Neapel verwendet und
schließlich als Vorlage für das
programmatische Multiple. Sowohl das
Motiv als auch der Titel „Die
Revolution sind Wir“ hat einen stark
appellativen Charakter. La
rivoluzione siamo Noi stellt einen
Wendepunkt im künstlerischen
Schaffen von Joseph Beuys dar. Er
war davon überzeugt, dass Kunst die
einzige revolutionäre Kraft sei und
gesellschaftliche Veränderung nur
über die Kreativität jedes einzelnen
Menschen erreicht werden kann. In La
rivoluzione siamo Noi manifestiert
sich ein Kerngedanke seines Werkes,
die Frage nach menschlicher Freiheit
und Kreativität. Der
anthropologische Kunstbegriff und
die Idee der Sozialen Plastik, wie
ihn Beuys bereits in den frühen
1960er Jahren entwickelt hat, wird
in diesem Werk sinnfällig.
Marcel
Duchamp
Nu descendant
un escalier, no.2, 1937
Pochoir-farbige Reproduktion und
Französischer 5-Centimes-Stempel auf
Papier 34 x 19,7 cm
Nu descendant
un escalier, no.2, 1937 Mariée, 1937
Bei Akt, eine Treppe hinabsteigend,
Nr. 2, und Mariée handelt es sich um
zwei Hauptwerke des französischen
Künstlers Marcel Duchamp (1887
Blainville – 1968 Neuilly-sur-Seine),
dem sicherlich einflussreichsten
Künstler des 20. Jahrhunderts. Er
war für die Umbruchzeit der
europäischen und amerikanischen
Kunst des 20. Jahrhunderts von
großer Bedeutung. Duchamp muss als
Schlüsselfigur einer ganzen Epoche
bezeichnet werden. Die beiden
limitierten Auflagen fertigte Marcel
Duchamp 1937 in einer für die
damalige Zeit ungewöhnlich
aufwendigen Technik. Das Ergebnis
dieses Reproduktionsverfahrens sind
„autorisierte“ Neufassungen seiner
wichtigsten Gemälde und die mit
notariellen 5
Centimes-Gebührenmarken versehenen
und signierten „Bildaktien“ ein
ironischer Ausdruck des erneuerten
Kunstwertes. Gleichsam sind diese
Neufassungen für den Künstler die
konsequente und für die Kunst des
20. Jahrhunderts die folgenreiche
Erweiterung seines Ready-made
Gedankens. Beide Gemälde waren
bedeutende Vorstufen zum späteren
Monumentalwerk Marcel Duchamps La
Mariée mise à nu par ses
célibataires même (Das Große Glas)
von 1915– 1923. Sowohl Akt, eine
Treppe hinabsteigend, Nr. 2 als auch
Mariée wurden in der zweiten Hälfte
des 20. Jahrhundert zu einem
Meilenstein der
Rezeptionsgeschichte. Sowohl in der
Duchamp-Forschung, als auch in der
Folge wurden beide Werke zum Vorbild
zahlreicher Künstler_innen wie Andy
Warhol, Robert Rauschenberg und
Jasper Johns bis hin zu Joseph
Beuys, Gerhard Richter und
Sturtevant (allesamt Künstler_innen
in der Sammlung des MMK), die sich
mit konzeptuellen Formen von Malerei
und ganz generell mit dem
Kunstschaffen im „Zeitalter der
Reproduzierbarkeit“ (Walter
Benjamin) beschäftigt haben. Beide
Neuerwerbungen ergänzen den
Sammlungsbestand des Künstlers im
MMK in herausragender Weise.
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Anne Imhof, Prior Park, 2019 Foto (c) MMK |
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Anne Imhof
Prior Park,
2019
Das MUSEUM FÜR MODERNE KUNST
MMK erwarb bereits 2012 aus der
Absolventenausstellung Zauderberg im
ZOLLAMT MMK die ersten Objekte von
Anne Imhof (* 1978 Gießen) für die
Sammlung. Das kontinuierliche
Interesse des MMK am Schaffen der
Künstlerin markieren weitere
Erwerbungen für die Sammlung aus dem
Jahr 2016. Anne Imhof vereint in
ihrer Arbeit Traditionen der
Performance-Kunst und des Tanzes.
Gleichzeitig setzt sie sich mit der
unmittelbaren Wirkung von Live-Sound
auseinander, die eigens für die
Performances entwickelten
„Partituren“ führt sie zu den
Stücken live auf. Die Grenzen der
inszenierten Choreographie
einerseits und die der Improvisation
andererseits reizt Imhof permanent
aus: Ihre zyklischen Aufführungen
sind genauestens durchgeprobt, und
lassen den Performern doch genügend
Freiraum, um Rhythmus, Körperhaltung
und Ausdruck selbst zu definieren.
Auf der 57. Biennale in Venedig
bespielte Anne Imhof den Deutschen
Pavillon. Dieser Beitrag mit dem
Titel Faust wurde von Susanne
Pfeffer kuratiert, welche zu dieser
Zeit noch Direktorin des Museum
Fridericianum in Kassel war, und
wurde mit dem Goldenen Löwen
ausgezeichnet. Das Stück wurde
ebenso wie die vergangenen
Performances gemeinschaftlich und
multimedial erarbeitet. In die
Architektur des Gebäudes aus der
Zeit des Nationalsozialismus baute
Imhof eine Bodenkonstruktion aus
Glas, eine Art doppelter Boden. Die
Konstruktion des Glasbodens von 2017
bildet schließlich das
Ausgangsmaterial der Arbeit Ohne
Titel aus dem Jahr 2019, welche für
die Ausstellung MUSEUM neuproduziert
und auch erworben werden konnte. Die
aktuelle Neuerwerbung Prior Park von
2019, besteht aus Stahl, Glasfaser,
Holz, sowie aus Leder und
Kunstleder. In seiner Form und
Funktion an einen (Arzt-)stuhl
erinnernd, suggerieren die
verstellbaren Schlaufen im Arm- und
Fußbereich die Vorstellung einer
gewaltsamen Fesselung und lassen an
die Bestrafung von Individuen
denken. Der Titel der Arbeit ist
gleichzeitig der Name des englischen
Colleges, wo Imhof Ende der 1990er
Jahre einen Auslandsaufenthalt
erlebte. Auch diese persönliche
Erfahrung lädt die Bedeutung und
Symbolkraft dieses Objekts auf: Es
hinterfragt damit die Strukturen von
Recht und Ordnung und symbolisiert
Autorität. Prior Park wird ganz
aktuell in der Sammlungsausstellung
im TOWER MMK (22.8.2020– 30.5.2021)
im Kontext wegweisender anderer
Künstlerinnen und Künstler aus der
Sammlung des MMK gezeigt.
Isaac Julien
Territories,
1984
Isaac Julien (* 1960 London)
ist ein britischer Künstler,
Filmemacher und Mitinitiator des
1983 gegründeten Sankofa Film and
Video Collective, welches sich der
Entwicklung einer unabhängigen
Schwarzen Filmkultur in den
Bereichen Produktion, Ausstellung
und Publikum widmet. Seine Arbeit
Territories, 1984, wurde
ursprünglich auf 35-mm gedreht und
ist vordergründig ein
experimenteller Dokumentarfilm über
den Notting Hill Carnival in
West-London. Territories gehört zu
den frühen Arbeiten des Künstlers
und wird aktuell im Kontext der
Ausstellung Frank Walter. Eine
Retrospektive (16.05.–15.11.2020) im MMK gezeigt. Der Karneval
findet seit 1966 jährlich im August
in den Straßen des Viertels statt.
Der Notting Hill Carnival steht in
einer Tradition, die im 19.
Jahrhundert in Trinidad und Tobago
entstand, wo ehemalige Sklav_innen
durch Maskeraden, Tänze und Musik
ihre kulturelle Freiheit feierten.
Von anfangs noch wenigen hundert
Teilnehmer_innen entwickelte sich
der von der karibischen Community
organisierte Karneval in der Mitte
der 1970er Jahre zu einem riesigen
Fest, das um die 150 000 Menschen
anzog. 1976 kam es während des
Karnevals zu ersten
Straßenschlachten, in denen vor
allem Schwarze Jugendliche gegen die
rassistischen Schikanen im Alltag
und Übergriffe durch die Polizei
demonstrierten. In den letzten
Jahren zog der Karneval ein
Millionenpublikum an. Archivbilder
von Demonstrationen gehören ebenso
zum Film wie die inmitten des
Karnevalgeschehens mit einer
Schulterkamera aufgenommenen Szenen.
Aus dem Off des Films hört man
Teilnehmende von ihren Erinnerungen
sprechen und von den Versuchen der
Polizei, das Fest zu verbieten. Der
Hauptkommentar wird dabei zu
gleichen Teilen von einer Frauen-
und einer Männerstimme gesprochen.
Die im Wechsel zu vernehmenden
Stimmen changieren dabei zwischen „her-story“
und „hisstory“ und markieren die
Geschichte als männlich dominierte
Herrschaftsgeschichte. Die
Geschichte wird damit zu einem
Territorium, in dem die Geschichte
der Frauen wie die der
afrokaribischen Bevölkerung keinen
Platz, kein Territorium hat. Im
Wechselspiel von Text, Bild und
Musik entsteht so ein Geschichts-
und Theorieslam, der nicht weniger
zeigt als eine Umstrukturierung des
alten Herrschaftsgefüges hin zu
einem neuen, noch nicht
ausformulierten Feld.
Bruce Nauman
ings. 8 Filme,
1968
Bruce Nauman (*
1941 Fort Wayne) studierte 1960-64
zunächst Mathematik und später Kunst
an der University of Wisconsin in
Madison. Nach seinem MFA-Abschluss
1966 an der University of California,
Davis, begann Nauman in seinem
Atelier in San Francisco eine Reihe
von Aktionen, die an der
Schnittstelle von Performance– und
Konzeptkunst angesiedelt sind. Die
acht filmischen Arbeiten, welche als
Neuerwerbungen in die Sammlung des
MMK angekauft werden sollen, stammen
aus dieser Zeit seiner frühen
Schaffensphase. Die Interpretation
des eigenen Körpers als dynamische
Skulptur und dessen
Wechselverhältnis zum umgebenden
Ausstellungsraum sind dabei
kennzeichnende Merkmale seiner
künstlerischen Strategie. In seinen
filmischen Arbeiten rückt Nauman
seine eigene Person in den Fokus der
Kamera. Indem er seinen Körper immer
wieder dieselben Handlungen
ausführen lässt, lenkt er im Moment
der Wiederholung den Blick der
Betrachter_innen auf kleine
gestische Abweichungen,
unterschiedliche Geräusche und
eventuelle Ermüdungserscheinungen
und führt dadurch die
Einzigartigkeit der jeweiligen
Handlungen vor Augen. Damit geht
Nauman nicht nur an die Grenzen
seiner eigenen körperlichen
Möglichkeiten, sondern auch
gleichzeitig an die des umgebenden
Raumes. Verstärkt wird diese
Spannung von Körper und Raum durch
die starre Kameraeinstellung, die
oft aus einer Kopfüber- Einstellung
heraus das Szenario einfängt. Dieser
unorthodoxe Einsatz filmischer
Mittel führt auch zu einer
Erschütterung der Wahrnehmung der
Betrachter_innen. Die Filme stellen
damit gleichsam eine mentale wie
physische Erfahrung dar. 1990 wurde
Nauman der Max-Beckmann-Preis der
Stadt Frankfurt am Main verliehen.
Unter den zahlreichen Bezügen zur
Sammlung des Museums seien
beispielhaft die choreographischen
Objekte von William Forsythe
genannt. Die Karriere des
US-amerikanischen Künstlers
manifestiert sich durch eine
Vielzahl vielbeachteter
Einzelausstellungen
Pamela
Rosenkranz
Sexual Power (Viagra
Paintings), 2019
Pamela Rosenkranz'
Gemälde und Skulpturen zielen auf
die Leerstellen von Geschichte,
Politik und zeitgenössischer Kultur
als Ganzes. Sie thematisieren die
sich wandelnden philosophischen und
wissenschaftlichen Bedeutungen des
"Natürlichen" und des "Menschlichen"
im Anthropozän (die geologische
Epoche, die durch die Auswirkungen
menschlicher Aktivitäten auf das
Ökosystem gekennzeichnet ist).
Unterscheidungen wie Innen und
Außen, Mensch und Maschine,
natürlich und künstlich werden nach
diesem Modell obsolet und die
Differenzierung zwischen Subjekt und
Objekt wird analog zur
Unterscheidung von organischen oder
synthetischen Stoffen nivelliert.
Die Neuerwerbung der Werkgruppe
Sexual Power (Viagra Paintings),
2019, für das MMK, setzt die
Werkreihe der Viagra Paintings der
Künstlerin fort. Sexual Power (Six
Viagra Paintings) suggerieren
Malerei in Aktion: verstreute
Überreste, farbbefleckte Turnschuhe,
halbvolle Farbeimer, umgestülpte und
zerknüllte Latexhandschuhe sowie
Abdeckfolie auf Boden und Wänden
lassen den Eindruck eines Ateliers
entstehen, das die Künstlerin
energiegeladen zurückgelassen hat.
Was bleibt, sind fleischfarbene, an
Körpersekrete und Flüssigkeiten
erinnernde Oberflächen, die die
zugrundeliegenden körperlichen
Energieströme zu sehen geben: Unter
der Oberfläche der Haut oder der
Leinwand, oder, wie es der Titel
andeutet, hinter der sexuellen Kraft
steht die Stimulation männlicher
Virilität, steht Viagra. Pamela
Rosenkranz (* 1979 Uri) zeigt einen
entgrenzten, also unter die Haut
gehenden Akt, der Malerei als Potenz
und damit als etwas Anderes
behauptet. Die hier zu erwerbende
Werkgruppe war als raumbezogene
Installation für die Ausstellung
'MUSEUM im MUSEUM' im MMK
(18.08.–16.02.2020) von der
Künstlerin selbst eingerichtet
worden.
Sammy Baloji
Tales of the
Copper Cross Garden: Episode I, 2016
Die Neuerwerbung Tales of the Copper
Cross Garden: Episode I, 2017 des
kongolesischen Künstlers Sammy
Baloji (* 1978 Lumbashi)
dokumentiert filmisch den
Verarbeitungsprozess einer
Kupferfabrik, in welcher Kupfer aus
glühenden, halbflüssigen Barren zu
Draht gezogen wird. Die
Visualisierungen werden von einem
Soundtrack aus synkretistischer
Kirchenmusik und eingeblendeten
Texten begleitet. Der Text handelt
von biografischen Details des
Künstlers selbst sowie von der Rolle
der Kirche im kolonialisierten
Afrika. Der Sound des Films verwebt
die Körper der Arbeiter in eine Art
Choreografie, während sie das
Rohmaterial in ein Produkt für den
globalen Markt verwandeln. Baloji
verdeutlicht, wie eng die Achsen der
Kolonialisierung mit der Kirche und
ihren Bestimmungen mit der lokalen
Kultur Katangas verwoben sind und
zeigt die Art und Weise, in der die
Kirche bei der Umgestaltung der
kongolesischen Gesellschaft eine
zentrale Rolle spielte. Der Ankauf
erfolgt über eine Spende der MMK
Stiftung.
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Éric
Baudelaire, Un film dramatique, 2019
Foto (c) MMK
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Éric
Baudelaire
Un film
dramatique, 2019
Éric Baudelaire hat
den Dokumentarfilm Un film
dramatique, 2019, über einen
Zeitraum von vier Jahren entwickelt.
In dieser Zeit hat er mit jungen
Schüler_innen des Collège Dora Maar
im Pariser Vorort „93“ Banlieue
Saint-Denis den Film erarbeitet. Wie
Antoine Thirion (Locarno
Filmfestival) schreibt, „wollte
[Baudelaire] ihnen – vielleicht
getreu dem unwissenden Lehrmeister
von Rancière – nichts beibringen.
Zumindest nichts weiter als das, was
intuitiv aus der Entscheidung
entsteht, allen die Macht zu
übertragen, einen Film zu drehen –
aus dem Austausch und dem Umlauf der
Bilder, von den einen und den andern
gedreht – aus der Politik, die sich
aus der Beharrlichkeit einer
Korrespondenz entwickelt.“ In dem
Film experimentieren die
Schüler_innen selbst mit der Kamera
und diskutieren zum einen über die
Form des Films, sowie zum anderen
über Themen wie Identität und
Machtdarstellungen. Die
Schüler_innen wachsen innerhalb der
vier Jahre zusammen und werden die
wahren Protagonist_innen des Films.
Das 114-minütige Werk ist der
längste Film, den der Künstler je
gemacht hat. Der Ankauf erfolgt über
eine Spende der MMK Stiftung.
Martine Syns
Borrowed Lady,
2016
Die 4-Kanal-Videoinstallation Borrowed Lady, 2016, erweitert ihre
Einkanal-Videoarbeit Notes on
Gesture aus dem Jahr 2015. Borrowed
Lady, 2016, entstand in
Zusammenarbeit mit der Künstlerin
Diamond Stingily. Der Schnitt der
Arbeit hebt Muster und
Wiederholungen hervor und bezieht
sich visuell auf die Idee von Memes
oder GIFs schwarzer Frauen und der
subtilen, aber aufgeladenen
Bedeutung ihrer Gesten, Mimiken und
Körpersprachen. Syms (* 1988 Los
Angeles) prüft in Borrowed Lady,
2016, auf eindringliche Weise das
Traktat Chirologia: Or the Natural
Language of the Hand aus dem 17.
Jh., welches besagt, dass Hände
überall die gleiche Sprache
sprechen. Die Künstlerin macht
deutlich, wie Gesten eine eigene
Kultur, eine eigene Sprache mit
spezifischen Dialekten vorweisen.
Der Film wurde so geschnitten, dass
Timing und Regie auf Konversation
ausgerichtet sind. Die vier Kanäle
des Videos kommunizieren oft mit
oder über die verschiedenen
einzelnen Kanäle, wechseln die
Bewegung und Richtung vom
Uhrzeigersinn und zurück gegen den
Uhrzeigersinn. Außerdem schließen
die umgebenden Elemente des Werks –
mehrere Bildschirme auf Augenhöhe,
Fensterfolie und violette Wände –
die Betrachter_innen nicht nur
dialogisch, sondern auch immersiv
mit ein. Betrachter_innen werden
somit Teil des Werks und sind „im
Gespräch“ mit den Protagonist_innen
der künstlerischen Arbeit, werden
Zeug_innen des Aufrufs und der
wiederholenden Kommunikation. Der
Ankauf erfolgt über eine Spende der
MMK Stiftung.
Foto (c) Kulturexpress, Meldung:
Presseinfo der Stadt Frankfurt am
Main (pia)